Politik: Standpunkt

TÜV-Verband zur geplanten Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung am 21. Februar 2024 im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages

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Vorgeschlagene Änderungen erwecken den Eindruck, dass Gefährdungen durch Cannabis am Steuer bewusst in Kauf genommen werden. Bestehende Regelungen haben sich bewährt.

Berlin, 19. Februar 2024 – Im Zusammenhang mit dem Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis plant die Ampelkoalition auch eine Angleichung der Regelungen zur allgemeinen Fahreignung für Alkohol- und Cannabiskonsument:innen. Unter anderem soll eine MPU künftig erst bei wiederholten Auffälligkeiten im Straßenverkehr angeordnet werden können. Fest steht, dass die Alkoholregelung nicht auf Cannabis übertragbar ist. Der TÜV-Verband sieht eine eklatante Gefährdung der Verkehrssicherheit. Richard Goebelt, Fachbereichsleiter Fahrzeug & Mobilität beim TÜV-Verband, kommentiert die geplanten Änderungen:

„Die Sicherheit im Straßenverkehr ist ein essenzielles Gut, das nicht durch übereilte Gesetzesänderungen gefährdet werden darf. Sollte die Überprüfung der Fahreignung in Zukunft erst nach wiederholten Cannabisfahrten erfolgen, nehmen viele ungeeignete Fahrer weiterhin am Straßenverkehr teil. Ohne Konsequenzen befürchten zu müssen, würden sie damit andere Verkehrsteilnehmer gefährden. Stattdessen liegt es in unserer Verantwortung, Lösungen zu finden, die eine angemessene Balance zwischen gesellschaftlichen Veränderungen und der Gewährleistung einer sicheren Mobilität ermöglichen. Der Schutz von Leib und Leben der Vielen wiegt schwerer als die individuelle Freiheit des Einzelnen, Cannabis konsumieren zu dürfen. Die Legalisierung des Konsums von Cannabis als Genussmittel darf Rauschfahrten nicht legitimieren.“

Legalisierung von Cannabis darf Rauschfahrten nicht bagatellisieren

„Rauschfahrten gehören zu den gefährlichsten Vergehen im Straßenverkehr. Daher lehnen wir den Vorschlag, eine Überprüfung der Fahreignung erst nach wiederholten polizeilich festgestellten Cannabisfahrten anzuordnen, ausdrücklich ab. Es darf keinen ‚Freischuss‘ für Verkehrsgefährder geben! Insbesondere in sensiblen Bereichen wie bei Fahranfängern und Gefahrguttransporten sollte ohnehin ein absolutes Cannabisverbot gelten, das bisher nicht thematisiert wurde.“

Fachgesellschaften lehnen die Änderungen ab

Der TÜV-Verband verweist zudem auf die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie e.V. (DGVP) und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin e.V. (DGVM) vom Februar 2024, in der vor der geplanten Änderung von § 13a Fahrerlaubnisverordnung (FeV) und Änderungen der Anlage 4 gewarnt wird. Diese Änderungen hätten nach Auffassung der Fachgesellschaften unter anderem zur Folge, dass auch regelmäßige Cannabiskonsument:innen, so lange nicht als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gelten, bis sie mindestens zweimal „erwischt“ worden sind. Ersttäter mit einer sehr hohen Konzentration von z.B. 50 ng THC /ml Blutserum oder Kraftfahrer:innen, die unter der Wirkung eines gefährlichen Mischkonsums von Alkohol und Cannabis mit bis zu 1,09 Promille BAK und z.B. 10 ng THC/ml Blutserum ein Kraftfahrzeug geführt haben, würden nicht nur als geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gelten. Auch eine erneute Überprüfung der Fahreignung würde nicht erfolgen.

Grenzwerte auch bei schweren Alkoholfahrten absenken

„Für mehr Verkehrssicherheit brauchen wir niedrige Grenzwerte. Mit der Idee einer Grenzwerterhöhung bei Cannabis sendet die Ampelkoalition ein völlig falsches Signal an die Autofahrer.  Statt die Grenzwerte für Cannabis am Steuer zu senken, sollten die Regeln für Alkohol am Steuer verschärft werden. Wir fordern seit Jahren, den Alkoholpromillewert zur Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen-Untersuchung von 1,6 auf 1,1 Promille zu reduzieren. Diese Maßnahme würde einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit leisten, denn ab 1,1 Promille gelten Fahrende als absolut fahruntüchtig.  Auch hier ist ein ‚Freischuss‘ ebenso wenig mit der Vision Zero zu vereinbaren wie bei Cannabiskonsumenten, wenn entsprechende Gesetzesänderungen vorgenommen werden.“