Infrastruktur

Shell baut Europas größte Anlage für grünen Wasserstoff

Shell baut Europas größte Anlage für grünen Wasserstoff
Künstlerisches Rendering des Holland Hydrogen 1 im Konversionspark
Quelle: Shell

[Port of Rotterdam]Auf der Maasvlakte 2 wird Europas größte Anlage für grünen Wasserstoff gebaut. Die endgültige Investitions­entscheidung hierfür hat Shell getroffen. Die futuristische Anlage wird den Namen Holland Hydrogen I tragen und soll 2025 in Betrieb genommen werden.

Shell baut den 200-MW-Elektrolyseur auf der Maasvlakte 2 direkt im Rotterdamer Hafen. Er soll täglich 60.000 Kilogramm erneuerbaren Wasser­stoff produzieren. Der erneuer­bare Strom für den Elektrolyseur stammt aus dem Offshore-Windpark Hollandse Kust (Nord), der sich teilweise im Besitz von Shell befindet.

Der grüne Wasserstoff wird bald über die HyTransPort-Pipeline den Shell Energy and Chemicals Park Rotterdam versorgen. In der Raffinerie ersetzt es einen Teil des verwende­ten grauen Wasserstoffs und macht die Herstellung von Energie­produkten von Shell wie Benzin, Diesel und Paraffin teilweise kohlenstofffrei. In dem Maße, wie mehr Wasser­stoff-LKW auf den Markt kommen und das Netz der Wasser­stoff­tank­stellen für den Schwerlast­verkehr wächst, kann die Versorgung mit grünem Wasserstoff auch auf sie ausgerichtet werden, um zur Dekarboni­sierung des Straßen­verkehrs beizutragen.


Kooperation zwischen Uniper und Hafenbetrieb Rotterdam für die Produktion grünen Wasserstoffs

Schon Anfang September 2021 haben das Energie­versorgungs­unternehmen Uniper und der Hafen­betrieb Rotterdam eine Vereinbarung über die Entwicklung der Produktion von grünem Wasserstoff an Unipers Maasebenen-Standort abgeschlossen. Diese Pläne sind eine Weiter­führung der Ergebnisse einer rezenten Machbarkeits­studie und schließen ebenfalls an die geplante neue Wasserstoffinfrastruktur und die wachsende Nachfrage nach nachhaltigem Wasser­stoff seitens der Rotterdamer petro­chemischen Industrie an.

Diese Vereinbarung, festgehalten in einer Absichtserklärung, einem sogenann­ten Memorandum of Understanding (MOU), ist ein wichtiger Meilenstein bei der weiteren Entwicklung der Wasserstoff-Wert­schöpfungs­kette in der Region Rijnmond. Es wurde bereits bekannt, dass gut und gerne die Hälfte der gesamten nieder­ländischen IPCEI*-Wasser­stoff­projekte in Rotterdam entwickelt werden. Unipers Projekt steht ebenfalls auf dieser nieder­ländischen IPCEI-Shortlist.

Die gemeinsame Machbarkeitsstudie, die kürzlich abgeschlossen wurde, zeigt auf, dass der Uniper-Standort auf der Maasebene sich besonders für die umfangreiche Produktion von grünem Wasserstoff mithilfe von Strom aus den Nordsee-Windparks eignet. Es ist geplant, die Wasser­stoff­fabrik von Uniper an die HyTransport.RTM-Pipeline durch den Rotterdamer Hafen anzuschließen. Damit bekommt die Uniper-Fabrik zugleich auch eine Anbindung an die nationale Wasser­stoff­infra­struktur und die Delta-Corridor-Pipeline­verbindung. Dieses letzt­genannte Projekt möchte die Versorgung mit Wasserstoff der Chemiecluster in Moerdijk und Geleen (Chemelot) und anschließend in Nordrhein-Westfalen übernehmen.

CO2-Senkung
Wasserstoff wird heutzutage überwiegend auf Basis von Erdgas hergestellt, der sogenannte graue Wasserstoff. Damit geht in den Niederlanden ein Ausstoß von 19 Millionen Tonnen CO2 einher. Die Industrie in Rotterdam verbraucht ca. 77 PJ Wasser­stoff pro Jahr (40 % des nieder­ländischen Gesamt­wasserstoff­verbrauchs). Der Übergang von grauem zu grünem, nachhaltigem Wasserstoff durch die Rotterdamer Industrie zur Herstellung sauberer Kraftstoffe und als Rohstoff in der Chemie­industrie führt also zu einer starken CO2-Senkung. In Kombination mit dem Import nachhaltigen Wasserstoffs, Speicher­vermögen und dem (inter-)nationalen Wasserstoff-Transport­netzwerk kann dies letztendlich zu einem vollständigen Ausstieg aus der grauen Wasserstoffherstellung in Rotterdam führen.

Ein wichtiger nächster Schritt im Uniper-Projekt betrifft die „FEED“-Studie (Front-End Engineering & Design), die zurzeit ausgeschrieben wird. Die Studie dauert ca. neun Monate und liefert einen wichtigen Vertiefungsschritt des Entwurfs der Elektrolyse-Anlage (100 MW beim Start mit einer zukünftigen Kapazitätsvergrößerung auf 500 MW), der Planung des Projekts und eines realistischen Budget. Anhand dieser Ergebnisse kann es zur Ausschreibung der ersten Phase dieser einzigartigen Elektrolyse-Fabrik an diverse Lieferanten und Auftragnehmer kommen.

Gleichzeitig wird in Kürze mit dem Antrag der erforderlichen Genehmigungen, dem Erwerb (finanzieller) Unterstützung seitens unter­schied­licher Behörden, dem Abschluss von Vereinbarungen mit allen relevanten Partnern in der Wertschöpfungskette und der Vorbereitung einer Investitionsentscheidung im Jahr 2022 begonnen.

Wichtiges Glied in der neuen europäischen Wasserstoff-Wertschöpfungskette
„Wir sind so ehrgeizig, dass wir in enger Zusammenarbeit mit dem Hafenbetrieb Rotterdam und anderen Partnern unsere Maasebenen-Site zu einem wichtigen Glied in der neuen europäischen Wasserstoff-Wertschöpfungskette umformen möchten“, sagt Yolande Verbeek, Geschäftsführerin von Uniper Benelux. „Es bieten sich sehr viele Chancen, nicht nur für Uniper, sondern auch für verschiedene andere Spieler in der Kette. Gemeinsam können wir mit nachhaltigem Wasserstoff den CO2-Ausstoß in Rotterdam erheblich reduzieren.“

Der Rotterdamer Hafen ist ein Energie-Drehkreuz für Westeuropa. Ungefähr 13 Prozent der europäischen Energienachfrage erreicht zurzeit über Rotterdam die Europäische Union. Der Hafen verfügt über den Ehrgeiz, 2050 CO2-neutral zu sein und gleichzeitig die zentrale Rolle im europäischen Energiesystem zu behalten. Der Hafenbetrieb erwartet, dass 2050 ca. 20 Millionen Tonnen Wasserstoff auf dem Weg zu Verbrauchern in den Niederlanden und außerhalb davon durch den Hafen fließen werden.

„Die Industrie in unserem Hafen muss mit der nachhaltigen Gestaltung ihrer Betriebsverfahren einen extrem großen Wandel vollziehen“, äußert sich Allard Castelein, CEO des Hafenbetriebs Rotterdam. „Wasserstoff wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Gemeinsam mit Partnern arbeiten wir an der Verwirklichung eines groß angelegten, durch den Hafenkomplex verlaufenden Wasserstoffnetzes. Rotterdam wird damit zu einem internationalen Knotenpunkt für Produktion, Import und Transit von Wasserstoff in andere Länder Nordwesteuropas. Initiativen wie dieses Projekt von Uniper sind deshalb für die Zukunft von Rotterdam und der gesamten Niederlande wichtig.“

*) IPCEI steht für „Important Project of Common European interest“. Dabei handelt es sich um eine europäische Regelung, die Ländern die Möglichkeit bietet, Projekten zusätzliche Unterstützung zu gewähren.
**) Rapport HyWay 27, PwC/Strategy&, Juni 2021