[DLR] – Nachhaltige Kraftstoffe (SAF, Sustainable Aviation Fuel) senken die Klimawirkung des Luftverkehrs deutlich beim CO2-Fußabdruck und den Nicht-CO2-Effekten. Zukünftig kann der gezielte Einsatz von SAF in Kondensstreifen-Regionen dazu beitragen, die Klimabilanz der Luftfahrt rasch zu reduzieren. Um diesen Weg konsequent vorzubereiten, finden erneut Flugversuche mit 100 Prozent SAF statt.
Im Projekt VOLCAN (VOL avec Carburants Alternatifs Nouveaux) fliegt ein Airbus A321neo erstmals mit reinem SAF in beiden Triebwerken, verfolgt vom Forschungsflugzeug Falcon 20E des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Emissionen und Eiskristalle im Abgasstrahl misst. Neben Airbus und dem DLR sind Safran, Dassault Aviation und ONERA Partner des Projekts. Die Forschungsflüge finden von Ende Februar bis Ende März 2023 in speziell reservierten Lufträumen vor den Küsten Frankreichs statt.
Eine Frage der Kondensation
Der Airbus A321neo ist ein modernes Verkehrsflugzeug mit Magerverbrennungstriebwerken, welche Kerosin sehr rußarm verbrennen. In der kalten Atmosphäre wirken Rußpartikel als starke Kondensationskeime für Wassertropfen, die bei kalten Temperaturen zu Eiskristallen gefrieren – es entstehen bei ausreichender Feuchtigkeit Kondensstreifen. „Besonders interessieren wir uns dafür, wie sich Eiskristalle bilden, wenn von den CFM LEAP-1A-Triebwerken im Magerverbrennungsmodus um mehrere Größenordnungen weniger Ruß ausgestoßen wird “, erklärt die DLR-seitige Projektleiterin Prof. Christiane Voigt vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre. „Dafür fliegen wir mit der Falcon ganz nah hinter den A321neo und beproben in etwa 100 Meter Entfernung den Abgasstrahl. Alternativ surfen wir mit der Falcon in Kondensstreifen in einigen Kilometern Entfernung hinter dem A321neo, nachdem sie sich vollständig gebildet haben.“
Rund 15 gemeinsame Flüge planen die Forschenden, bei denen der A321neo von der Falcon 20E verfolgt wird. Neben Kerosin werden verschiedene Varianten des nachhaltigen Kraftstoffs HEFA (hydro-processed esters and fatty acids) bei verschiedenen Betriebsmodi der Triebwerke getestet und hinsichtlich ihrer Emissionen vermessen. HEFA wird aus paraffinischen Kohlenwasserstoffen hergestellt, die zum Beispiel aus gebrauchtem Speiseöl gewonnen werden. Dabei ist HEFA frei von zyklischen Kohlenwasserstoffen (Aromaten) und Schwefel.
Solch reines SAF hat eine Reihe von Vorteilen. Zum Beispiel führen reduzierte Aromaten zu einer Verringerung der Rußpartikel. Dadurch kann auch die Anzahl der Eiskristalle, aus denen sich Kondensstreifen zusammensetzen, verringert werden. Damit sinkt die Klimabelastung deutlich, wie das DLR gemeinsam mit der NASA bereits nachweisen konnte.
Forschungsetappen im Flugversuch
Bereits 2015 führte das DLR mit der ECLIF1-Kampagne umfangreiche Flugversuche durch, um die Emissionen synthetischer Kraftstoffe zu charakterisieren. Diese Flugversuche wurden 2018 mit der ECLIF2-Kampagne in Zusammenarbeit mit der NASA fortgesetzt. Mit der ECLIF-3-Kampagne 2021 folgten in Zusammenarbeit mit Airbus die ersten Emissionsmessungen bei einem Airbus A350, der bei Flugversuchen mit 100 Prozent SAF betrieben wurde.
Erste Testflüge des Projekts VOLCAN fanden bereits 2021 statt, bei denen SAF des Herstellers Total Energies in einem Triebwerk genutzt wurde. Komplettiert wird die Emissionsmessung im Projekt VOLCAN durch Bodenmessungen an denen sich das Stuttgarter DLR-Institut für Verbrennungstechnik beteiligt. Das Forschungsflugzeug Falcon 20E wird von der DLR-Einrichtung Flugexperimente in Oberpfaffenhofen betrieben. Ziel der neuen Versuche ist es, die Emissionen der Magerverbrennung zu messen und den Einfluss auf Kondensstreifen zu bestimmen. Eine Frage ist, ob auch andere Partikel zur Bildung von Kondensstreifen führen, wenn die Rußemissionen durch Magerverbrennung bereits um Größenordnungen reduziert sind.
Das Ziel – die klimaverträgliche Luftfahrt
Bis zur Mitte des Jahrhunderts wird die Klimaneutralität in Wirtschaft und Gesellschaft angestrebt. Der European Green Deal braucht ebenso in der Luftfahrt ein umfassendes Engagement in Forschung und Entwicklung. Dazu hat das DLR eine Luftfahrtstrategie vorgelegt, die den Forschungsweg zum klimaneutralen Fliegen zeichnet. Das Ziel sind hocheffiziente klimafreundliche Flugzeuge. Diese sollen passend zu Reichweite und Größe mit klimafreundlichen Antriebskonzepten und nachhaltigen Brennstoffen abheben.
Das DLR positioniert sich dabei mit seinen ganzheitlichen Forschungskompetenzen als virtueller Hersteller (Virtual OEM) für eine beschleunigte Energiewende in der Luftfahrt. Neue Technologien und Kraftstoffe sowie eine Klimafreundliche Flugführung sollen die CO-, Stickoxid- und Partikel-Emissionen der Luftfahrt zukünftig immer weiter senken und vom prognostizierten Wachstum entkoppeln. Nachhaltige Kraftstoffe (SAF) in Kombination mit hocheffizienten Turbofan-Triebwerken werden dabei insbesondere für die Lang- und Mittelstrecke eine wesentliche Rolle einnehmen.