[Obermeyer] – Digitale Bestandserfassung durch Befahrung: Am 13. und 15. April 2021 führte der österreichische Digitalisierungsexperte für Bahninfrastruktur Track Machines Connected (tmc) im Auftrag des Generalplaners, der Obermeyer Infrastruktur GmbH & Co. KG, auf der Bahnstrecke Karlsruhe–Basel insgesamt acht Befahrungen des Planfeststellungsabschnitts 7.1 („Tunnel Offenburg“) durch. Dabei kam das hochinnovative Messfahrzeug EM 100VT von Plasser & Theurer, welches bei der Innotrans 2018 als Weltneuheit vorgestellt worden war, zum Einsatz.
Die „Rheintalbahn“ von Mannheim nach Basel ist mit ihren rund 270 Kilometern Länge eine der ältesten und am stärksten befahrenen Eisenbahnstrecken Europas. Aufgrund bestehender Engpässe wird die Strecke zwischen Karlsruhe und Basel im Auftrag der DB Netz AG viergleisig aus- und teilweise auch neu gebaut. Herzstück des ca. 15,5 Kilometer umfassenden Teilabschnitts zwischen Appenweier und Hohberg (Planfeststellungsabschnitt 7.1) ist der 11 km lange Tunnel Offenburg.
Bestandserfassung 2.0: der digitale Zwilling
Im Zuge der Digitalisierung der Planung führte tmc im Auftrag von Obermeyer im April in diesem Abschnitt (zwischen Appenweier und Lahr) insgesamt achtmal eine Befahrung mit dem Messfahrzeug EM 100VT durch. Dabei wurden alle durchgehenden Hauptgleise der Strecken 4000 („Rheintalbahn“) und 4280 („NBS Karlsruhe – Basel“) zwischen dem Bahnhof Appenweier und dem Überholbahnhof Niederschopfheim redundant erfasst. Das Ergebnis ist die digitale Abbildung der kompletten Strecke, ein „Digitaler Zwilling“, auf dessen Basis letztendlich das mehrdimensionale, georeferenzierte und zentrale Bestandsmodell der Schieneninfrastruktur erstellt werden kann.
„Durch den Einsatz modernster Vermessungstechniken sollen belastbare Bestandsmodelle erzeugt und in unserem Projekt Tunnel Offenburg zum Einsatz kommen. Auf Grundlage aktueller und den Projekterfordernissen entsprechender Genauigkeit von Bestandsaufnahme und Bestandsmodellierung wird die Planung im Projekt Tunnel Offenburg verbessert und optimiert“, erklärt Mesut Yöney, BIM-Manager der DB Netz AG im Großprojekt.
Kaum Einschränkungen des laufenden Verkehrs
Jede Befahrung erfolgte mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h in Taktlücken des laufenden Verkehrs. So kam es beim Betrieb dieser vielbefahrenen Bahnstrecke kaum zu Beeinträchtigungen. Die durch insgesamt drei Laserscanner und zwei hochfrequente Kameras geschaffene Datengrundlage soll nun nach dem derzeitigen Post-Processing in einem künftigen Bestandsmodell weiterverwendet werden, welches Obermeyer als Basis für die BIM-Planung im Projekt erzeugen wird. So kann direkt in einer dreidimensionalen Umgebung geplant werden. Die zukunftsweisende Weiterentwicklung der Schieneninfrastruktur erfolgt mit dieser Datengrundlage ohne weitere Eingriffe in den laufenden Betrieb.
Der PfA 7.1 wird zum BIM-Projekt
Der aus der Bestandsaufnahme zu erzeugende Digitale Zwilling ermöglicht beim PfA 7.1 die vollständige Umstellung der im Jahr 2017 noch konventionell in 2D gestarteten Planungen auf die BIM-Methodik (Building Information Modeling). „Als BIM-Unternehmen setzt wir auf eine nachhaltige Entwicklung dieser Planungsmethode in unseren Gesamtplanungsprojekten der Infrastruktur unter Zuhilfenahme moderner Technologien. Gemeinsam mit der DB Netz AG als Auftraggeber wird BIM nach der Pilotierung im Jahr 2018 in unserem Projekt PfA 7.1 nun alltagstauglich eingesetzt und weiterentwickelt“ sagt Michael Gieschke, Gesamtprojektleiter für Obermeyer. „Wir schätzen die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der DB Netz AG. Nur gemeinsam mit einem zukunftsorientierten Auftraggeber kann die Weiterentwicklung von Bestandsaufnahme, Modellierung und Planung im BIM-Kontext vorangetrieben werden – ganz im Sinne der Umsetzung des Leitbildes Starke Schiene Deutschland“, ergänzt Maximilian Bade, verantwortlich für die BIM-Gesamtkoordination des Projekts bei Obermeyer.