Mobilität: Projekte

Sicherheit und Notfall-Management im ÖPNV

Leitstelle für Notfall-Management
Leitstelle der Verkehrsbetriebe Karlsruhe. Foto: VBK

Projekt InREAKT – Notfall-Management im ÖPNV optimieren

Vorfälle von Gewalt und Sachbeschädigungen an Haltestellen und in Fahrzeugen können dazu führen, dass sich Fahrgäste unwohl fühlen oder den ÖPNV sogar gänzlich meiden. Dies gilt insbesondere nachts und in Zeiten geringer Frequentierung. Aber auch Fahr-, Service- und Sicherheitsdienst-Mitarbeiter von Verkehrsunternehmen können in kritische Situationen verwickelt werden. In all diesen Fällen ist effektives Notfall-Management erforderlich.

Die STUVA1 hat in den letzten drei Jahren erfolgreich das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt InREAKT² koordiniert, in dem vor allem neue technische Ansätze zur Erhöhung der Sicherheit und Verbesserung von Notfall-Management im ÖPNV entwickelt wurden. Kernidee ist der IT-gestützte Ablauf einer Hilfe-Reaktionskette, die aus folgenden Elementen besteht:

  • Erkennen eines hilfebedürftigen Menschen,
  • Melden einer sicherheitskritischen Situation an die Leitstelle,
  • Verständigen von Reaktionskräften,
  • Intervenieren am Ereignisort.
Sicherheitskritische Situationen leichter erkennen

Optische Sensorik zum Erkennen sicherheitskritischer Situationen. Foto: STUVA/Fraunhofer IPK

Das Erkennen erfolgt in InREAKT beispielsweise über eine optische Sensorik, welche die Effektivität von Videoüberwachung durch Vorauswahl relevanter Szenen unterstützen kann. Diese erstellt mittels Tiefenbildkamera abstrahierte Bilder, die keinerlei Rückschlüsse auf Alter, Geschlecht, Ethnie etc. der Person zulassen. Da dieses System zudem auf die Speicherung von Daten verzichtet, wird es hohen Anforderungen an den Datenschutz gerecht.

Notfall-Management in Verkehrsunternehmen: Wissen weitergeben

Hauptaufgabe der STUVA war es, die Abläufe beim Notfall-Management in Verkehrsunternehmen zu optimieren und auf die technischen Systeme von InREAKT abzustimmen. In diesem Zusammenhang wurden auch Methoden entwickelt, um Wissen über die Bearbeitung von Notfällen im ÖPNV einfacher als bislang an neue Mitarbeiter in der Leitstelle weiterzugeben. Dies ist nicht nur für eine rasche Hilfeleistung an den Betroffenen von Bedeutung, sondern auch um den Fahrbetrieb möglichst reibungslos aufrecht zu erhalten.

Dafür wurde der innovative Ansatz verfolgt, Handlungsempfehlungen in eine spezielle Software für Sicherheitsleitstellen zu integrieren. Mit dieser kann u. a. auch eine einfache Abfrage von verfügbaren Sicherheits- und Servicekräften erfolgen, die anschließend zum Ereignisort disponiert werden. Die Kommunikation kann entweder konventionell via Mobiltelefon oder mittels Messenger-Funktion in einer speziell entwickelten InREAKT-Sicherheit-App für Smartphones erfolgen.

Im September 2016 fand die Abschlusskonferenz zum Projekt InREAKT beim Praxispartner Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) statt. Neben verschiedenen Ergebnisvorträgen wurde den Teilnehmern der sogenannte Demonstrator vorgestellt. Dabei handelt es sich um ein Stadtbahnfahrzeug, in das alle wesentlichen technischen Neuentwicklungen eingebaut waren: optische und akustische Sensorik, Sicherheit-Apps für Fahrgäste und Mitarbeiter von Verkehrsunternehmen sowie ein Arbeitsplatz einer Sicherheitsstelle. Darüber hinaus wurde auch eine neuartige und besonders preiswerte Sensorik zum Erkennen von Vandalismus an Haltstellenmobiliar vorgestellt. Die Funktionsfähigkeit aller Einzelsysteme und deren Zusammenwirken konnte anhand von realitätsnahen Alltagssituationen eindrucksvoll gezeigt werden.

Fortführung des Projekts

Im Rahmen des Projekts InREAKT wurden weitreichende technische und konzeptionelle Innovationen erarbeitet – marktreif ist das System jedoch noch nicht. Hierzu werden weitere Partner aus der Praxis benötigt. Interessierte Verkehrsunternehmen werden gebeten, sich über das Kontaktformular auf www.inreakt.de mit der STUVA in Verbindung zu setzen.


  1. Die STUVA e.V., Köln, ist eine unabhängige und gemeinnützige Forschungsinstitution. Zur Bearbeitung von Aufträgen aus der freien Wirtschaft wurde 1996 die STUVAtec GmbH ausgegliedert. Zu den Arbeitsbereichen von STUVA und STUVAtec zählen Forschung und Entwicklung schwerpunktmäßig auf den Gebieten des unterirdischen Bauens sowie des ÖPNV und des Straßenverkehrs.
    Seit über 55 Jahren entwickeln STUVA und STUVAtec zumeist mit Industriepartnern neue Konzepte oder Verfahren für Verkehrsinfrastrukturen und setzen öffentlich oder privat geförderte Forschungsaufträge um. Gleichzeitig gehören Überwachung und Beratung bei Projekten in der ganzen Welt zum Aufgabenbereich der gefragten Spezialisten. Besondere Schwerpunkte sind die Bereiche Verkehr und Umwelt, Tunnelbau und Bautechnik sowie Brandschutz und Sicherheit.
    Highlight ist die alle zwei Jahre organisierte STUVA-Tagung mit begleitender Fachausstellung und Experten-Vorträgen aus der ganzen Welt, präsentiert in Deutsch und Englisch. Dabei werden schwerpunktmäßig die Themen Tunnelbau und Tunnelbetrieb adressiert.
    Die nächste STUVA-Tagung findet vom 6. bis 8. Dezember 2017 in Stuttgart statt. Hierzu werden wieder über 1.800 Fachleute aus 20 Nationen erwartet. Mehr auf www.stuva.de
  2. Bereits während der Projektlaufzeit hat die STUVA mehrere Workshops veranstaltet, um Zwischenergebnisse mit in der Praxis tätigen Experten von Verkehrsunternehmen zu diskutieren und neue Anregungen einzuholen. Themen waren „Neue Wege datenschutzgerechter Videoüberwachung“ und „Neue Technologien zur Bewältigung sicherheitsrelevanter Vorfälle“. Entsprechende Tagungsbände sind kostenlos online abrufbar unter: www.inreakt.de