Logistik

Zukunftsfähigkeit von Hafen und Logistik gestalten

Zukunftsfähigkeit von Hafen und Logistik
Wann ist ein Hafen zukunftsfähig? Bild: Pixabay

Herausforderungen von Digitalisierung und bedarfsgerechter Hinterlandanbindung

Deutschlands Küstenregion ist einer der wichtigsten europäischen Standorte für Logistik und Häfen. Welche Herausforderungen ergeben sich daraus in Zeiten fortschreitender Digitalisierung? – Beitrag von Stefan Niemeyer, Unternehmenskundenbetreuer bei der Bremer Landesbank (BLB).

Was zeichnet eigentlich einen leistungsfähigen Hafen heute aus? – Die Anforderungen sind vielfältig. Weit über 80 % der Güter, die wir heute kaufen, werden in einem Hafen angelandet – Welthandel ist vor allem Seehandel. Neben einer guten Hinterlandanbindung ist daher die Infrastruktur des Hafens selbst entscheidend. Ein Teil der Wertschöpfung wird ja gleich vor Ort erbracht. So werden beispielsweise Automobile direkt im Hafen konfektioniert, Holz angelandet und direkt weiterverarbeitet, Getreide zu Malz verarbeitet oder sonstige Rohstoffe veredelt. Nicht ohne Grund finden sich in Bremen und Bremerhaven so viele Unternehmen der lebensmittelverarbeitenden Industrie.

Zukunftsfähigkeit der deutschen Hafenlandschaft

Die deutschen Häfen an Nord- und Ostsee sind sehr vielseitig aufgestellt. Wir haben hier große Universalhäfen, die das gesamte Güterspektrum abdecken, aber auch Häfen, die sich auf den Umschlag bestimmter Güter spezialisiert haben. Von den Umschlagszahlen ist weiterhin Hamburg der größte Hafen, gefolgt von den bremischen Häfen.

Doch hat der Hamburger Hafen mit der langen Revierfahrt bei gleichzeitig immer größer und breiter werdenden Schiffen das Problem, dass die Elbe nur noch im Einbahnstraßenverkehr befahren werden kann. Das schränkt die Möglichkeiten für Reeder natürlich ein. Daher ist die Zukunft des Hamburger Hafens ein Stück weit auch von juristischen Entscheidungen abhängig – das gilt aber auch für Bremerhaven und Bremen bezüglich der Vertiefung der Fahrrinne.

Mit dem JadeWeserPort  in Wilhelmshaven  gibt es einen Tiefwasserhafen, den Schiffe direkt anfahren können. Doch für Reeder ist ein Hafen nur dann interessant, wenn auch eine entsprechende Infrastruktur vorhanden ist. In Wilhelmshaven fehlt noch eine Ansiedlung von Unternehmen, die einen Mehrwert neben dem reinen Umschlag bieten. Doch hat der JadeWeserPort in jeder Hinsicht Potential: Die größten Schiffe mit bis zu 20.000 TEU, die einen Tiefgang von bis zu 16 m haben, können dort tidenunabhängig festmachen. Das An- und Ablegen dauert nur wenige Minuten – das ist natürlich unvergleichlich. Die direkte Anbindung des JadeWeserPorts an die Autobahn A29 ist ein weiterer Pluspunkt – ebenso wie die direkte, wenn auch noch ausbaubedürftige und zu elektrifizierende Gleisanbindung der Hafengrundstücke.

Zahlreiche Spezialhäfen ergänzen die großen Universalhäfen

Die deutschen Häfen bedienen unterschiedliche Verkehre. Neben den Universalhäfen verfügen wir über zahlreiche Spezialhäfen, beispielsweise in Emden, wo Fahrzeuge für VW umgeschlagen werden, in Brake  für Düngemittel und Getreide aber auch Teile für die Windenergie. Oder Nordenham, der einerseits Umschlagplatz ist für Güter aller Art, außerdem aber auch zum Servicehafen und Produktionsstandort für die Offshore-Windenergiebranche geworden ist. An der Ostsee haben wir neben Rostock, Kiel  und Lübeck  auch Stralsund  und Wismar. Das Netz aus See- und Binnenhäfen und den verbindenden Verkehrswegen sorgt dafür, dass Logistikprozesse bedarfsentsprechend ablaufen können.

Die Infrastruktur kontinuierlich verbessern

Über 80 % des Welthandels gehen über das Wasser. Wenn ein Münchener ein Auto kaufen möchte, das nicht in München, Wolfsburg oder Stuttgart gebaut wurde, dann wird es fast immer über die Seehäfen umgeschlagen. Kunden haben dabei vor allem eine Erwartung: Am liebsten möchten sie die Ware bestellen und sofort erhalten – logistische Prozesse müssen daher jederzeit schnell und reibungslos ablaufen. Der trimodale Verkehr, also der Weitertransport der Ware per Schiff, Eisenbahn und LKW, bedeutet konkret, dass die Hinterlandanbindung der Häfen gut ausgebaut sein muss. In die Infrastruktur dieser Verkehrswege muss deshalb kontinuierlich investiert werden. Dies betrifft Bahnstrecken genauso wie Autobahnen und Brücken sowie Kanäle. Hier haben sowohl Bund, Länder als auch Kommunen eine Verantwortung.

Echtzeit-Information ist enorm wichtig

Das andere für alle Häfen wichtige Thema ist der Bereich der Information. Es geht darum, dass die Teilnehmer im Hafen – also Reeder, Verlader, Umschlagbetriebe, Spediteure und Bahn – in Echtzeit über die gleiche Information verfügen können. Dafür ist eine leistungsfähige IT-Struktur notwendig. Die Informationen, die im Hafen über die Güter ankommen, müssen entsprechend verwertet werden, damit die Ware auch schnell ans Ziel kommt.

Wünschenswert wäre, dass die Information in einer Cloud gespeichert und für alle Teilnehmer verfügbar ist. Logistiker müssen in der Lage sein, zeitnah auf Informationen zurückgreifen zu können, um dann zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein – eben das, was Logistik ausmacht.

Automatisierung: Den Modernisierungsschub nicht verpassen

Ein weiteres aktuelles Thema für Häfen ist die Automatisierung, beispielsweise das automatische Be- und Entladen und der Einsatz von automatischen Van-Carriern. Noch entscheidet das vorhandene Knowhow über den Erfolg, aber auch Häfen werden von der Digitalisierung erfasst. Im Hamburger Hafen gibt es bereits teilautomatisierte Flächen. Unternehmen dürfen diesen Modernisierungsschub nicht verpassen, um keinen Wettbewerbsnachteil zu erfahren. Das erfordert ein grundlegendes Umdenken und Investitionen in die Infrastruktur.

Mit dem Bundesverkehrswegeplan 2030 wird dem Rechnung getragen: Der Ausbau von Straßen und Autobahnen ist eng an den Breitbandausbau gebunden. Ein Standortvorteil wird sich zukünftig vor allem danach bemessen, ob die entsprechende schnelle Datenverfügbarkeit gewährleistet ist.


FÜNF FRAGEN AN …

Stefan Niemeyer, Unternehmenskundenbetreuer bei der Bremer Landesbank (BLB)

Wie ist die BLB involviert in Hafen und Logistik? Wir unterstützen die aktiven Teilnehmer in der Hafen- und Logistikwirtschaft in ihren Entwicklungsprozessen, indem wir unsere Expertise in Finanzierungsfragen einbringen. Wir strukturieren Finanzierungen so, dass sie zum Geschäftsmodell des jeweiligen Unternehmens passen.

Um welche Finanzierungen geht es dabei? Die BLB ist vor allem eingebunden, wenn es darum geht, die Suprastruktur zu finanzieren, also Hafenbetriebe beim Umschlag zu begleiten. Unsere Ansprechpartner sind die Umschlagbetriebe und Hafengesellschaften. Wir sehen uns das Unternehmen genau an. Unsere Aufgabe besteht auch darin zu schauen, ob der Hafen zukunftsgerichtet ist – hat er eine Perspektive? Ist es für Reeder attraktiv, diesen Hafen anzufahren?

Wie lässt sich herausfinden, ob ein Hafen Zukunftsperspektive hat? Um dies zu prüfen, gibt es keine Checkliste. Es geht uns als Bank um die klassischen Dinge: das Geschäftsmodell des Unternehmens und seine Kapitaldienstfähigkeit. Wir hinterfragen, ob das Geschäftsmodell plausibel ist, ob das Finanzierungskonzept schlüssig ist und die Finanzierung zum Projekt passt.

Das bedeutet also …? Die Laufzeiten sind im Bereich der Hafenfinanzierung teilweise äußerst lang und können bis zu 30 oder 40 Jahre betragen. Der Hafen soll ja auch mindestens 100 Jahre halten. Doch niemand kann so weit in die Zukunft sehen, daher muss die Bank besonders sorgfältig planen.

Legen Sie dabei besondere Maßstäbe an? Die Entwicklung von Häfen und Infrastruktur ist natürlich ein Thema, das von Gesellschaft und Politik vorangetrieben wird. Doch wir als Bank müssen den Hafen behandeln wie jeden anderen Unternehmenskunden und unser Branchen-Knowhow einsetzen. Wir messen Projekte hier nicht anders als andere.

EB/Red