Technologie

Frachtdrohne & Hubschrauber: Zusammenspiel der Luftfahrzeuge

Frachtdrohne umfliegt Rettungshubschrauber
Bild: DLR

[DLR] – Drohnen und Drohnentechnologien werden unseren Alltag verändern. Von der Frachtdrohne bis zum Flugtaxi könnten sie bald häufiger am Himmel präsent sein. Damit Drohnenflüge in den nächsten Jahrzehnten Routine werden, braucht es klar definierte Regularien, festgelegte Flugkorridore und ein sicheres Flugverkehrsmanagement für die neuen Luftraumteilnehmer. Denn der klassische Luftverkehr und die zukünftigen unbemannten Fluggeräte müssen reibungslos und zuverlässig nebeneinander sicher betrieben werden.

Um ein praxisnahes Verkehrsmanagement für den unbemannten Luftverkehr zu entwerfen und zu testen, sind Flugversuche essentiell. Eine Groß­demonstration fand nun im Rahmen des EU-Projekts CORUS-XUAM statt. Erstmals flog die Frachtdrohne „VoloDrone“ von Volocopter am Nationalen Erprobungszentrum für unbemannte Luftfahrtsysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Am Flughafen Magdeburg-Cochstedt standen Ausweichprozeduren bei unerwarteten Konfliktsituationen im Mittelpunkt. Zwei Szenarien für die urbanen Räume in London und Frankfurt am Main wurden erprobt. Am 30. November 2022 präsentierte das multinational kooperierenden Forschungsteam von DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, DLR, Droniq, NATS und Volocopter die Flugversuche.

„Das nationale Drohnen­testzentrum des DLR in Cochstedt ist ein einmaliges Reallabor zur Erprobung aller mit dem Einsatz von unbemannten Luft­fahrzeugen im Zusammenhang stehenden Technologien. Um die Integration des unbemannten Luftverkehrs in den regulären Flugbetrieb zu erproben, stellen wir unseren Kunden und Partnern aus Forschung, Wirtschaft sowie Behörden umfangreiche Testmöglichkeiten für neue Luftverkehrs­konzepte zur Verfügung“, sagt die DLR-Vorstands­vorsitzende Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla. „Multinationale Forschungsprojekte wie CORUS-XUAM bringen entscheidende Stakeholder zusammen. Gemeinsam arbeiten wir daran, ein zukunfts­fähiges Luftverkehrs­management für unbemannte Fluggeräte mit der Vision des U-Space zu etablieren. Damit etablieren wir die internationale Vorreiterrolle Deutschlands und Europas für diese neuen Luftfahrttechnologien. Flugversuche und die dafür in Cochstedt geschaffenen Rahmen­bedingungen sind dafür ein wichtiger Schritt.“

Bislang basiert die klassische Flugsicherung neben einem umfangreichen Regelwerk für den klassischen Flugverkehr größtenteils auf dem Funkkontakt zwischen Piloten und Fluglotsen. Für den Betrieb einer Vielzahl unbemannter Luftfahrzeuge wird zukünftig ein hochgradig automatisiertes System benötigt, dass die klassische Flugsicherung ergänzt. Dazu wird aktuell EU-weit das Konzept des U-Space erarbeitet. Drohnenflüge sollen künftig vom Start über den aktiven Flug bis hin zur Landung über einen U-Space gemanagten Luftraum operieren.

Automatisierte Flugführung mit Ausweichprozeduren
Bei den Flugversuchen in Cochstedt wird jeweils ein Lufttaxi-Szenario für die Verbindung Innenstadt – Großflughafen für die Metropolregionen London und Frankfurt am Main erprobt. In den Szenarien erfolgten die Fluganfrage, die Flugplanung sowie die Flugdurchführung vom Start bis zur Landung vollständig über digitale Schnittstellen der Stakeholder. Dabei gestaltete sich der simulierte Ablauf wie folgt: Nach Zuweisung eines verfügbaren Vehikels sendet der Betreiber eine Auswahl möglicher Flugrouten zur Prüfung an das U-Space-Luftverkehrsmanagementsystem. Bei der Prüfung wird der vollständige aktuelle Flugverkehr (IFR, VFR, UAS) berücksichtigt und eine sichere, konfliktfreie Route mit Hilfe des U-Space-Services „Conflict detection and resolution“ identifiziert. Diese wird an den Flugtaxi-Betreiber zurückgespielt, der nun die ihm vorgegebene Route nach Plan abfliegt.

Im Falle einer unvorhergesehenen Störung der Route durch andere Verkehrsteilnehmer wird die ausgewählte Route für das Lufttaxi über die digitale Schnittstelle aktualisiert und der Flug umgeleitet. Die Lotsen der Flugsicherung für den bemannten Flugverkehr bekommen das Flugtaxi auf dem Radar angezeigt, ohne dieses aktiv managen zu müssen. Ihre einmalige Freigabe für eine angefragte Flugtaxi-Route genügt.

„Wir übernehmen bei den CORUS-XUAM-Flugversuchen in Cochstedt im Detail die Bereitstellung eines U-Space-Dienstes, der sowohl in der Planungsphase als auch während des aktiven Fluges Routenkonflikte eines Flugtaxis erkennen und auflösen kann“, erklärt Karolin Schweiger vom DLR-Institut für Flugführung. „Dadurch wird sichergestellt, dass das Flugtaxi auch während es in der Luft ist, sicher mit spontan aufkommenden und unvorhersehbaren Verkehrsteilnehmern wie Rettungshubschraubern interagieren kann.“

Frachtdrohne

Volodrone auf dem Vorfeld des DLR-Drohnenzentrums in Cochstedt. Bild: DLR

Fallbeispiel: Frachtdrohne umfliegt Rettungshubschrauber
Auf dem Drohnen-Testgelände in Cochstedt war konkret zu sehen, wie die VoloDrone im Maßstab verkleinerte Routen abfliegt. Für das Szenario „Frankfurt am Main“ war das die nachgestellte Strecke zwischen der Messe Frankfurt und dem Flughafen Frankfurt. Für das Szenario London war dies eine potentielle Strecke zwischen London City Airport und Heathrow Airport. Für beide Szenarien wurden geeignete Positionen für Vertiports, den Start- und Landeplätzen zukünftiger Lufttaxis, festgelegt.

Ein besonderer Fokus lag bei den Flugversuchen auf der Erprobung von Manövern, die auch kurzfristig helfen, Konflikte zu vermeiden. Beispielhaft sind hier Rettungsflüge, die Vorrang bekommen. Dies wurde in den Flugversuchen anschaulich mit einem Rettungshubschrauber des ADAC nachgestellt. Im „Frankfurt“-Szenario passte die Frachtdrohne automatisiert ihren Flugpfad an, um dem Rettungshubschrauber auszuweichen. Im „London“-Szenario erprobten die Forschungsteams, wie die Verringerung der Geschwindigkeit der VoloDrone genutzt werden könnte, um den Abstand zum regulären Flugverkehr aufrechtzuerhalten oder um mehr Zeit für die Durchführung von Bodenoperationen zur Vorbereitung der Ankunft am Zielflughafen zu gewinnen.

Die in den Flugversuchen erstmals in Cochstedt eingesetzte VoloDrone wird von Volocopter entwickelt, um zukünftig vollelektrisch bis zu 200 Kilogramm Fracht in bis zu 40 Kilometer Entfernung per Flug zu liefern.