Infrastruktur Mobilität

Repräsentative Umfrage: Mehr in den Schienenverkehr investieren

Schienenverkehr ohne Verkehr
Foto: Tom Grünbauer | Unsplash

Fast die Hälfte der Deutschen spricht sich dafür aus, mehr in den Schienenverkehr zu investieren. In einer repräsentativen Civey-Umfrage gaben 44 Prozent an, dass die Politik mehr in den Schienenverkehr investieren solle. Weniger als jeder Vierte sagt dies vom Straßenverkehr. Die Erhebung fand vom 15. März bis 13. Juni statt. „Die Umfrage zeigt einen klaren Stimmungswandel zugunsten der Eisenbahn“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, am Montag in Berlin. „Die Menschen wollen mehr Schiene. Die gestiegene Aufmerksamkeit für die Klimakrise hat die Popularität der Eisenbahn noch einmal nach oben getrieben“, so Flege. „Die Bürger und Bürgerinnen tragen die Forderung nach mehr Schiene immer drängender und entschlossener vor. Wenn die Politik die Menschen ernst nimmt, muss sie umsteuern und dem Ausbau des Eisenbahnnetzes Priorität vor dem weiteren Ausbau der Straßen einräumen.

In der Umfrage erklärten 31 Prozent, dass die Investitionen in die Schiene deutlich erhöht werden müssten. Damit bilden die Menschen mit der Forderung nach einem klaren Vorrang für die Schiene in der Verkehrspolitik die größte Bevölkerungsgruppe. Sie lassen nun auch die Gruppe der Neutralen hinter sich, die den Schienen- und Straßenbau zu gleichen Teilen wollen. Deren Anteil ist seit Beginn der Erhebung vor knapp zwei Jahren von etwa 33 Prozent auf 31 Prozent gesunken. Weitere 12 Prozent der Befragten gaben an, dass der Staat „eher mehr“ Geld in die Schiene investieren solle.

Aktuelle Details auf der Webseite der Allianz pro Schiene.

Auch Landbevölkerung favorisiert den Ausbau der Eisenbahn
Die Erhebung fördert weitere überraschende Erkenntnisse mit großer Relevanz für die Verkehrspolitik zu Tage. So zeigt sich, dass der Wunsch nach mehr Schienenverkehr nicht auf die großen Städte beschränkt ist. Auch auf dem Land ist die Schiene klar die Nummer eins bei den Einwohnern. In Regionen mit sehr niedriger Einwohnerdichte gaben 31 Prozent an, sich einen deutlichen Ausbau der Schiene zu wünschen. Nicht einmal halb so viele – nämlich 13 Prozent – traten dafür ein, die Investitionen in das Straßennetz deutlich zu erhöhen. „Die Behauptung, der öffentliche Verkehr sei nur etwas für die Großstädter, trifft nicht zu. Auch auf dem Land sollte die Politik umdenken und die Schiene fördern“, sagte Flege.

Mehr Männer als Frauen wollen weg vom Auto
Bemerkenswert ist auch das Geschlechterverhältnis. Anders als gedacht sind die Männer die treibende Kraft für eine Verkehrswende. 48 Prozent der Männer wünschen sich mehr Geld für den Schienenverkehr, bei den Frauen sind es 40 Prozent. Umgekehrt ist das Verhältnis, wenn nach deutlich mehr Investitionen in die Straße gefragt wird. Das finden 15 Prozent der Männer richtig, aber 18 Prozent der Frauen.

Deutschland beim Schienenverkehr auf dem drittletzten Platz

Allerdings: Ein europaweiter Vergleich der Schieneninvestitionen stellt der deutschen Verkehrspolitik ein schlechtes Zeugnis aus. Mit seinen Pro-Kopf-Investitionen in die Eisenbahn-Infrastruktur landet Deutschland im Ranking zehn führender Volkswirtschaften in Europa auf dem drittletzten Platz. In der von der Allianz pro Schiene und der Unternehmensberatung SCI Verkehr gemeinsam erstellten und jetzt vorgestellten Analyse lässt die wohlhabende Bundesrepublik nur Frankreich und Spanien hinter sich. Teils deutlich mehr für die Schiene leisten nicht nur die Spitzenreiter Schweiz und Österreich, sondern auch Schweden, Großbritannien und Dänemark, die Niederlande sowie Italien.

Kleine Schritte reichen nicht für Verkehrswende
„Der Realitätscheck für die deutsche Verkehrspolitik fällt enttäuschend aus. Die Verkehrswende hin zu einer umweltgerechten Mobilität kommt in Deutschland trotz aller Bekenntnisse zum Klimaschutz nicht wirklich voran“, sagte Dirk Flege, der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene. „Zwar gehen die Pro-Kopf-Investitionen in die Schieneninfrastruktur seit 2014 schrittweise nach oben. Doch mit diesem Tempo kann die Bundesrepublik gerade einmal die größten Schwachstellen ausbessern, aber nicht die Verkehrswende gestalten. Sie bleibt Nachzügler in Europa, weit abgeschlagen von den Vorzeigeländern Schweiz, Österreich oder Schweden.“

Volkswirtschaft braucht leistungsfähige Infrastruktur
Auf die Folgen mangelnder Infrastruktur-Investitionen wies Maria Leenen, Geschäftsführerin der Unternehmensberatung SCI Verkehr, hin. „Für die Realisierung der Klimaschutzziele ist eine Verkehrswende weg von fossilen Brennstoffen hin zu regenerierbaren Energien einer der wichtigsten Bausteine. Die heute massenhaft verfügbare, ökonomisch und ökologisch effizienteste E-Mobilität bietet die Schiene – sowohl für die Reisenden wie auch für die Beförderung von Gütern. Allerdings wird der Umstieg durch den Zustand und die fehlenden Kapazitätsreserven der Bahninfrastruktur empfindlich ausgebremst. Hoffnungslos überlastete Linien, Langsamfahrstellen, fehlende Überholgleise oder zu wenig Netz-Redundanz im Falle von Störungen belasten die Qualität des komplexen Systems Schiene“, so Leenen.

Als besonders enttäuschend bezeichnete Flege, dass Deutschland nach wie vor ein Vielfaches an öffentlichen Geldern in die Straße stecke. In der Schweiz und Österreich übertreffen dagegen die Schieneninvestitionen die in die Straße. „Deutlicher kann man nicht machen, dass Deutschland dem Klimaschutz im Verkehr noch immer keine Priorität einräumt.“


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