Technologie: Wissenschaft

FlyGrid: Schwungrad-Energiespeicher als Ladestation

FlyGrid-Prototyp
FlyGrid-Prototyp
Bild: Energie Steiermark

[TU Graz] – Mit „FlyGrid“ stellt ein Projektteam unter Leitung der TU Graz den Prototypen eines Schwungradspeichers vor, der lokal Strom speichern und mittels Schnell­lade­techno­logie abgeben kann.

Innovative Lade- und Speicherlösungen haben durch die wachsende Verfügbarkeit erneuerbarer Energien wie Sonnen-, Wind- und Wasserkraft und die Steigerungen im Bereich Elektromobilität stark an Bedeutung gewonnen. Sie sollen Erzeugungs­über­schüsse für jene Zeiten speichern, in denen die Erneuerbaren keinen Strom liefern, sollen die Netzstabilität erhöhen und eine angemessene Ladeinfrastruktur bereitstellen. Mit FlyGrid stellt ein Projektkonsortium aus Universitäten, Energieversorgern, Unternehmen und Start-ups den Proto­typen eines Schwungrad­speichers vor, der in eine voll­auto­matisierte Schnell­lade­station integriert wurde und so die verbesserte Nutzung lokaler volatiler Quellen ermöglicht.

Nach mehrmonatigem Testbetrieb von FlyGrid an der Montanuniversität Leoben wurde der Schwungrad­speicher nun bei der Energie Steiermark in Betrieb genommen, um ihn dort unter realen Bedingungen weiter zu verbessern. Der Pufferspeicher des Prototyps verfügt über einen Energieinhalt von fünf Kilowattstunden und bietet eine Ladeleistung von 100 kW. Größere Speichermengen sind durch das modulare Design ebenfalls möglich.

Obwohl die Technologie des Schwungradspeichers mit zu den ältesten Formen der Energiespeicherung zählt, eine der ersten Varianten war die Töpferscheibe, war es für die Entwicklung von FlyGrid notwendig, die Teilsysteme und Komponenten an neue Erfordernisse anzupassen. Zur mechanischen Energiespeicherung wird hier ein Rotor – das namensgebende Schwungrad – mittels eines Elektromotors auf eine hohe Drehzahl beschleunigt und die Energie als Rotationsenergie gespeichert. Zurückgewonnen wird die Energie, indem der Rotor seine Rotationsenergie an einen Generator abgibt. Die komplette Entwicklung und Fertigung dafür fanden in Österreich statt.

Lebensdauer nicht von Ladezyklen abhängig
Besonderes Augenmerk legten die Entwicklungspartner auf die Wälzlager, wobei hier Wälzlagerhersteller myonic federführend war. Die Lager müssen Drehzahlen von bis zu 30.000 Umdrehungen pro Minute bei einem Rotorgewicht von 160 Kilogramm standhalten. Da die im Rotor speicherbare Energiemenge durch die Fliehkraftbelastung limitiert ist, kam für dessen Fertigung hochfeste Kohlefaser zum Einsatz. Für den Kohle­faser­verbund-Rotor hat Projektpartner FWT ein spezielles Herstellungs­verfahren entwickelt. Die Beschleunigung des Rotors übernimmt ein verlustoptimierter, synchroner Reluktanz­motor, der bei der Firma Thien eDrives entstanden ist. Die Wahl fiel auf diese Elektro­motor­technologie, weil sie einen sehr hohen Wirkungs­grad erreicht und ohne Magnete sowie seltene Erden auskommt.

Um die Ladeleistung zu halten, verbraucht der Motor allerdings Energie, womit sich der Speicher über die Zeit entlädt. Ohne Energiezufuhr ist der Speicher nach ca. 25 Stunden vollständig entladen. Daher ist FlyGrid als Kurzzeitspeicher zu sehen, der sich nur dann rentiert, wenn oft Energie eingespeist und auch entnommen wird. Verpackt ist das System in ein eigens entwickeltes Sicherheitsgehäuse. Ein Vorteil von FlyGrid ist die zu erwartende hohe Lebensdauer, die im Gegensatz zu Batterien nicht von der Anzahl der Ladezyklen oder dem Alter abhängig ist.

Zusätzlich zur Energiespeicherung und -abgabe wurde im Rahmen des Projekts rund um den Speicher ein holistisches Konzept entwickelt, das auch Aspekte der Energie­ver­sorgung, der Netzbelastung und der Lade­infrastruktur betrachtet. Das spiegelt sich in den vorgesehenen Einsatz­bereichen von FlyGrid wider. So sollen unter anderem lokale volatile Quellen wie PV-Anlagen integriert werden, deren Energie nicht nur zum Laden, sondern auch zur Einspeisung hoher Leistungen ins Netz gespeichert werden kann. Auch als mobile Schnellladebox, z.B. für elektrifizierte Baumaschinen, ließe sich FlyGrid nutzen. Im Bereich Ladetechnik hat Projektpartner easelink sein vollautomatisiertes Ladesystem Matrix Charging beigesteuert.

FlyGrid-PrototypBild: Energie Steiermark

FlyGrid Projektleiter Armin Buchroithner vom Institut für Elektrische Messtechnik und Sensorik der TU Graz.
Helmut Lunghammer | TU Graz

Sinnvolle Ergänzung zu vorhandenen Lösungen
„Die zunehmende Elektrifizierung der Mobilität und auch der Industrie sowie der Ausbau volatiler erneuerbarer Energiequellen sind eine Heraus­for­derung für unsere Stromnetze. Daher ist es wichtig, Lösungen anzubieten, die einerseits das Stromnetz entlasten und andererseits die Nutzung der E-Mobilität erleichtern“, erklärt Projektleiter Armin Buchroithner vom Institut für Elek­tri­sche Messtechnik und Sensorik der TU Graz. „Neben Lösungen wie chemischen Batterien oder Pump­speicher­kraftwerken bietet FlyGrid mit seinem Schwungradspeicher ein langlebiges System, das eine hohe Leistung bietet. Damit ist FlyGrid eine sinnvolle Ergänzung, die in kleinerem und größerem Maßstab den Umstieg auf erneuerbare Energien unterstützt.“

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen des Programms „Leuchttürme der Elektromobilität“ durchgeführt. Neben der TU Graz sind folgende Projektpartner beteiligt:
• myonic GmbH
• easelink GmbH
• Energienetze Steiermark
• Energie Steiermark
• Montanuniversität Leoben
• SECAR Technologie GmbH
• FWT COMPOSITES & ROLLS GmbH
• THIEN eDrives GmbH
• DAU GmbH & Co KG