[Railergy] – Das Unternehmen Railergy aus Augsburg soll im Auftrag der DB Cargo ein GoA4- (Grade of Automation)-System als Nachrüstlösung entwickeln, damit die Voraussetzungen für eine Installation auf verschiedenen Lokbaureihen erfüllt und spätere Erweiterungen etwa in Terminals und Häfen möglich sind.
Der Einzelwagenverkehr auf der Schiene ist geprägt vom Kuppeln und Entkuppeln einzelner Wagen oder Wagengruppen an Knotenpunkten, den Zugbildungsanlagen (ZBA). Mehrere Maßnahmen sollen in ihrem Zusammenwirken den Gütertransport auf der Schiene konkurrenzfähiger machen. Beispielsweise sollen in den ZBA von DB Cargo die Tätigkeiten der Abdrücklokomotiven vollständig automatisiert werden. Zu diesem Zweck müssen die bisher vorhandenen Abdrückbefehle aus dem Ablaufstellwerk auf benachbarte Prozessschritte ausgeweitet werden. Dazu gehören weitere einfache Tätigkeiten rund um das Rangieren – so etwa das Beidrücken, das Räumen stehengebliebener Wagen, das erneute Hochziehen von Falschläufern am Ablaufberg oder Rangierfahrten am Berg vorbei. Auch ist das Fahrzeug mit Sensor- und Sicherheitstechnik auszustatten, die eine zusätzliche Gefährdung für Menschen und Betriebsmittel verhindern muss.
Die wichtigsten Funktionen der Lokkomponente sind die Ermittlung der Position der Lok im Rangierbahnhof, die präzise Steuerung von Antrieb und Bremsen, die sichere Überwachung von Geschwindigkeit und Einsatzbereich sowie die sichere Erkennung von Hindernissen und Signalen. Für die Positionsbestimmung der Lok kommt ein innovatives System zum Einsatz, welches ohne streckenseitige Installationen wie Balisen auskommt. Durch einen ständigen Abgleich der Positionsänderungen des Fahrzeuges, die durch eine IMU ermittelt werden, mit der präzisen Infrastrukturkarte und bekannten „Landmarks“ (wie Signalen und Bauwerken) wird eine relativ grobe (ca. 3 m), aber sichere Positionsbestimmung erreicht. Ergänzt wird das System durch eine genaue Positionierung über GNSS (Genauigkeit ca. 0,5 m). Während die sichere Position der Zugsicherung dient, wird die genaue Position zur Feinsteuerung genutzt.
Die Hindernis- und Signalerkennung arbeitet nach dem gleichen Konzept: Mit sicheren und zulassungsfähigen Mess- und Auswertungsverfahren (ohne Künstliche Intelligenz) lassen sich Objekte zuverlässig erkennen. Damit wird stets ein sicherer Betrieb gewährleistet. Zur Erhöhung der Produktivität wird parallel ein KI-basiertes System eingesetzt. Durch das kontinuierliche Überwachen der KI-basierten Funktionalität über die sichere Objekterkennung wird die Zulassungsfähigkeit erreicht. Zugleich entsteht ein Spielraum, um innovative Validierungs- und Testverfahren auch für die KI-Anteile der Software zu entwickeln – bislang stehen für solche Anwendungen keine anerkannten Zulassungsprozesse zur Verfügung.
Die Erprobung erfolgt zunächst auf einer Bestandslokomotive der Baureihe 296. Die Zulassung für den GoA4-Betrieb ist voraussichtlich auf einer modernen Hybridlok umzusetzen. Bis Ende 2024 sollen die kommerzielle Betriebserprobung und die Zulassung in der ZBA München-Nord erreicht werden.