An der OTH Regensburg entwickelt ein Promovend Empfehlungen für die Berechnung der Standsicherheit von Stabilisierungssäulen, um künftig zum Beispiel verhindern zu können, dass Autobahnen im Moor versinken, wie es 2017 an der Ostsee-Autobahn A20 bei Tribsees passiert ist.
Es ist vielleicht Deutschlands größte, sicher aber die spektakulärste Autobahn-Baustelle: An der Ostsee-Autobahn A20 bei Tribsees war ist im Oktober vergangenen Jahres die Fahrbahn komplett in den aus Moor und Torf bestehenden Boden abgesackt.
„Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr hat in diesem Autobahnabschnitt 2014 erste Fahrbahnschäden in Form von Setzungen festgestellt. Grundsätzlich können leichte Setzungen bei einer solchen Konstruktion – vor allem wenn sie wie bei Tribsees auf Torf gegründet ist – durchaus vorkommen und werden per Profilausgleich behoben. Dies ist hier Ende 2016 erfolgt.
2017 wurden erneut Setzungen festgestellt, die dazu geführt haben, dass Ende Juni der Standstreifen und die rechte Fahrspur für den Verkehr gesperrt und ein Baugrundgutachten beauftragt wurden. Bevor dessen Ergebnisse vorlagen, hat sich das Fortschreiten der Setzungen Ende September unerwartet dynamisch beschleunigt. Deshalb wurden aus Sicherheitsgründen die gesamte Fahrbahn in Richtung Rostock und Anfang Oktober ein weiterer Fahrstreifen in Richtung Stettin gesperrt. Am 9. Oktober 2017 trat laut Baugrundgutachten ein so genannter Grundbruch ein. Dabei ist die Fahrbahn auf einer Länge von ca. 40 und einer Breite von 10 Metern eingebrochen, auf eine Tiefe von ursprünglich im Durchschnitt 2,50 Metern. Da auch auf der letzten noch befahrbaren Spur zunehmend Setzungen auftraten, musste die Autobahn in diesem Bereich am 27. Oktober 2017 voll gesperrt werden.
Baugrundgutachten haben ergeben, dass der gesamte Damm über seine knapp 800 Meter Länge nicht mehr dauerhaft tragfähig ist. Er wird abgetragen und durch eine Brücke in konventioneller Bauweise ähnlich der bestehenden Trebeltalbrücke im Anschluss an dem Damm ersetzt. Diese ist von den Setzungen nicht betroffen.“
Quelle: Regierungsportal Mecklenburg-Vorpommern
An der OTH Regensburg beschäftigt sich Roland Gömmel derzeit in seiner Promotion damit, wie man Stabilisierungssäulen, auf denen auch die Autobahn 20 an dieser Stelle ruhte, richtig dimensioniert, um ihre Standsicherheit dauerhaft zu gewährleisten. In Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis 2.8 „Stabilisierungssäulen“ der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik sollen aus seinen Forschungen entsprechende Richtlinien erarbeitet werden.
„Trotz weltweiter Verwendung dieses Bauverfahrens existiert bisher nur ein sehr begrenzter Kenntnisstand zur Wirkungsweise und Interaktion der Stabilisierungssäulen mit dem Boden“, erläutert Roland Gömmel den Hintergrund seiner Arbeit. Der Schwerpunkt seiner Forschungen liege dabei auf der Wirkung und der richtigen Bemessung von Stabilisierungssäulen beim sogenannten Böschungsbruch, also dem Verlust der Gesamtstandsicherheit.
Mit dem fortschreitenden Ausbau der Verkehrsinfrastruktur wird es zunehmend notwendig, Straßendämme und andere Infrastrukturbauwerke auch auf schlecht tragfähigen Böden zu errichten. Stabilisierungssäulen bieten hierzu eine ökonomische Alternative zu Pfahlgründungen und Bodenaustausch. Im Gegensatz zu konventionellen Pfählen sind Stabilisierungssäulen unbewehrt und deutlich schlanker. Damit verbunden ist jedoch das Problem, dass diese Säulen schneller unter anderem durch Abbrechen versagen, wodurch die gesamte Standsicherheit des Straßendammes verloren gehen kann.
„Das weggebrochene Ostsee-Autobahn-Teilstück bei Tribsees ist inzwischen abgetragen. Für die neue Behelfsbrücke werden mehr als 230 Bohrpfähle bis zu 24 Meter tief in den Boden getrieben. Mit einer Fertigstellung wird nicht vor dem Jahr 2021 gerechnet.“
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