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Glasfaser-Sensoren detektieren Wasserstoff-Konzentration

Glasfaser-Sensoren detektieren Wasserstoff-Konzentration
Quelle: Fraunhofer |– iStock

[Fraunhofer HHI] Wasserstoff spielt in der deutschen Energie- und Klimapolitik eine zentrale Rolle. Kommt er zum Einsatz, sind Sicherheits­maßnahmen von entscheidender Bedeutung. Denn im Unterschied zu anderen gasförmigen oder flüssigen Energieträgern besteht bei Wasserstoff neben einer erhöhten Brandgefahr durch Leckagen unter bestimmten Bedingungen auch Explosions­gefahr. Um die Sicherheit im Umgang mit Wasserstoff noch weiter zu erhöhen, arbeiten Forschende am Fraunhofer-Institut für Nachrichten­technik, Heinrich-Hertz-Institut, HHI an Glasfaser-basierten Sensoren zu dessen Detektion, die herkömm­lichen Sensoren in vielerlei Hinsicht überlegen sind.

Um die gesetzten Klimaziele zu erreichen und die globale Erwärmung einzudämmen, müssen alle Staaten den Anteil an fossilen Energieträgern schnellst­möglich auf ein Minimum reduzieren. Als nachhaltige Alternative wird verstärkt auf Wasserstoff­technologien gesetzt – vor allem im Produktions- und Mobilitätssektor. Überall wo mit Wasserstoff gearbeitet wird, er gelagert, transportiert und weitergeleitet wird, dürfen entsprechende Sicherheits­vorkehrungen nicht fehlen. Denn obwohl Wasserstoff nicht giftig ist, er weniger wiegt als Luft und somit nach oben steigt, kann es zu gefährlichen Situationen kommen: Überschreitet nämlich die Wasserstoff­konzentration in der Luft einen Schwellenwert von vier Prozent, was bei ausreichend Druck in einem Wasserstofftank oder bei mangelnder Belüftung eines Raumes schnell erreicht werden kann, genügt eine kleine Zündquelle, ein einzelner Funken, um eine Explosion auszulösen.

Klein, gut integrierbar und ohne immanentes Sicherheitsrisiko
Dies gilt es vorausschauend zu verhindern und Dr. Günter Flachenecker, Senior Scientist am Fraunhofer HHI, weiß, wie. An der Außenstelle Abteilung Faseroptische Sensorsysteme des Fraunhofer HHI in Goslar forscht der promovierte Physiker zusammen mit seinem Team an Möglichkeiten zur Wasserstoff­detektion mithilfe von Glasfaser-Sensoren: „Herkömmliche Sicherheits­sensoren, die zur Erfassung von Wasserstoff derzeit kommerziell verfügbar sind – das sind in der Regel katalytische Wärme­tönungs­sensoren oder elektrochemische Zellen –, benötigen eine elektrische Stromversorgung. Beide Varianten könnten so, wenn das Gerät oder die elektrischen Zuleitungen einen Defekt aufweisen, im schlimmsten Fall selbst als Zündquelle die Explosion auslösen, die sie eigentlich verhindern sollten“, erklärt Flachenecker. „Bei unseren Glasfaser-Sensoren besteht diese Gefahr nicht. Gleichzeitig müssen sie nicht aufwändig verkabelt werden, sind klein und lassen sich gut in verschiedenste Strukturen der zu überwachenden Anlage oder des Fahrzeugs integrieren.“

Lichtleitende Glasfasern sind aufgrund ihres geringen Durchmessers von etwa einem Viertel Millimeter und ihrer Robustheit geradezu prädestiniert für sensorische Applikationen in einer sicherheits­relevanten Umgebung. Damit eine Glasfaser zum Wasserstoff­sensor wird, muss sie an verschiedenen Stellen modifiziert werden. Hierfür werden zunächst mit einem Laser bestimmte Strukturen in den Glasfaser-Kern eingeprägt, sodass ein sogenanntes Faser-Bragg-Gitter entsteht – eine periodische Brechungs­index­modulation, die dafür sorgt, dass Licht bei einer bestimmten Wellenlänge reflektiert wird.

Dass die Glasfaser nun speziell auf Wasserstoff reagiert, wird erreicht, indem rund um den Glasfaser-Mantel eine spezifische funktionelle Beschichtung aufgetragen wird: „Wir arbeiten mit katalytischen Schichten, zum Beispiel Palladium oder Palladium­legierungen“, so Flachenecker. „Palladium hat die Eigenschaft, dass es Wasserstoff aufsaugt, ähnlich wie ein Schwamm. Sobald die beiden Stoffe aufeinandertreffen, zerfällt der Wasserstoff in seine atomaren Fragmente und die freigesetzten Wasserstoffatome dringen in das Kristallgerüst des Palladiums ein. Dies führt zu einer Dehnung in der Glasfaser, die sich über das eingebaute Faser-Bragg-Gitter augenblicklich als Veränderung in den rückgemeldeten Lichtimpulsen messen lässt. Sobald die Wasserstoff­konzentration in der Luft dann wieder abnimmt, löst sich der Wasserstoff auch wieder aus dem Palladium.“ Die Beschichtung trägt dadurch also keinen Schaden davon und der Sensor kann wiederverwendet werden. Gleichzeitig funktioniere der beschriebene Vorgang nur, weil Wasserstoff­atome sehr klein sind, betont Flachenecker. Andere Stoffe können auf diesem Wege nicht in die Palladium­schicht eindringen.

Potenzial in vielen verschiedenen Anwendungskontexten
Doch das ist nicht die einzige Methode, die von den Forschenden getestet wurde. So ist eine Wasserstoff­detektion auch mit Glasfasern möglich, deren Mantel weggeätzt wurde, oder mit einer sehr dünnen Schicht aus Nanopartikeln, die auf den Glasfaser-Mantel aufgetragen werden. „Das ist eine große Spielwiese und es gibt einiges, was wir noch ausprobieren wollen“, sagt Flachenecker. „Entscheidend ist es für uns, Möglichkeiten zur Wasserstoffdetektion zu finden, die schnell genug sind, um Unfälle zu verhindern, und die zuverlässig im benötigten Empfindlichkeitsbereich reagieren. Und da sind wir aktuell auf einem sehr guten Weg.“

In der Praxis könnten die neuen Glasfaser-Sensoren zum Beispiel integraler Bestanteil von Fahr­zeugen mit Wasserstoff­antrieb werden und zur Überwachung von Wasserstoff­tankstellen, Auto­werkstätten oder Elektro­lyseuren eingesetzt werden. Auch der Aufbau eines größeren Sensornetzwerks, das eine Wasserstoff-Infrastruktur an vielen Stellen gleichzeitig überwacht, ließe sich leicht umsetzen. Die Elektronik für die Messdaten­aufnahme, also zum Beispiel ein Spektrometer für die optische Auswertung der Glasfaser-Sensoren, kann räumlich beliebig weit entfernt an einem sicheren Ort installiert sein. Wird eine bestimmte Wasserstoff­konzentration überschritten und der Sensor schlägt an, so wird das je nach konkretem Anwendungsfall angebundene Alarmmanagement ausgelöst und spezifische Maßnahmen, zum Beispiel ein akustisches Warnsignal, das Schließen von Ventilen oder das Öffnen von Fenstern können in Sekunden­schnelle eingeleitet werden.

Das derzeitige Forschungsprojekt unter der Leitung von Günter Flachenecker wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert und findet in Kooperation mit einem lokalen Brandschutzunternehmen statt. Es startete vor zwei Jahren und endet nach einem derzeit noch nicht abgeschlossenen Praxistest, bei dem die Glasfaser-Sensoren in LKWs eingebaut werden, im Sommer. Anschließend ist ein Folgeprojekt geplant, in dem die neuen Sensoren noch ausführlicher getestet und weitere vorbereitende Schritte in Richtung Zertifizierung und Kommerzialisierung unternommen werden sollen. Das Ziel ist klar: Ein noch sichereres und unfallfreies Arbeiten mit Wasserstoff.