Mobilität: Wissenschaft

Neue Mobilität sorgt für Kulturwandel

nachhaltige Mobilität
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Tagung in Bad Boll über nachhaltige Mobilität

Stau, Feinstaub und Klimawandel: Die traditionellen Mobilitätsformen haben einen zusehends schweren Stand. Ein Wandel zeichnet sich ab – nicht nur bei der Technologie sondern auch in der Art und Weise, wie individuelle Mobilität organsiert wird. Experten sehen einen weltweiten Trend zum Teilen.

Wissenschaftler aus zehn Ländern und drei Kontinenten debattierten drei Tage lang in der Evangelischen Akademie Bad Boll darüber, wie eine neue Kultur des Teilens zu nachhaltigen Mobilitätsformen führen kann. Die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) hatte zu der Tagung geladen. Organisator war Professor Dr. Sven Kesselring,  der an der HfWU eine Professur für nachhaltige Mobilität besetzt und Mitglied im internationalen „Cosmobilities“ Netzwerk ist. Dessen 12. Jahrestagung trug den Titel „Sharing Mobilities“.

Drei Tage lang diskutierten die Wissenschaftler in Einzelsymposien und Plenarveranstaltungen, wie die Entwicklung zu einer Kultur des Teilens sich auch gesellschaftlich bemerkbar macht. Die Welt steht, dies zog sich durch alle Beiträge, vor einem historischen Wandel. Ein Wandel, der durch neue Technologien mit ausgelöst wird. Zum einen läutet der Klimawandel das Ende der Verbrennungstechnologien ein, die Experten sprechen von der „Dekarbonisierung“. Zum anderen ändert die nächste Stufe der digitalen Revolution das Verhalten vieler Menschen, gerade auch in der Mobilität.

Der Trend zum Teilen verändert die Gesellschaften in vielen Ländern

Bridgette Wessels  aus Newcastle zitiert eine Studie, nach der fast der Hälfte der befragten Fahrer aus der Altersgruppe der „Millenials“ ein ständiger schneller Internetzugang wichtiger ist als ein eigenes Auto. Und bei der Frage nach den 30 bevorzugten Marken taucht in derselben Altersgruppe unter den ersten zehn kein Autohersteller mehr auf.

Es verschiebt sich also etwas und offensichtlich schneller, als der Trend zu Elektrofahrzeugen an Fahrt gewinnt. Das Teilen liegt im Trend, die Experten sprechen von einer Kultur des Teilens, die nun zunehmend von einer Wirtschaft des Teilens flankiert wird. Plattformen, über die sich die Nutzer vernetzen sind für den Erfolg entscheidend.

„Wir arbeiten daran, alle Formen der Mobilität digital zu vernetzen, das ist die Zukunft. Wir wollen Menschen verbinden, nicht nur Autos verkaufen“, so Johannes Reifenrath,  Director Product Strategy bei der Daimler AG, im Rahmen der Tagung. Weert Canzler  ging noch einen Schritt weiter. „Wir brauchen eine ganz neue Vorstellung von Mobilität. Dabei reicht es nicht aus, nur das Auto in anderer Form zu denken“, ist der Wissenschaftler vom Wissenschaftszentrum in Berlin (WZB) überzeugt.

Einig waren sich die Experten, dass soziale Netzwerke für die Kultur des Teilens eine tragende Rolle spielen. Für die wirtschaftliche Seite stehen mit Diensten wie Uber und anderen Transportplattformen bereits die digitalen Geschäftsmodelle zur Verfügung. Die Mitglieder des DFG-Forschungsnetzwerkes Cosmobilities (www.cosmobilities.net) befassen sich als Ökonomen und Sozialwissenschaftler vor allem mit den Auswirkungen der tiefgreifenden Veränderungen in der Mobilitätskultur auf die Wirtschaft und die Gesellschaft.

„Teilen ist gesellschaftlich gesehen ein uraltes Phänomen. Heute sind die Innovationen und neuen Technologie die treibenden Kräfte, die das Teilen befeuern“, so die Einschätzung des Philosophen Søren Riis  von der dänischen Roskilde Universität. So entstehen vernetzte Gesellschaften und mit ihren Netzwerken neue Ideen, Branchen und Jobs.

Alternative zu individueller Mobilität

Eine Fülle von Beispielen wurde auf der Konferenz präsentiert, wie sich „Sharing mobilities“ auf die Lebenswelten der Menschen auswirkt. So zeigt der Vergleich der Carsharing-Angebote in Karlsruhe, Kopenhagen und Budapest zwar große Unterschiede in der Organisation und Abwicklung, gemeinsam ist allen Städten jedoch, dass das neue Teilen als Alternative zu individueller Mobilität akzeptiert wird.

Dabei geht es den Cosmobilities Mitgliedern um mehr: Der Ansatz „Sharing Mobilities“ soll, so die Hoffnung, auch auf andere soziale Bereiche übergehen, damit daraus eine umfassende Mentalität des Teilens wird. Oder, so wurde es im Schlusswort zur Konferenz deutlich: „Sharing Mobilities“ stellt auch die Frage, wie wir uns auf der Welt die Energie- und die Naturressourcen teilen.
Quelle: HfWU/cosmobilities


Weitere Informationen: www.cosmobilities.net