Mobilität: Projekte

Autonomes Fahren – und dann?

Forschung autonomes Fahren Uni Paderborn
Wissenschaftler der Uni Paderborn erforschen Fahrassistenzsysteme für ein kooperatives autonomes Verkehrsmanagement. Bild: UPB

Was passiert, wenn autonomes Fahren Normalität geworden ist? Wissenschaftler der Universität Paderborn entwickeln und erforschen kooperative autonome Fahrassistenzsysteme für diese Zukunftsvision. Denn das autonome Fahren ist auf dem Vormarsch: Die Deutsche Post will ihren elektrisch fahrenden „StreetScooter“ 2018 testweise mit einer Roboterwagen-Technologie ausstatten. Und der Automobilzulieferer Bosch plant, 2018 in Kooperation mit Daimler selbstfahrende Taxis auf deutschen Straßen zu testen.

„Meine Forschung setzt da an, wo autonom fahrende Fahrzeuge bereits Normalität sind“, erklärt Sven Henning  vom Heinz Nixdorf Institut der Universität Paderborn. Er stellt sich die Frage, was nach dem autonomen Fahren kommt, und legt den Fokus auf die Möglichkeiten, Fahrzeugströme zu steuern. Ziel ist es, Grundlagen für ein Fahrassistenzsystem, das kooperatives autonomes Verkehrsmanagement umsetzt, zu entwickeln. Damit knüpft er an vorangegangene Forschung des Lehrstuhls für Regelungstechnik und Mechatronik an.

„Die kooperative Ausrichtung dieser Fahrassistenzsysteme hat viele Vorteile“, sagt auch Prof. Dr.-Ing. Ansgar Trächtler, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Entwurfstechnik Mechatronik (IEM) und Inhaber des Lehrstuhls für Regelungstechnik und Mechatronik an der Universität Paderborn. In dieser Funktion betreut er die Forschung der Fachgruppe, der Henning angehört. Durch das kooperative Fahrverhalten könne etwa der Verkehrsfluss erhöht und Kraftstoff eingespart werden, so Trächtler weiter. Zudem werde unnötiges Abbremsen und Beschleunigen vermieden, was zu einer geringeren Feinstaubbelastung durch Reifenabrieb und Kraftstoffverbrauch führe.

Um diese Vorteile künftig für die Allgemeinheit nutzbar machen zu können, modelliert Henning den Verkehr sowohl in der Verkehrssimulationssoftware SUMO als auch auf Basis komplexer Mathematik. Dabei konzentriert er sich auf zwei Szenarien: das autonome Kreuzungsmanagement und die verteilte Verkehrsdichte.

Das autonome Kreuzungsmanagement betrachtet den Verkehr mikroskopisch – also einzelne Fahrzeuge, die eine Kreuzung passieren. Die kooperativen Fahrassistenzsysteme ermöglichen ein kollisionsfreies und autonomes Passieren der Kreuzung, ohne dass ein Ampelsystem oder ähnliches notwendig ist. Die Fahrassistenzsysteme der auf die Kreuzung zufahrenden Wagen errechnen den optimalen Weg, um Kollisionen beim Passieren zu vermeiden. Dieses Szenario ließe sich auch auf Kreisverkehre übertragen, so Trächtler. „Bisherige Untersuchungen ergaben, dass Kreisverkehre für diese Art von Verkehrsmanagement sogar noch vorteilhafter sind als einfache Kreuzungen“, fügt er hinzu.

Auf makroskopischer Verkehrsebene hingegen betrachtet Henning keine einzelnen Fahrzeuge, sondern die verteilte Verkehrsdichte. „Ich betrachte das Verkehrsnetz als eine Art Rohrsystem, durch das der Verkehr als Strömung fließt. Dementsprechend sind hier Größen, wie etwa die Verkehrsdichte oder die mittlere Geschwindigkeit, entscheidend für die Betrachtung.“ Fahrzeuge können ihre Wege so planen, dass sie möglichst störungsfrei an ihr Ziel kommen. Dabei setzt Henning einen Algorithmus ein, der die Einstellung einer gleichmäßigen Verkehrsdichte in einem Bilanzraum zum Ziel hat. Derzeit überträgt er mittels der Modellierungssoftware SUMO ein symmetrisches Rohrnetzmodell auf reale Straßenpläne der Stadt Paderborn. Damit sei die Simulation deutlich realitätsgetreuer und habe eine bessere Aussagekraft, so der Wissenschaftler.

Bisherige Simulationen ergaben ein erfolgsversprechendes Bild für das kooperative autonome Fahren: Henning verglich das Kreuzungsmanagementmodell mit geläufigen Ampelschaltungen. Das Kreuzungsmanagementmodell schnitt dabei im Versuchsrahmen deutlich besser ab. Mit der Weiterentwicklung seiner Modelle könnte Henning zukünftig den Traum eines jeden Autofahrers wahr werden lassen: stressfreies Reisen.

Weitere Informationen: www.upb.de


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