Politik: Standpunkt

Fake-Biodiesel aus China über­schwemmt deutschen Markt. Update

Fake-Biodiesel aus China
Symbolbild: MyShoun | pixabay

Update zum Beitrag vom 10.08.2023: Politikmagazin „Panorama 3“ sendet brisante Recherche zu den Betrugsvorwürfen – Link zur Sendung vom 28.11.2023: Panorama 3: Fake-Biodiesel aus China? | ARD Mediathek


[Verbio] – 10.08.2023 – Verbio-Chef und Energieexperte Claus Sauter erklärt, wie chines­ische Firmen aus klima­schäd­lichem Palmöl hergestellten Fake-Biodiesel als grünen Bio­diesel nach Deutschland bringen. Die Wert­schöpfungs­ketten grüner Industrie in Deutsch­land seien bedroht, wenn die Bundes­regier­ung nicht gegen chinesische Fake-Produkte vorgeht: Bessere Kontrollen und härtere Strafen seien für Importeure und Nutzer unumgänglich.

China überschwemmt den deutschen Markt mit riesigen Mengen Bio­diesel, der vermut­lich aus Palmöl hergestellt wird. Dieser Klima­killer wird in China zu besonders nach­haltigem grünem Kraft­stoff aus Rest­stoffen um­etikettiert – diesen Verdacht teilt Claus Sauter, Vorstands­vor­sitzender der Verbio Vereinigte BioEnergie AG, mit anderen Branchen­experten. „Das ist ein neuer Diesel­skandal: Diesmal wird nicht die Hardware mani­puliert, sondern der Kraft­stoff“, sagt der Energie­experte. Am Ende leiden nicht nur die Bio­kraft­stoff­produzenten, sondern die gesamte grüne Industrie in Deutschland, wenn dem kein Einhalt geboten wird.

EU: Biodiesel aus Palmöl nicht auf die THG-Quote angerechnet
Derzeit ist Biodiesel in Europa der bedeutendste Bio­kraft­stoff. Dabei ist in Deutschland und der EU Palmöl als Rohstoff nicht mehr gewünscht. Dementsprechend wird hier seit Anfang dieses Jahres Biodiesel aus Palmöl nicht mehr auf die Quote zur Reduktion von Treib­haus­gasen angerechnet. Im Gegensatz dazu gilt Biodiesel aus Reststoffen als besonders klima­freund­lich und wird sogar doppelt auf die in Deutschland von den Mineral­öl­gesell­schaften zu erfüllende Treib­haus­gas­einsparungs­quote angerechnet.

Claus Sauter und die Branche beobachten: „Plötzlich kommen, wie aus dem nichts, große Mengen ,fort­schritt­lichen‘ Biodiesels aus China. Die Chinesen bieten dieses Zeug zum halben Preis an, obwohl allein die Fracht­kosten aus China nach Europa 20 Prozent des Produkt­preises ausmachen.“

„Allein im Januar kamen mehrere tausend Tonnen von diesem vermeint­lich fort­schritt­lichen Biodiesel […] von China nach Europa. Ich behaupte, es gibt weder die Anlagen noch die Mengen an Rest­stoffen für fort­schritt­liche Bio­kraft­stoffe in China, und das ist das Problem, was wir aktuell haben: Ein großer Spieler spielt mit unfairen Mitteln.” Und weiter: „Weil hier der besondere Anreiz der Doppel­anrechnung besteht, fließt der größte Teil dieser um­etikettier­ten Ware im Moment nach Deutschland.“

An sich sei das Kontroll-System in Deutschland und Europa gut. Zertifi­zierungs­unter­nehmen prüfen stich­proben­mäßig, welche Roh- und Reststoffe die Produzenten einsetzen, wo diese herkommen, unter welchen Bedingungen der Biodiesel produziert wird, wieviel Energie dafür aufgewendet wird – und ob ein Unternehmen wie zum Beispiel Verbio überhaupt technologisch in der Lage ist, bestimmte Rohstoffe zu verarbeiten. Doch dieses System müsse für alle gelten, betont Sauter.

Denn beim Fake-Biodiesel aus China sei das anders: „Entscheidend ist, welche Rohstoffe zum Einsatz kommen, und das kann ich nur kontrollieren, indem ich nach China gehe und es anschaue. Genau das passiert aber im Moment nicht.“ Unter anderem aufgrund des langen Covid-Lockdowns war es nicht möglich, die chinesischen Anlagen zu überprüfen – und auch jetzt lassen die Chinesen keine Audits zu. Darum fehle, so Sauter, eine ähnliche Prüfung, wie sie in Deutschland verlangt ist und umgesetzt wird. Die fraglichen Mengen aus China dürften nicht auf die Erfüllung der THG-Quote in Deutschland angerechnet werden, solange der eingesetzte Rohstoff nicht vor Ort eindeutig geprüft und zertifiziert werden könne.

Sauter: „Natürlich gilt die Unschulds­vermutung. Aber dann wäre es ja mal gut, da hinzugehen, und das heißt, vor Ort zu zertifizieren und zu prüfen, so wie es die Behörden auch bei uns machen. Aber das passiert im Moment nicht, weil die Chinesen keinen reinlassen.“

Die Gefahr für den deutschen Markt
„Es hat gravierende Auswirkungen auf den gesamten Markt, nicht nur auf die Industrie, sondern auch auf den landwirtschaftlichen Markt und damit auf die Bauern. Vor Jahresfrist kostete Raps ungefähr 1.000 Euro die Tonne, und jetzt reden wir über 450 Euro, also mehr als 50 Prozent Preiseinbruch.“ Sauter ergänzt: „Im Moment laufen wir wirklich Gefahr, dass ein Großteil der Fritten­fett verar­beitenden und auch Rest­stoffe verar­beitenden Biodiesel-Produzenten in Europa pleite gehen, dass wir also diesen Teil der Wert­schöpfungs­kette genauso wie damals bei Solar und Wind an die Chinesen verlieren! Wir haben ja lokale Produktion, wir sind auch techno­logisch ganz weit vorne. Aber wenn einer falsch spielt, […] haben wir hier keine Fairness! Das führt dazu, dass derzeit vor allem den Produzenten von Biodiesel aus Frittenfett und Reststoffen die Wirt­schafts­grund­lage entzogen wird.“

Das eigene Unternehmen sei von der aktuellen Entwicklung um Fake-Biodiesel nicht direkt betroffen, denn: „Wir nutzen Raps bzw. Rapsöl als Rohstoff, weil wir in unserem Prozess gleichzeitig hoch­wertige Neben­produkte herstellen. Dafür brauchen wir Qualität im Input. Zum Beispiel in Zahnpasta ist Glyzerin von Verbio drin. Da gibt es hohe Qualitäts­anfor­derungen, und die müssen wir erfüllen. Deshalb haben wir immer auf Rapsöl als Rohstoff für unsere Produktion gesetzt.“