Technologie: Wissenschaft

Wasserstoffspeicherung mit neuen Materialien – ein Meilenstein

Wasserstoffspeicherung HZG
Dr. Claudio Pistidda an einem Diffraktometer zur Prüfung neuer Wasserstofftanks. Foto: HZG/Torsten Fischer

Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Geesthacht haben gemeinsam mit europäischen Partnern ein neues Material zur Feststoffspeicherung von Wasserstoff entwickelt. Eine spezielle Kombination von sogenannten Metallhydriden überwindet gravierende Nachteile, die herkömmlicherweise mit dieser Materialklasse verbunden sind. Dies ist ein echter Meilenstein in der technologischen Entwicklung der Wasserstoffspeicherung für mobile und stationäre Anwendungen. Die Ergebnisse der Wissenschaftler wurden in der renommierten Fachzeitschrift „Journal of Material Chemistry“ veröffentlicht.

Feststoff- statt Gasdruckspeicher

Wasserstoff kann ein klima- und umweltfreundlicher Energieträger sein, wenn er mit Hilfe von Wind- oder Solarenergie erzeugt wird. Anders als bei herkömmlichen Kraftstoffen werden bei seiner späteren Verwendung weder schädliches Kohlendioxid noch Rußpartikel freigesetzt. Für den mobilen Einsatz ist derzeit die Wasserstoffspeicherung in Druckgasbehältern üblich; die jedoch weisen ein relativ großes Volumen auf und nehmen in Fahrzeugen viel Platz ein. Zum Laden werden zudem hohe Drücke von bis zu 900 bar benötigt. Um diesen Belastungen standhalten zu können, müssen spezielle Behälter aus hochwertigen, nicht recycelbaren faserverstärkten Polymerwerkstoffen verwendet werden.

Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Geesthacht arbeiten seit Ende der 1990er Jahre an der Entwicklung sogenannter Feststoffspeicher. „Wir untersuchen seit vielen Jahren die Möglichkeit, komplexe Leichtmetall-Hydride als Speichermedien zu nutzen“, erklärt Dr. Claudio Pistidda, Materialforscher am Helmholtz-Zentrum Geesthacht und einer der Autoren der aktuellen Publikation.

Diese Systeme können mehr Wasserstoff auf weniger Raum speichern als Hochdrucktanks. Abgesehen davon ermöglichen die signifikant niedrigeren Ladedrücke, die für Feststoffspeicher erforderlich sind, den Einsatz von kostengünstigeren und umweltfreundlicheren Tank-Behältern in Automobilen.

Energiespeicherung – eine wissenschaftliche Herausforderung

„Eines der großen Probleme bei der Suche nach dem richtigen Material war dass sich mit jedem Laden die Speicherkapazität verringert hat“, sagt Pistidda. Ein ähnliches Problem ist bei wiederaufladbaren Batterien bekannt: Sie verlieren durch mechanische Spannungen und unerwünschte Reaktionen an den Elektroden mit steigender Zyklenzahl kontinuierlich ihre Kapazität und haben daher eine begrenzte Lebensdauer.

Perspektive für langfristige Wasserstoffspeicherung

Nach vielen Jahren wurde jetzt in Geesthacht ein System entwickelt, das diese Probleme möglichweise lösen kann. Zum ersten Mal konnten Pistidda und seine Kollegen im Labor nachweisen, dass Calciumborhydrid unter Zugabe von Magnesium-Nickel-Hydrid den aufgenommenen Wasserstoff nicht nur freisetzen kann, sondern dass das System während der Wiederbeladung mit Wasserstoff auch in seine ursprüngliche chemische Struktur zurückkehrt und somit als langfristig nutzbarer vollreversibler Speicher zur Verfügung steht.

„Damit haben wir einen echten Durchbruch auf dem Weg zur Entwicklung neuartiger Materialien zur Wasserstoffspeicherung für mobile und stationäre Anwendungen erreicht“, freut sich Dr. Claudio Pistidda. „Der entdeckte Reaktionsweg vermeidet unerwünschte Seitenreaktionen, die ansonsten eine Wiederbeladung mit Wasserstoff behindern. Das neue Material eröffnet damit eine hervorragende Perspektive für langfristig nutzbare Energiespeicher“.


Beteiligte Institutionen: Helmholtz-Zentrum Geesthacht / Centre for Materials and Coastal Research, University of Pavia, University of Helsinki, Rutherford Appleton Laboratory, Universitat Autònoma de Barcelona (UAB), University of Turin, Helmut Schmidt Universität
Finanzielle Unterstützung: Danish Council for Strategic Research im Rahmen des HyFillFast-Projektes
Wissenschaftlicher Ansprechpartner: Dr. Claudio Pistidda, Helmholtz-Zentrum Geesthacht für Material- und Küstenforschung, Institut für Werkstoffforschung; claudio.pistidda@hzg.de

Originalpublikation: Bergemann N.; Pistidda, C.; Milanese, C.; Aramini, M.; Huotari, S.; Nolis, P.; Santoru, A.; Chierotti, M. R.; Chaudhary, A.-L.; Baro, M. D.; Klassen, T.; Dornheim, M.: A Hydride Composite Featuring Mutual Destabilisation and Reversible Boron Exchange: Ca(BH4)2-Mg2NiH4, Journal of Materials Chemistry A, 2018, DOI: 10.1039/C8TA04748K


Hintergrundinformation:
– Oliver Ehret (2018): Wasserstoff und Brennstoffzellen: Antworten auf wichtige Fragen. Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie – NOW GmbH, Berlin;
Download als PDF

Verwandte Artikel:
Neue KIT-Kooperation mit China zum Wasserstoffantrieb (27. Juli 2018)
100 % Energie aus erneuerbaren Quellen ist möglich (29. Mai 2018)
Erkenntnisse zur umweltfreundlichen Herstellung von Wasserstoff (11. April 2017)
Wasserstoff als wichtiger Baustein der Energiewende (4. Juni 2016)