Technologie

Komponenten von Elektro­autos effizient de­montieren

Komponenten von Elektroautos effizient demontieren
Im Projekt ist vielfältige Hardware für die automatisierte Demontage entstanden, so beispielsweise dieser Kleinteilegreifer.
Rainer Bez | Fraunhofer IPA

[Fraunhofer IPA] – Im April endete das Forschungsprojekt „DeMoBat“. Darin erarbeiteten zwölf Verbund­partner Konzepte und Anwendungen, um Komponenten von Elektro­autos nachhaltig und wirt­schaftlich handhaben und wieder­aufbereiten zu können und somit keine wertvollen Roh­stoffe zu verschwenden. Die Projekt­koordination lag beim Fraunhofer IPA, gefördert wurde es vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energie­wirtschaft Baden Württemberg.

Der Beschluss des EU-Parlaments über das Verbrenner-Aus ab 2035 hat es besiegelt: Die Zukunft der Auto­mobil­branche liegt in der Elektro­mobilität. Und schon heute fahren immer mehr Elektroautos auf den Straßen. Weil ein Batterie­system jedoch nur eine durch­schnitt­liche Lebensdauer von etwa zehn Jahren hat, wächst der Berg an ausgedienten Batterien und damit das Problem der Entsorgung und des Recyclings der elektrischen Komponenten. Außerdem hat die diesjährige Auto­mobil­messe in Shanghai gezeigt, dass der Umstieg zum E-Auto auch die Verhält­nisse auf dem weltweiten Automarkt verändert und deutsche Hersteller nicht ohne weiteres an ihre bisherige Führungs­rolle anknüpfen können.

„Ein entscheidender Faktor, um im Wettbewerb bestehen zu können, sind die Verfüg­barkeit und Kosten der Rohstoffe, die für Batterien und E-Motoren nötig sind“, erklärt Professor Alexander Sauer, Leiter des Fraunhofer IPA sowie des Projekts. „Umso wichtiger ist es, ausgediente Batterien, die noch wertvolle Roh­stoffe enthalten, nicht einfach zu schreddern, wie es bisher üblich ist.“ Die Grund­voraussetzung, um Batterie­komponenten wieder­verwenden zu können, ist jedoch, dass die Bestandteile einer Batterie sortenrein demontiert werden können.

Stärkung der deutschen Automobilindustrie
Genau daran arbeiteten seit Ende 2019 zwölf Forschungspartner im baden-württem­bergischen Projekt DeMoBat (Industrielle Demontage von Batterien und E-Motoren). Sie entwickelten neue Konzepte und Technologien, um die elektrischen Komponenten so handhaben und aufbereiten zu können, dass möglichst wenig Abfall entsteht und wenig verwendete Rohstoffe verloren gehen. Gerade für Baden-Württemberg, das sehr stark von der Automobil­industrie geprägt ist, ist ein solches Forschungs­vorhaben entscheidend, weshalb die Förderung auch vom dortigen Umwelt­minis­terium übernommen wurde. Am 25. April präsentierten die Projekt­partner ihre Ergebnisse beim Abschluss­treffen am Fraunhofer IPA.

Modellierung und Analyse der Demontage in der zirkulären Wertschöpfung
Um die übergeordneten Projektziele zu erreichen, nämlich mehr Nachhaltigkeit im Umfeld der Elektro­mobilität, die Sicherung wirtschaftsstrategischer Rohstoffe und die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg und Deutschlands, bedurfte es eines ganzheitlichen Ansatzes.

Im Projekt wurden deshalb zunächst die rechtlichen Rahmenbedingungen untersucht. Hinzu kam eine Analyse der Marktpotenziale und Rücklaufmengen von Autobatterien. Daraus leiteten die Projektpartner mögliche Geschäftsmodelle ab und bewerteten diese. Ein neu entwickeltes Life-Cycle-Datenmanagement ergänzte die Arbeiten, ebenso wie eine Kostenanalyse von Demontage- und Recyclingnetzwerken bis ins Jahr 2050.

Demontagegerechtes Batteriedesign
Ein wichtiger Aspekt für die industrielle Demontage ist ein entsprechendes Design der Batterien, das heißt, wie eine Batterie gestaltet sein soll, um manuell oder roboterbasiert reparier- bzw. demontierbar zu sein. Eine Schwierigkeit dabei sind die zahlreichen unterschiedlichen Batteriemodelle der verschiedenen Automarken und -modelle, deren Bauweise aktuell noch ungünstig für ein Recycling oder alternative Kreis­lauf­wirtschafts­strategien ist. Ein Ergebnis im Projekt ist eine Handlungs­empfehlung für ein recycel­freudiges Design. Die demontage­gerechte Batterie wurde zudem proto­typisch aufgebaut und umfangreich untersucht.

Komponenten von Elektroautos effizient demontieren

Zum Öffnen von Klebeverbindungen zwischen Ober- und Unterschale einer Batterie ist das Werkzeug namens „Knacker“ entwickelt worden.
Rainer Bez | Fraunhofer IPA

Kapazität und Handhabung von Batterien
Zu Beginn müssen die Batterien auf noch vorhandene Kapazität und Alters­erscheinungen getestet werden. Auch Temperatur­analysen können hier einfließen. Dann folgen Tests der Handhabung, das heißt, wie sich die Batterien öffnen lassen und Komponenten entnommen werden können. Dafür entstand in DeMoBat ein roboterbasierter Demonstrator. Zudem wurden benötigte Werkzeuge entwickelt, die beispielsweise Objekte greifen und Schrauben bzw. Verbindungen lösen können. Dies erfordert auch eine leistungsstarke Bildverarbeitung, die eine Vielzahl an Schrauben, Kabeln etc. erkennen können muss. Hinzu kommt, dass die Komponenten beispielsweise durch Alterungseffekte nicht immer gut erkennbar sind.

Im Projekt wurden 25 Technologien konzeptioniert und getestet, von denen 8 vollumfänglich als Demonstrations- und Erprobungsroboterwerkzeuge aufgebaut wurden und für den industriellen Dauerbetrieb einsetzbar wären. Zudem wurde ein flexibles Demontagesystem entwickelt, das eine zerstörungsfreie Demontage bis auf Zellebene abbilden kann. Ein wichtiger Bestandteil des flexiblen Demontagesystems ist das Sicherheitskonzept, bei dem die Temperatur als möglicher Indikator einer Kettenreaktion genutzt wird, sollte eine Batterie in Brand geraten.

Wiederverwendung chemischer Rohstoffe durch Hochdruck­wasserstrahl
Die Partner strebten zudem an, einen effizienten Wertschöpfungskreislauf zu etablieren, der zunächst durch mechanische Trennung und Rückführung der im Batteriepack enthaltenen Bestandteile erfolgen soll. Das eingesetzte wasserbasierte Recycling ist eine neuartige Form der direkten Wiedergewinnung von Schwarzmasse. Neben einer teilautomatisierten Öffnung und Separierung der Zellbestandteile wird ein Hoch­druck­wasser­strahl eingesetzt, um die Elektrodenbeschichtung von den Trägerfolien abzulösen. Die durchgeführte ökobilanzielle Untersuchung (engl. Life Cycle Assessment, LCA) verdeutlicht den Effizienzgewinn: Das Treibhauspotenzial verringerte sich um den Faktor 10 bis 20. So können Rezyklate mit geringem CO2-Fußabdruck bereitgestellt werden, was bei hoher Beimengung die produktionsbezogenen Treibhausgasemissionen bedeutend reduziert.

Automatisierte Demontage von elektrischen Antriebsaggregaten
Außerdem wurden Technologien für Industrieroboter mit spezialisierten, selbst­konstruierten Werkzeugen entwickelt, mithilfe derer elektrische Antriebs­aggregate automatisiert demontiert werden können. Auch hier kommen unterstützende Bild­verarbeitungs­systeme zum Einsatz, die Schrauben und Bauteile erkennen und das manuelle Teachen der Roboter für jeden einzelnen Prozessschritt ersparen. Um Kollisionen des Roboters mit Bauteilen zu verhindern, erfolgt nach jedem Demontage­schritt eine Erfolgskontrolle über Sensoren und 3D-Kamerasysteme. Eine an­schließende Signalübertragung an die zentrale Prozesssteuerung gewährleistet einen sicheren Prozessablauf.

Wissens- und Technologietransfer im neuen Erprobungszentrum
Die in DeMoBat entwickelten Technologien bilden die Grundlage für den Aufbau eines Erprobungszentrums, in dem neue Formen der Batterieproduktion entwickelt und getestet werden können, aber auch das Recycling von E-Komponenten weiterentwickelt wird. „Damit trägt das Projekt dem essenziellen Technologietransfer Rechnung, mithilfe dessen Baden-Württemberg wie auch Deutschland beim Thema E-Komponenten-Recycling in eine Spitzenposition gebracht werden sollen“, betont Professor Kai Peter Birke, der am Fraunhofer IPA das Zentrum für digitalisierte Batteriezellenproduktion leitet.

Ausblick
Auch nach dem erfolgreichen Abschluss von DeMoBat laufen am Fraunhofer IPA Projekte zu den Themen Nachhaltigkeit und Automatisierung von Recyclingprozessen. Im Projekt „Desire4Electronics“ werden Lösungen der automatisierten Demontage von Elektro­kleingeräten für deren Wieder­aufarbeitung gesucht. Ziel des Projektes „ProDiREC“ ist, eine nachhaltigere Nutzung der seltenen Rohstoffe in der Lithium-Ionen-Batterien-Produktion zu ermöglichen. „ReNaRe“ forscht an der roboterbasierten Demontage von zukünftigen Elektrolyseuren.