Mobilität: Wissenschaft

Unfälle mit E-Scootern: Mehr Helme und weniger Tempo!

Unfälle mit E-Scootern
Bild: Javier Go | Unsplash

[TU Graz] – Ein Team des Instituts für Fahrzeugsicherheit der TU Graz hat anhand virtueller Menschenmodelle Unfälle mit E-Scootern untersucht und die wichtigsten Faktoren zur Prävention schwerer Verletzungen identifiziert.

Die Nutzung von E-Scootern hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, gestiegen ist aber auch die Zahl der Unfälle mit Beteiligung dieses recht jungen Verkehrsmittels. Gleichzeitig war das Wissen über die Verletzungsmechanismen in diesem Bereich noch stark begrenzt. Im vom Zukunftsfonds Steiermark geförderten Projekt SURF hat das Institut für Fahrzeugsicherheit der TU Graz diese Thematik anhand virtueller Menschen­modelle untersucht und dabei Handlungs­empfehlungen zur Verringerung des Ver­letzungs­risikos bei E-Scooter-Unfällen erarbeitet.

Helm rauf, vom Tempo und vom Gehweg runter
Wie bei anderen einspurigen Fortbewegungs­mitteln ergab die Untersuchung, dass auch beim Lenken eines E-Scooters ein Helm das Risiko von Kopf­verletzungen stark reduziert – in diesem Fall um bis zu 44 %. Zudem zeigte sich, dass ein Fahrverbot für E-Scooter auf Gehsteigen und Gehwegen durchaus sinnvoll ist. Denn die Simulationen ergaben, dass Zusammen­stöße mit Fußgänger*innen häufig schwere Verletzungen zur Folge haben. Neben dem Verbot würde hier bereits eine Begrenzung der Geschwindigkeit mehr Sicherheit bringen – das gleiche gilt übrigens auch bei Allein­unfällen. So sinkt das Kopf­verletzungs­risiko für beteiligte Fußgänger*innen bei einer Reduktion der Kollisions­geschwin­digkeit von 25 km/h auf 15 km/h um bis zu 49 %. Im Gegensatz dazu spielt bei Kollisionen mit PKW vor allem die Geschwindig­keit des Autos eine große Rolle für die Höhe des Verletzungsrisikos. Zusammenstöße mit PKW, die mit 40 km/h unterwegs sind, können bereits schwere bis tödliche Kopf­ver­letzungen bei E-Scooter-Fahrer*innen hervorrufen.

Von einer Reduktion der zulässigen Höchst­geschwin­digkeit von E-Scootern würden auch Fahr-Anfänger*innen profitieren. Im Rahmen der Studie gab es Versuche mit Freiwilligen, bei denen das Fahr­verhalten der E-Scooter-Lenker*innen untersucht wurde, um deren Fahrpose für die virtuellen Modelle zu ermitteln. Dabei zeigte sich, dass auch Neulinge die Höchst­geschwin­digkeit ihres Gefährts häufig ausreizten, obwohl sie noch sehr unsicher unterwegs waren.

Unfälle mit E-Scootern

Simulation eines Zusammenstoßes zwischen E-Scooter und PKW. © VSI | TU Graz

Von der Literaturanalyse zur Simulation
Um für die Studie realitätsgetreue Ergebnisse zu erhalten, hatte das Team um Projekt­leiter Christoph Leo, Forschungs­gruppen­leiterin Corina Klug, Projekt­assistentin Desiree Kofler und Uni­versi­täts­assistent Martin Schachner zunächst anhand von Literatur, Unfall­aufzeich­nungen und Videos das Unfall­geschehen analysiert, um daraus Rand­bedingungen für die Simulation abzuleiten. Anschließend wurden die Versuche mit Frei­willigen zur Ermittlung der Fahr­pose mit virtuellen Menschen­modellen kombiniert, bei deren Entwicklung das Institut für Fahrzeug­sicher­heit beteiligt war, um Verletzungen bei Unfällen prognosti­zieren zu können. Daraus ließ sich eine Simulations­matrix erstellen, die eine Beantwortung der Frage­stellungen des Projekts ermöglichte.

„Weil E-Scooter eine sehr junge Mobilitätsform sind, haben wir in diesem Projekt Neuland betreten, um die Ver­letzungs­risiken bei E-Scooter-Unfällen analysieren zu können. Es gab bisher noch keine wirklichen Unter­suchungen dazu“, erklärt Christoph Leo. „Nach der Analyse der simulierten Unfälle mit den virtuellen Menschen­modellen hat sich aber ein sehr klares Bild ergeben: Das Tragen eines Helmes und die Reduzierung der eigenen Geschwindigkeit, besonders in der Nähe von Passanten, kann bereits viele schwere Verletzungen vermeiden. Wichtiger wäre es, dass E-Scooter das Fahrverbot auf Gehsteigen und Gehwegen einhalten. Allgemein scheinen die Risiken dieser Mobilitätsform unter­schätzt zu werden, darum ist in den nächsten Jahren weiterhin eine steigende Zahl an Verletzungen zu erwarten. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad ist man im Straßen­verkehr sicherer unterwegs und tut sich selbst sowie der Umwelt etwas Gutes. Wer wirklich mit dem E-Scooter fahren muss, sollte bitte zumindest einen Helm aufsetzen.“