[DMZ] – Das Deutsche Maritime Zentrum stellt die Studie „Maritime Wasserstoffanwender und ihr Anteil am Wasserstoffbedarf Deutschlands“ über die maritime Branche vor.
Die maritime Branche ist eine zentrale Akteurin für die Umsetzung der Energiewende. Sie benötigt langfristig jährlich über > 3,5 Mio. Tonnen Wasserstoff bzw. H2-Derivate. Die Klimaschutzvorgaben der Bundesregierung sehen vor, dass die Emissionen in Deutschland bis 2030 um 65 % gegenüber 1990 sinken sollen und bis 2045 die Klimaneutralität erreicht wird.
Erneuerbarer Wasserstoff (H2) ist einer der nicht-fossilen Stoffe, dessen Nutzungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Industriezweigen diskutiert wird. Hier ist die maritime Branche in Deutschland gefragt, denn Wasserstoff muss eingeführt und distribuiert werden. Sie kann wie kaum ein anderer Sektor die Energiewende, in und für Deutschland und international, voranbringen und gestalten.
„Die Substitution der klimarelevanten Stoffe wird zum Wettbewerbsfaktor. Die maritime Branche kann ihre Energiebedarfe auf nicht-fossile Brennstoffe umstellen und die Energiewende für andere Industriezweige ermöglichen.“ Mit diesem Eingangsstatement eröffnete Claus Brandt die Veranstaltung über maritime Wasserstoffanwender.
In der vom Deutschen Maritimen Zentrum bei der Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH (LBST) beauftragten Studie „Maritime Wasserstoffanwender und ihr Anteil am Wasserstoffbedarf Deutschlands“ wurde die Umstellung auf verschiedene erneuerbare Wasserstofftechnologien und die potenziellen Bedarfe der maritimen Branche untersucht. Auf Basis von Experteninterviews, Literaturauswertungen und eigenen Hochrechnungen der LBST wurde die mögliche zukünftige Rolle des grünen Wasserstoffs und seiner Derivate (z.B. Methanol, Ammoniak) in den maritimen Teilbranchen Schifffahrt, Häfen, Schiffbau und Zulieferer, Meerestechnik betrachtet und zentrale Erkenntnisse und Empfehlungen herausgearbeitet.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass für die gesamte maritime Branche langfristig ein jährlicher Bedarf von über > 119 TWh (>3,5 Mio. Tonnen) Wasserstoff bzw. Derivate zu erwarten ist.
Dabei dominiert die Schifffahrt (und die internationale Seeschifffahrt im Speziellen) mit einem Anteil von über 95% die maritime Branche. Der Bedarf für die rund 1.700 Schiffe der deutschen Handelsflotte entsteht weltweit, die Flotte agiert international und bunkert nicht ausschließlich in Deutschland. Sie benötigt etwa 117 TWh (3,4 Mio. Tonnen) pro Jahr. Wobei der Großteil des Bedarfs erst langfristig zu erwarten ist.
„Daher wird in der Studie nicht allein die Wasserstoffnachfrage in Deutschland ermittelt, die auch durch internationale Reeder entsteht, sondern zudem die prognostizierte durch deutsche Reeder entstehende internationale Nachfrage betrachtet und diskutiert“, sagt Dr. Leo Diehl Projektmanager bei der LBST.
Die weiteren Wasserstoff-Bedarfe entfallen auf:
- die Binnen- und Küstenschifffahrt mit einem prognostizierten Bedarf zwischen 1-3,8 TWh (30.000 bis 115.000 Tonnen) Wasserstoff pro Jahr.
- den Schiffbau und die Zulieferindustrie mit einem prognostizierten Bedarf zwischen 0,26 – 0,4 TWh (8.000-12.000 Tonnen) Wasserstoff pro Jahr.
- die Häfen, mit einem Bedarf von 1,3 TWh (40.000 Tonnen) H2 pro Jahr, falls ihre Stromversorgung zumindest teilweise durch Wasserstoff gedeckt werden kann. Die Hafenumschlaggeräte werden etwa 0,16 TWh (5.000 Tonnen Wasserstoff) pro Jahr benötigen.
„Den Häfen kommt in der Energiewende eine besondere Rolle zu, sie können zu wichtigen Energie-Hubs werden und damit zu zentralen Orten für die (Be)Bunkerung mit erneuerbaren Kraftstoffen, sie müssen die Sektorenkopplung realisieren“, sagt Runa Jörgens, Leiterin Themen und Projekte im Deutschen Maritimen Zentrum.
Die Dekarbonisierung der Schifffahrt und die Entwicklung einer abgestimmten und gemeinsamen grünen Kraftstoffstrategie ist nicht nur eine entscheidende Grundlage für die erfolgreiche Energiewende, sondern vor allem auch eine Chance für die deutsche Industrie und Häfen. „All diese Prozesse“, so Martin Zerta, Projektleiter bei der LBST, „benötigen eine kontinuierliche Koordination und Moderation. Hierzu könnte eine Koordinierungsplattform den passenden Rahmen geben und auch den Austausch zwischen den maritimen Teilbranchen mit den weiteren Sektoren und Akteuren der Energiewende unterstützen.“