Mobilität: Wissenschaft

Kondensstreifen verhindern mit der richtigen Flughöhe

Kondensstreifen verhindern mit der richtigen Flughöhe
Foto: DLR/Alejandro Morellon (CC-BY 3.0)

[DLR] Zwei Drittel der Auswirkungen des Luftverkehrs auf das Klima sind auf Nicht-CO2-Effekte von Flugzeugen zurückzuführen. Dabei spielt die Vermeidung von Kondensstreifen eine Schlüsselrolle bei der Eindämmung des Klimawandels. Seit Anfang 2021 führte das Maastricht Upper Area Control Centre (MUAC) von EUROCONTROL in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) einen weltweit ersten Live-Betriebsversuch zur Vermeidung von Kondensstreifen durch, um die Nicht-CO2-Effekte zu verringern. Im Versuch wurden in den ersten zehn Monaten des Jahres insgesamt 209 Flugbahnen einbezogen.

Die Probeläufe wurden an ausgewählten Terminen, nach 18 Uhr Ortszeit und in der Nacht durchgeführt. Zu diesen Zeiten ist die wärmende Wirkung von Kondensstreifen und den resultierenden Kondensstreifen-Zirren besonders ausgeprägt. Ein Planer-Team von MUAC und DLR interpretierte die Wettervorhersage hinsichtlich eisübersättigter Regionen und Wolken und gab den Fluglotsen Anweisungen, diese Gebiete für Kondensstreifenbildung in einem vertikalen Abstand von bis zu 600 Metern zu über- oder zu unterfliegen. Die Forschenden bereiten damit operationelle Verfahren zur Kondensstreifenvermeidung für zukünftige Routine-Einsätze vor. Anhand vom DLR bereitgestellter Satellitenbilder wird der Erfolg der Kondensstreifenvermeidung bis zum Abschluss des Projekts Ende des Jahres überprüft.

„Die Versuchsreihe zeigt uns, dass es prinzipiell möglich ist, beim realen Flugverkehr klimafreundlichere Routen und Höhen zu nutzen“, sagt Prof. Robert Sausen vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen. „Das Experiment macht deutlich, welche technischen und operationellen Herausforderungen zu meistern sind, wenn man derartige Maßnahmen im größeren Umfang durchführen möchte.“ Während der Versuchsreihe bewerteten die Forschenden die technische Machbarkeit der Kondensstreifenvermeidung mittels Flugführungsmaßnahmen, die Genauigkeit der Wettervorhersagen zu eisübersättigten Regionen sowie die betriebliche Umsetzbarkeit bei bestimmten Verkehrsbelastungen.

Andere Mittel zur Vermeidung von eisübersättigten Regionen, wie prätaktische Planung, seitliche Ausweichmanöver oder Änderungen am Flugzeugdesign, waren nicht Gegenstand dieses Forschungsprojekts. Flugzeuge, die Reiseflughöhen oberhalb oder unterhalb der vorhergesagten eisübersättigten Regionen anforderten, wurden im Steig- oder Sinkflug durch diese Regionen geleitet. Hier kann zukünftig auch ein modifizierter Ansatz vorgeschlagen werden. Die Forschenden sind zuversichtlich, dass die Ergebnisse der MUAC/DLR-Versuchskampagne dazu beitragen, die Luftfahrt zukünftig klimafreundlicher zu gestalten.

Ruß, Eiskristalle, Kondensstreifen
Flugzeugtriebwerke stoßen Wasserdampf und Rußpartikel aus. Der emittierte Wasserdampf führt bei passenden atmosphärischen Bedingungen zur Bildung von Kondensstreifen, die am Himmel sichtbar werden. Bei passender Feuchte der Atmosphäre können diese Kondensstreifen langlebig sein (bis zu mehreren Stunden) und werden so als Kondensstreifen-Zirren am Himmel sichtbar. Die emittierten Rußpartikel, die als zusätzliche Kondensationskeime wirken, verändern Größe und Anzahl der Eispartikel in einem Kondensstreifen und beeinflussen so deren Lebensdauer und Strahlungswirksamkeit. Kondensstreifen-Zirren können je nach Sonnenstand und Untergrund lokal eine wärmende oder kühlende Wirkung entfalten. Dabei zeigen Forschungsarbeiten, dass global die wärmende Wirkung überwiegt. Das Auftreten dieser Wolken ist zeitlich und räumlich äußerst variabel, so dass einige wenige Kondensstreifen-Hotspots für einen großen Teil der wärmenden Wirkung verantwortlich sind. Diese zu vermeiden zeigt ein großes Potential für das klimafreundliche Fliegen von morgen.

DLR – Forschung für einen klimaneutralen Luftverkehr
Die Folgen des Klimawandels fordern unser Handeln für einen klimaneutralen Luftverkehr. Dabei geht es um neue Technologien die auch in Zukunft eine globale Mobilität gewährleisten. Mit 25 Instituten und Einrichtungen in der Luftfahrtforschung treibt das DLR diesen Wandel mit nachhaltigen Technologien für eine zukunftsfähige umweltverträgliche Luftfahrt voran. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch unsere Kompetenzen aus den Forschungsprogrammen Raumfahrt, Energie und Verkehr.

Das DLR verfügt über Systemkompetenz in der Luftfahrtforschung und sieht sich in der Funktion eines Architekten. Das Ziel des DLR ist eine „emissionsfreie Luftfahrt“ um die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Dabei müssen die Forschungsergebnisse direkt in die Entwicklung neuer Produkte einfließen.

Auf dem Weg zum klimaverträglichen Luftverkehr besteht ein erheblicher Forschungs- und Entwicklungsbedarf, der einer kontinuierlichen Förderung und Unterstützung bedarf. Vieles davon muss in den Grundlagen erforscht, praktisch erprobt und zugelassen werden. Das DLR kann das mit Großanlagen wie seinen Forschungsflugzeugen, Antriebsdemonstratoren und Großrechnern. Im Jahr 2020 hat das DLR gemeinsam mit dem BDLI das Whitepaper „Zero Emission Aviation“ veröffentlicht. Aktuell arbeitet das DLR an einer ZERO-EMISSION-Strategie.


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