Technologie

Anflugmanagement: Sicherheitskennzahlen sollen Kapazitäten steigern

Anflugmanagement von Großflughäfen: Mit Sicherheitskennzahlen Kapazitäten steigern
Dirk Vermeylen | pixabay

[TU Dresden] Prof. Hartmut Fricke und sein Team von der Professur für Technologie und Logistik des Luftverkehrs an der Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ der TU Dresden wollen das Anflugmanagement optimieren: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat nun den Förderantrag zum Thema „Sicherheitsoptimierte Anflugsteuerung auf große Flughäfen“ bewilligt.

Bei dem auf drei Jahre angelegten Projekt geht es darum, Sicherheit zu messen und als Kennzahlen in das Anflugmanagement von Großflughäfen zu integrieren. „Dadurch sollen weitere Steigerungen in der Ausschöpfung bestehender Infrastrukturkapazitäten (z. B. Luftraum- und Pistenkapazitäten) erreicht werden – unter unveränderter Beachtung und Einhaltung geltender internationaler Sicherheitsvorgaben und -standards“, erklärt Prof. Hartmut Fricke.

Ausgangslage für das Projekt ist die heutige kapazitätskritische Anflugsteuerung an (Groß-)Flughäfen. Sie unterliegt im operationellen Betrieb steten Schwankungen, bedingt durch Wetter und Verkehrszusammensetzung. Dabei werden derzeit nur betriebliche Leistungsindikatoren erfasst und die Sicherheit mittels stets konservativer Anwendung von Regeln „vor die Klammer“ gesetzt: Abgesichert wird das System somit bisher durch konservative – und damit kapazitätsrestriktive – Regeln zu Separationswerten zwischen den Luftfahrzeugen. Das System arbeitet dadurch zwar stets in einem sicheren, aber eben nicht gesamtoptimalen Betriebszustand.

Erhöhung des Automatisierungsgrades in der Flugsicherung
Hier setzt das TUD-Projekt an: Das aktuelle kapazitätskritische Anflugmanagement wird mittels an der Professur entwickelter Sicherheitsanalyseverfahren in einen Gesamtoptimierungsprozess mit besonderem Fokus auf die Luftverkehrssicherheit integriert. Durch die Integration der Sicherheitsbewertung als Online-Verfahren soll eine taktische Ebene erreicht werden, auf der Sicherheitsanalysen ständig in die Leistungsbewertung einfließen – und so zusätzliche Luftraum- und Pistenkapazitäten im Betrieb genutzt werden können.

Methodisch werden hierzu multi-objektive Optimierungsverfahren auf eine an der Professur vorliegende agentenbasierte Schnellzeitsimulation angewandt. Zudem soll auch erforscht werden, wie sich durch Einsatz eines solchen Verfahrens der Automatisierungsgrad in der Flugsicherung erhöhen lässt und wie diese zunehmende Automatisierung auf die Verkehrssicherheit wirkt.

Das konzipierte Sicherheits-/Leistungsanalysemodell soll mithilfe von Methoden des maschinellen Lernens und Verfahren der Systemmodellierung schließlich prognosefähig gemacht werden, um die erforderliche Voraussicht auf die kommende Verkehrslage zu ermöglichen. „Wir wollen das System exemplarisch für einen deutschen Flughafen validieren“, so Hartmut Fricke. Die Professur kooperiert dazu mit der DFS – Deutsche Flugsicherung GmbH sowie den Flughäfen München und Frankfurt.

In den vergangenen 75 Jahren hat sich der Luftverkehr enorm verdichtet und pendelt aktuell um die 3 Millionen kontrollierte Flüge pro Jahr allein über Deutschland und mehr als 10 Millionen Flüge über Europa (Quellen: Deutsche Flugsicherung, „Mobilitätsbericht“ 2018; Eurocontrol, „Performance Review Report (PRR)“ 2018). Dabei wird aufgrund der stetigen Konsolidierung der Luftverkehrsgesellschaften (wenige große verbleibend) offensichtlich, dass der Verkehr sich auf wichtigen Verbindungsstrecken, und damit Kontrollbezirke der Flugsicherung sowie schließlich Hub Airports nochmals stärker konzentriert, wobei insbesondere auch Deutschland aufgrund seiner zentralen geografischen Lage besonders belastet ist. Die Inhomogenität der Verkehrsdichte steigt und mit ihr die Komplexität des Verkehrs. Neue Methoden und Modelle sind gefragt, um eine optimale Steuerung und Auslastung mit dem obersten Ziel der zivilen Luftfahrt, der Sicherheit, in Einklang zu bringen.