Technologie: Wissenschaft

TU Ilmenau: Intelligente Werkstoffe für biologisch inspirierte Elektronik

TU Ilmenau erforscht intelligente Werkstoffe
Foto: TU Ilmenau | Christoph Gorke

[TU Ilmenau]Die Technische Universität Ilmenau hat den Zuschlag für eine Forschergruppe erhalten, die neuartige Werkstoffe für biologisch inspirierte Elektronik entwickeln wird. Mit solchen sogenannten memristiven Materialien können elektronische Bauelemente hergestellt werden, die die biologische Informationsverarbeitung zwischen Nervenzellen nachbilden. Damit lassen sich extrem energieeffiziente Elektroniken realisieren, die einen wichtigen Beitrag zur Verringerung der weltweiten Belastung an Kohlendioxid leisten. Das Verbundprojekt „Memristive Werkstoffe für die neuromorphe Elektronik (MemWerk)“ wird von der Carl-Zeiss-Stiftung im Rahmen des Programms „Durchbrüche“ mit 4,5 Millionen Euro für fünf Jahre gefördert.

Die digitale Revolution und der immer stärkere Einsatz von Künstlicher Intelligenz verändern Technologien und unsere gesamte Gesellschaft in nie dagewesener Weise. Damit gehen aber ein stetig wachsender Energiebedarf und immer höhere Kohlendioxid-Emissionen einher. Derzeit verbraucht die Hardware, die rund um den Globus in IT-Anwendungen eingesetzt wird, bereits ein Drittel der gesamten weltweit produzierten elektrischen Energie – Tendenz stark steigend: Wissenschaftliche Hochrechnungen prognostizieren, dass schon in rund 15 Jahren die gesamte weltweite Produktion an elektrischer Energie nicht mehr ausreichen wird, um den Leistungsbedarf der IT-Hardware zu decken.

Wissenschaftler der TU Ilmenau um den Leiter des Fachgebiets Mikro- und nanoelektronische Systeme, Prof. Martin Ziegler, setzen daher auf sogenannte neuromorphe elektronische Systeme, die eine weit höhere Energieeffizienz als heutige Elektroniken versprechen. In diesen von der Biologie inspirierten elektronischen Systemen sind memristive Werkstoffe der zentrale Baustein. Mit ihrem „Gedächtnis“ ermöglichen es diese intelligenten Materialien, Lern- und Gedächtnisprozesse biologischer Systeme technisch nachzubilden. Das Wort memristiv setzt sich zusammen aus dem Englischen „Memory“ für Speicher und „Resistor“ für elektrischer Widerstand.

Im Verbundprojekt „MemWerk“ erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Werkstoffwissenschaft, der Informatik sowie der Elektrotechnik und Informationstechnik, wie sich die Informationsverarbeitung biologischer Systeme in energieeffiziente technische Systeme überführen lässt. Ziel des Forschungsprojekts sind maßgeschneiderte intelligente memristive Werkstoffe für die neuromorphe Elektronik. Prof. Ziegler, wissenschaftlicher Leiter des „MemWerk“-Projekts, ist zuversichtlich, dass sich mit memristiven Bauelementen in Zukunft höchst energieeffiziente Systeme entwickeln lassen: „Wir werden in der Lage sein, die biologischen Paradigmen der Informationsverarbeitung, Lernen und Gedächtnisbildung, so präzise wie nie zuvor technisch nachzubilden und völlig neue Möglichkeiten für die Informationstechnik schaffen.“

In theoretischen und experimentellen Arbeiten wird eine 26-köpfige Forschergruppe aus sechs Fachgebieten der TU Ilmenau umfassende Werkstoffanalysen durchführen, innovative neuronale Netzwerkstrukturen entwerfen, memristive Werkstoffe entwickeln und aus diesen Werkstoffen elektronische Bauelemente modellieren und herstellen, um damit extrem energieeffiziente neuromorphe Schaltkreise zu realisieren.

Zudem werden die Wissenschaftler ein digitales Kartierungssystem für memristive Werkstoffe entwickeln, das die Material-Eigenschaften und die technologischen Parameter der Werkstoffsynthese und Bauelemententwicklung in direkten Bezug setzt zu den Charakteristika und Leistungsparametern neuromorpher Schaltkreise. Von diesem Vorgehen versprechen sich die Wissenschaftler, Werkstoffe für neuromorphe Elektronik maßzuschneidern.

Die Forschergruppe „MemWerk“ wird ihre Arbeiten im ForLab durchführen, das im Institut für Mikro- und Nanotechnologien der TU Ilmenau, IMN MacroNano®, angesiedelt ist. ForLab ist ein Forschungslabor für neuromorphe Elektronik, das vom Bundesforschungsministerium im Rahmen des Infrastruktur-Programms „Forschungslabore Mikroelektronik Deutschland“ gefördert wird.


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