[TU Berlin] –Die CDU will eine fünf Kilometer lange Magnetschwebebahn durch die Innenstadt Berlins bauen. Der Vorläufer M-Bahn (Magnetbahn), ab 1984 im Versuchsbetrieb und von 1989 bis 1991 im Passagierbetrieb eingesetzt, konnte nicht überzeugen Und nun? Ein Statement von Prof. Dr.-Ing. Markus Hecht, TU Berlin.
Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat am 20. November bekanntgegeben, dass sich die schwarz-rote Koalition in der Hauptstadt auf den Bau einer fünf bis sieben Kilometer langen Teststrecke für eine Magnetschwebebahn verständigt hat. Laut Stettner sei eine solche Bahn vergleichsweise günstig zu bauen und viel schneller realisierbar als etwa eine U-Bahn-Linie. Die Bahn solle ohne Fahrpersonal betrieben werden und sowohl Personen als auch Güter transportieren können. Die Kosten von rund 80 Millionen Euro will die Koalition über das sogenannte Klima-Sondervermögen finanzieren.
Magnetschwebebahn und U-Bahn lassen sich nicht vergleichen
Dazu sagt Prof. Dr.-Ing. Markus Hecht, Leiter des Fachgebiets Schienenfahrzeuge der Technischen Universität Berlin: „Die Kosten für den Bau einer aufgeständerten Magnetschwebebahn denen für eine neue U-Bahn-Strecke gegenüberzustellen, ist wie ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Natürlich ist eine unterirdische Bahn teurer als eine aufgeständerte oberirdische – aber das muss deshalb keine Magnetschwebebahn sein.“ Genauso gut und wesentlich billiger könne man auch eine ganz normale Bahnstrecke aufständern.
Energieeffizienz bei Magnetschwebebahn ist schlecht
„Die Energieeffizienz einer Magnetschwebebahn ist sehr schlecht“, sagt Hecht. Deren Antriebsprinzip könne man sich als langgestreckten, ausgeklappten Drehstrom-Elektromotor vorstellen. Beim Drehstrommotor werden Magnetfelder periodisch so umgepolt, dass sich das resultierende Magnetfeld dreht. Dadurch wird ein magnetischer Anker in eine Drehbewegung versetzt.
Der Antrieb der Magnetschwebebahn funktioniert ähnlich: Hier werden Magnete an der Führungsschiene periodisch so umgepolt, dass der Zug beschleunigt wird. Das resultierende Magnetfeld wandert also an der Schiene entlang. „Der Abstand zwischen Anker und Magnetspule in einem Elektromotor beträgt vielleicht einige Zehntel Millimeter. Wegen der Unebenheiten der Fahrstrecke muss aber der Abstand zwischen Führungsschiene und Zug bei der Magnetbahn mindestens einen Zentimeter betragen. Dieser viel größere Abstand führt zu einem wesentlich schlechteren Wirkungsgrad“, sagt Hecht.
Risiken bei der Zulassung eines neuen Konzepts
Zudem berge die Zulassung eines völlig neuen Konzepts für eine Magnetschwebebahn in Berlin unkalkulierbare zeitliche und finanzielle Risiken. „Nehmen Sie nur die Fluchtwege, die bei heutigen aufgeständerten Schienenbahnen – wie etwa Teilen der Berliner S-Bahn – entlang der Strecke realisiert sind. Hier können die Passagiere im Notfall jederzeit aus der Bahn. Ich kenne aber keine Magnetschwebebahn, bei der dieses Sicherheitskonzept momentan integriert ist.“ Solche Fragen seien aber für eine Zulassung in vertretbarer Zeit essentiell.
Verkehrsbedarf sollte im Vordergrund stehen – nicht eine neue Technologie
„Auch dass die Magnetschwebebahn vollautomatisch und personallos verkehren soll, ist für neue Nahverkehrssysteme heute Standard und keineswegs ein Spezifikum einer Magnetbahn“, erklärt Hecht. Er resümiert abschließend: „Ich wundere mich sehr, dass hier der Entscheid für eine neue Technologie im Vordergrund steht und nicht die Frage, welcher Verkehrsbedarf in Zukunft an welcher Stelle in Berlin befriedigt werden soll.“