[TU Graz] – Ein Team des Instituts für Fahrzeugsicherheit der TU Graz hat anhand virtueller Menschenmodelle Unfälle mit E-Scootern untersucht und die wichtigsten Faktoren zur Prävention schwerer Verletzungen identifiziert.
Die Nutzung von E-Scootern hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, gestiegen ist aber auch die Zahl der Unfälle mit Beteiligung dieses recht jungen Verkehrsmittels. Gleichzeitig war das Wissen über die Verletzungsmechanismen in diesem Bereich noch stark begrenzt. Im vom Zukunftsfonds Steiermark geförderten Projekt SURF hat das Institut für Fahrzeugsicherheit der TU Graz diese Thematik anhand virtueller Menschenmodelle untersucht und dabei Handlungsempfehlungen zur Verringerung des Verletzungsrisikos bei E-Scooter-Unfällen erarbeitet.
Helm rauf, vom Tempo und vom Gehweg runter
Wie bei anderen einspurigen Fortbewegungsmitteln ergab die Untersuchung, dass auch beim Lenken eines E-Scooters ein Helm das Risiko von Kopfverletzungen stark reduziert – in diesem Fall um bis zu 44 %. Zudem zeigte sich, dass ein Fahrverbot für E-Scooter auf Gehsteigen und Gehwegen durchaus sinnvoll ist. Denn die Simulationen ergaben, dass Zusammenstöße mit Fußgänger*innen häufig schwere Verletzungen zur Folge haben. Neben dem Verbot würde hier bereits eine Begrenzung der Geschwindigkeit mehr Sicherheit bringen – das gleiche gilt übrigens auch bei Alleinunfällen. So sinkt das Kopfverletzungsrisiko für beteiligte Fußgänger*innen bei einer Reduktion der Kollisionsgeschwindigkeit von 25 km/h auf 15 km/h um bis zu 49 %. Im Gegensatz dazu spielt bei Kollisionen mit PKW vor allem die Geschwindigkeit des Autos eine große Rolle für die Höhe des Verletzungsrisikos. Zusammenstöße mit PKW, die mit 40 km/h unterwegs sind, können bereits schwere bis tödliche Kopfverletzungen bei E-Scooter-Fahrer*innen hervorrufen.
Von einer Reduktion der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von E-Scootern würden auch Fahr-Anfänger*innen profitieren. Im Rahmen der Studie gab es Versuche mit Freiwilligen, bei denen das Fahrverhalten der E-Scooter-Lenker*innen untersucht wurde, um deren Fahrpose für die virtuellen Modelle zu ermitteln. Dabei zeigte sich, dass auch Neulinge die Höchstgeschwindigkeit ihres Gefährts häufig ausreizten, obwohl sie noch sehr unsicher unterwegs waren.
Von der Literaturanalyse zur Simulation
Um für die Studie realitätsgetreue Ergebnisse zu erhalten, hatte das Team um Projektleiter Christoph Leo, Forschungsgruppenleiterin Corina Klug, Projektassistentin Desiree Kofler und Universitätsassistent Martin Schachner zunächst anhand von Literatur, Unfallaufzeichnungen und Videos das Unfallgeschehen analysiert, um daraus Randbedingungen für die Simulation abzuleiten. Anschließend wurden die Versuche mit Freiwilligen zur Ermittlung der Fahrpose mit virtuellen Menschenmodellen kombiniert, bei deren Entwicklung das Institut für Fahrzeugsicherheit beteiligt war, um Verletzungen bei Unfällen prognostizieren zu können. Daraus ließ sich eine Simulationsmatrix erstellen, die eine Beantwortung der Fragestellungen des Projekts ermöglichte.
„Weil E-Scooter eine sehr junge Mobilitätsform sind, haben wir in diesem Projekt Neuland betreten, um die Verletzungsrisiken bei E-Scooter-Unfällen analysieren zu können. Es gab bisher noch keine wirklichen Untersuchungen dazu“, erklärt Christoph Leo. „Nach der Analyse der simulierten Unfälle mit den virtuellen Menschenmodellen hat sich aber ein sehr klares Bild ergeben: Das Tragen eines Helmes und die Reduzierung der eigenen Geschwindigkeit, besonders in der Nähe von Passanten, kann bereits viele schwere Verletzungen vermeiden. Wichtiger wäre es, dass E-Scooter das Fahrverbot auf Gehsteigen und Gehwegen einhalten. Allgemein scheinen die Risiken dieser Mobilitätsform unterschätzt zu werden, darum ist in den nächsten Jahren weiterhin eine steigende Zahl an Verletzungen zu erwarten. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad ist man im Straßenverkehr sicherer unterwegs und tut sich selbst sowie der Umwelt etwas Gutes. Wer wirklich mit dem E-Scooter fahren muss, sollte bitte zumindest einen Helm aufsetzen.“