Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat gemeinsam mit dem Projektleiter Airbus Defence and Space ein neuartiges Fluggerät für die Entwicklung künftiger serienreifer Drohnen (UAV – unmanned aerial vehicle) erfolgreich im Flug erprobt. Der unbemannte, strahlgetriebene Technologie-Demonstrator mit Projektnamen Sagitta, flog auf dem südafrikanischen Testgelände Overberg rund sieben Minuten vollständig autonom auf einem vorprogrammierten Kurs. Die innovative Nurflügel-Konstruktion zeigte dabei herausragende Flugeigenschaften. Mit dem Flug wurde nun die erste Erprobungsphase, die auch umfangreiche Testreihen am Boden umfasste, erfolgreich abgeschlossen.
„Der Erstflug von Sagitta ist ein weiterer Meilenstein für die Kooperation von Forschung und Industrie“, sagt DLR-Luftfahrtvorstand Prof. Rolf Henke. „In den von Airbus geschaffenen Rahmenbedingungen konnten wir unser innovatives Potential entfalten, und die komplexen Technologien des Demonstrators entwickeln und integrieren. Flugzeugbau ist immer Integration, daher freuen wir uns, wenn ein solches gemeinsames Projekt in mehrfacher Hinsicht abhebt.“
Die Entwicklung des Technologieträgers hat Airbus 2010 mit der nationalen Initiative „Open Innovation“/ Sagitta ins Leben gerufen. In ihr arbeitet Airbus mit dem DLR und Instituten der Technischen Universitäten in München und Chemnitz, der Bundeswehruniversität in München, der Technischen Hochschule Ingolstadt zusammen, um fortschrittliche Technologien für unbemanntes Fliegen gemeinsam zu entwickeln. Im Rahmen des Projekts wurde zunächst eine Machbarkeitsstudie mit einer Nurflügel-Konfiguration durchgeführt bevor diese nun anhand des Demonstrators gemeinsam mit institutioneller und universitärer Forschung realisiert wurde. Beteiligt am Projekt Sagitta sind drei DLR-Institute.
Ultraleichte Struktur mit Klebeverbindungen
Die Wissenschaftler vom DLR-Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik standen vor einer großen Herausforderung, als sie sich vornahmen die ultraleichte Struktur dieses Flugzeugs zu bauen. Filigrane Strukturbauteile aus hauchdünnen CFK-Lagen müssen für eine optimale Lastübertragung geklebt werden. „Unsere Wissenschaftler mussten die einzelnen Bauteile so konstruieren und bauen, dass sie bei der Montage präzise zueinander passen, denn für die Festigkeit der Verbindung muss die Klebschicht dünn und gleichmäßig sein“, beschreibt der Leiter des Instituts, Prof. Martin Wiedemann, die Herausforderung. „Dass wir die Chance hatten, die Gesamtflugzeugstruktur mit wesentlichen Systemen bei uns auch zu montieren, war für uns ein Highlight.“ Künftig soll der Erprobungsträger Sagitta auch verwendet werden, um neuartige Strukturkomponenten zu testen, in die aktive Funktionselemente integriert werden, wie zum Beispiel bewegliche Klappen.
Neuartiges Fahrwerkssystem
Das DLR-Institut für Flugsystemtechnik hat mit dem Einziehfahrwerk, der elektrischen Energieversorgung und Verkabelung, der Steuerflächenaktuatorik sowie dem Treibstoffsystem den Großteil der flugkritischen Systeme beigetragen. „Die Systeme wurden dabei im Wesentlichen neu entwickelt und umfangreichen Qualifikationstests unterzogen“, sagt Institutsleiter Prof. Stefan Levedag. „Eine besondere Entwicklungsherausforderung beim Fahrwerk waren der geringe Einbauraum und die hohen vertikalen Landegeschwindigkeiten.“ In diesem Zusammenhang wurde unter anderem ein speziell auf die Anforderungen des Sagitta-Demonstrators zugeschnittener Fahrwerksprüfstand entwickelt, der zur Optimierung und Nachweisführung für das Fahrwerkssystem diente. Weiterhin entstanden während der Projektlaufzeit flugfähige Elektronikkomponenten zur Ansteuerung der Systeme sowie eine halbleiterbasierte Leistungsverteileinheit als zentrale Komponente des elektrischen Energieversorgungssystems.
Virtuelle Flugversuche mit Sagitta
Das DLR-Institut für Systemdynamik und Regelungstechnik am Standort Oberpfaffenhofen verantwortete im Projektverlauf die Planung, den Aufbau und den Betrieb von Simulations- und Integrationstestanlagen für den Sagitta-Demonstrator. „Die von uns mit den Projektpartnern entwickelten Simulatoren ermöglichten die erfolgreiche Durchführung virtueller Flug- und Landeversuche und stellten wesentliche Informationen über das zu erwartende Flugverhalten bereit“, unterstreicht Institutsleiter Dr. Johann Bals. „Diese vielfältigen virtuellen Flugmöglichkeiten mit der Fähigkeit zur Einbindung echter Hardware- und Softwarekomponenten haben sich im gesamten Projektverlauf vom Vorentwurf über die Systemintegration bis hin zum Operatortraining als essentiell für die Bewertung, die Testmöglichkeiten und die Flugfreigabe herausgestellt.“
Über Sagitta
Der Technologieerprobungsträger ist im Maßstab 1:4 entworfen und misst 3×3 m. Er ist als rochenförmiger Nurflügler ausgelegt und wird von zwei 300N-Turbinen angetrieben. Sein maximales Startgewicht beträgt 150 kg. Die Zelle ist vollständig aus Kohlefaser-Verbundwerkstoff (CFK) hergestellt. Mit Ausnahme der Bremsen handelt es sich um ein ‚elektrisches Fluggerät’, das anstelle von Hydraulik-Komponenten, über elektromechanische Stellantriebe gesteuert wird. Beim Experimentalträger handelt es sich nicht um ein seriennahes Produkt. Er dient dazu, wesentliche Erkenntnisse über neue Technologien für unbemannte Flugsysteme zu sammeln.