Technologie: Projekte

Kompaktanlage für Kraftstoff aus Sonne und CO₂

Campus der LUT
Die neue Power-to-Liquid-Anlage soll 2017 auf dem Campus der LUT in Betrieb gehen. Foto: LUT

Weltweit erste chemische Pilotanlage geht in Betrieb

Flüssigen Kraftstoff bedarfsgerecht aus regenerativen Energien zu erzeugen, ist ein wichtiger Baustein der Energiewende. Das nun gestartete Projekt „Soletair“, in dem Ineratec als Ausgründung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und finnische Partner zusammenarbeiten, will aus Sonnenenergie und dem Kohlenstoffdioxid der Luft synthetische Kraftstoffe herstellen. Die weltweit erste chemische Pilotanlage ist so kompakt, dass sie in einen Schiffscontainer passt. Die mobile Anlage produziert aus regenerativem Wasserstoff und CO2 hochwertiges Benzin, Diesel und Kerosin.

Die Anlage besteht aus drei Komponenten. Die vom Technischen Forschungszentrum Finnland (VTT) entwickelte „Direct Air Capture“-Einheit filtert das Kohlenstoffdioxid aus der Luft heraus. Eine an der Lappeenranta University of Technology (LUT) entwickelte Elektrolyseeinheit erzeugt mittels Sonnenstrom den notwendigen Wasserstoff.

Chemischer Reaktor

Der mikrostrukturierte chemische Reaktor wandelt methanhaltige Gase in flüssige synthetische Kraftstoffe von höchster Qualität. Foto: Ineratec/KIT

Kern der neuen Technologie ist ein mikrostrukturierter chemischer Reaktor, der im Rahmen von Forschungsarbeiten am Institut für Mikroverfahrenstechnik (IMVT) des KIT entwickelt wurde.

Ineratec hat diese Technologie weiter zu einer marktfähigen chemischen Kompaktanlage ausgebaut. Diese kann erstmalig kleine und mittlere Mengen methanhaltiger Gase, die aus fossilen oder erneuerbaren Quellen stammen und zum Beispiel als Abfall bei der Erdölförderung oder der Biogasproduktion entstehen, in flüssigen synthetischen Kraftstoff von höchster Qualität – Benzin, Diesel und Kerosin – verwandeln.

Kraftstoff aus regenerativen Energien

Pilotanlage zur Erzeugung flüssiger Kraftstoffe aus regenerativen Energien von Lappeenranta University of Technology (LUT) und VTT Technical Research Centre of Finland. Foto: LUT

Sie kann zudem regenerativen Wasserstoff (H2) und treibhausgasaktives CO2 in Kraftstoffe umwandeln. Die schlüsselfertigen Anlagen der Ineratec sind mobil und passen in einen herkömmlichen Schiffscontainer.

„Damit stellen wir eine völlig neue, modulare Technologie zur Verfügung, die eine echte Alternative zu den kostenintensiven chemischen Großanlagen des konventionellen Gas-to-Liquid-Verfahrens bietet“, erklärt Dr.-Ing. Tim Böltken, Mitglied des Gründerteams. Die Kompaktanlage eigne sich nicht nur für den Einsatz in großen Chemieunternehmen und der erdölverarbeitenden Industrie, sondern auch dezentral in Kläranlagen oder bei energieerzeugenden Biobauern für die Herstellung von Biogas-to-Liquid-Kraftstoffen, sagt der Chemie-Ingenieur.

Die Gründer von Ineratec

Die Gründer von Ineratec (v.l.): Tim Böltken, Philipp Engelkamp und Paolo Piermartini.

„Projekte wie Soletair leisten einen wichtigen Beitrag zum Gelingen der Energiewende“, unterstreicht Professor Thomas Hirth, Vizepräsident für Innovation und Internationales am KIT. „Die Inbetriebnahme der Pilotanlange steht beispielhaft für den erfolgreichen Transfer von Forschungsinnovationen des KIT in die Wirtschaft.“ Die Ineratec GmbH ist eine Ausgründung aus dem KIT und entwickelt, baut und vertreibt chemische Kompaktanlagen für verschiedene Gas-to-Liquid und Power-to-Liquid-Anwendungen. Das Start-up wird gefördert vom EXIST-Forschungstransfer des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.

„Wir sind stolz auf die Beteiligung an diesem zukunftsweisenden internationalen Projekt“, betont Tim Böltken. Das KIT, Ineratec und VTT wollen künftig im Rahmen der beiden prominenten nationalen Forschungsverbünde „Energie Lab 2.0“ und „Neo-Carbon Energy“ ihre Zusammenarbeit bei der Erforschung und Entwicklung innovativer Energiesysteme, die auf erneuerbaren Energien basieren, bei neuen Speichertechnologien sowie bei der Umwandlung erneuerbarer Energien in chemische Energieträger weiter ausbauen. KIT und Ineratec bringen ihre Expertise darüber hinaus in das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Kopernikus-Projekt „Power-to-X“ ein.

„Die Energiewende kann nur ein Erfolg werden, wenn wir unser Know-How zusammenführen und die Kompetenzen der europäischen Industrie im Energiesektor gemeinsam stärken“, betont VTT-Wissenschaftler und Soletair-Projektleiter Dr. Pekka Simell  mit Blick auf die geplante Kooperation. Die neue Power-to-Liquid-Anlage wird noch 2016 am „Biorukki Piloting Center“ von VTT erstmals in Betrieb genommen und soll ab 2017 auf dem Campus der LUT arbeiten. Das Projekt Soletair läuft noch bis Mitte 2018 und wird von der Finnischen Finanzierungsagentur für Technik und Innovation (Tekes) mit einer Million Euro gefördert.


Weitere Informationen:
Technisches Forschungszentrum Finnland (VTT) – Simell Pekka, Research Team Leader, Tel.: +35 840 7507758
Lappeenranta University of Technology (LUT) – Prof. Jero Ahola, Lappeenranta University of Technology, +35 840 529 8524