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Projekt CoPDA: Dynamisches Wissen für die Mensch-Maschine-Interaktion

Projekt CoPDA
Roboter Tiago reicht einem Wissenschaftler eine bestimmte Tasse aus der Spülmaschine. ©_DFKI GmbH, Foto: Annemarie Popp

[DFKI]Menschen haben stets einen Überblick darüber, welche Gegenstände ihre sind und welche nicht. Für Maschinen stellen wechselnde Funktionen von Objekten hingegen ein ungelöstes Problem dar: Ein Laborroboter weiß nicht, welches Werkzeug gerade welchem Mitarbeiter zuzuordnen ist. Die Forschungsbereiche des DFKI-Labors Niedersachsen arbeiten deshalb erstmals gemeinsam an einer Lösung in Form einer dynamischen Verankerung – und testen die neue Software an Roboterarmen und Segelbooten. Ziel des Projekts CoPDA ist ein Open-Source-Modul, das die Mensch-Maschine-Interaktion grundlegend verbessern soll.

Es passiert in jedem Büro, an jedem beliebigen Tag: Sobald sich eine Mitarbeiterin eine Tasse aus dem Schrank nimmt, ist diese für den Rest des Arbeitstages „ihre Tasse“. Während Kolleginnen und Kollegen dies automatisch registrieren und berücksichtigen, stellt diese funktionale Eigenschaft eine Maschine vor ein komplexes Problem: Für einen Serviceroboter im Labor oder im Haushalt ist es schwierig, viele gleich aussehende Gegenstände entsprechend ihrer aktuellen Funktion auseinander zu halten.

Wem gerade was gehört, wofür es verwendet wird und ab wann dies nicht mehr gilt – all diese Informationen kann sich die Maschine nicht von selbst erschließen. Sie benötigt hierfür einen sogenannten dynamischen Anker, der das Wissen über jede einzelne Tasse mit einer aktuellen Funktion verbindet: Wer die Tasse gerade benutzt und wann die Benutzung beendet ist.

Das Wahrnehmen solcher zum Teil zeitlich begrenzten Objektidentitäten stellt einen Schlüssel für die Mensch-Maschine-Interaktion dar – ob in Laboren, Fabriken oder Haushalten. Aus diesem Grund arbeiten die drei Forschungsbereiche des DFKI-Labors Niedersachsen seit dem 1. Januar 2020 im Projekt CoPDA an einer grundlegenden Lösung für die dynamische Verankerung solcher Zugehörigkeiten („Comprehensive Perception and Dynamic Anchoring“).

Grundlagenlösung als Open-Source-Software für alle Einsatzbereiche von Robotern
Das Ziel des Projekts CoPDA ist ein dynamischer Ankeragent („Dynamic Anchoring Agent“, kurz DAA). Dieser Agent kann in verschiedenen Robotersystemen eingesetzt werden und dient dazu, zwischen den erkannten Gegenständen und dem Vorwissen über ihre Eigenschaften und ihren Einsatzbereich eine vorübergehende Verbindung aufzubauen. Im Rahmen des Projekts soll unter anderem definiert werden, wie sich diese Verbindungen erstellen und wieder lösen lassen. Die Frage lautet dabei, ob der Maschine erklärt werden muss, wem ab wann ein Gegenstand gehört, oder ob sie dies von alleine erkennen kann – beispielsweise durch visuelle Hinweise oder die räumliche Verortung.

Mithilfe ausreichender Informationen über die Tasse und die mögliche Veränderung ihres Ortes und ihres Aussehens könnte, so die Idee des DFKI-Labors Niedersachsen, der DAA selbst einen Anker setzen und es so beispielsweise einem Roboter ermöglichen, automatisch jedem Mitarbeiter die richtige Tasse zu bringen – oder jedem Familienmitglied. Denn die dynamische Verankerung stellt ein Grundproblem dar, das alle zukünftigen Einsatzbereiche von Robotern in Zusammenarbeit mit Menschen betrifft. Aus diesem Grund arbeiten die Wissenschaftler an einer grundlegenden Lösung, die umfangreich getestet und in Geschwisterprojekten anderer DFKI-Forschungsbereiche eingesetzt wird. Der dynamische Ankeragent soll schließlich als Open-Source-Software für Roboter zur Verfügung gestellt werden und so flächendeckend zu einer Verbesserung der Mensch-Maschine-Interaktion beitragen.

Tests mit Roboterarmen und Segelbooten
Zuvor gilt es, die dynamische Verankerung in möglichen Einsatzbereichen zu testen. Hierzu soll im ersten Versuch ein Roboterarm in einem Labor registrieren können, welchem Mitarbeiter gerade welches Werkzeug gehört. Die Schwierigkeit stellt hierbei das Versetzen der Werkzeuge dar: Der DAA muss die Zugehörigkeit eines Akkuschraubers auch dann erkennen, wenn dieser unbemerkt an einen anderen Ort gelegt wurde. Im zweiten Versuch soll wiederum getestet werden, wie sich der Agent in weniger kontrollierbaren Gegenden verhält: In einem Yachthafen wird mithilfe von Kameras und Sensoren erprobt, wie sich in großflächigen Umgebungen mit permanenten Veränderungen DAAs setzen und aufrechthalten lassen. Der Versuch dient dazu, den Agenten auch für Logistikbereiche wie Park- oder Lagerhäuser einsetzbar zu machen.

Im ersten übergreifenden Projekt des 2019 gegründeten DFKI-Labors Niedersachsen ergänzen sich die drei Forschungsbereiche in Osnabrück und Oldenburg durch ihr jeweiliges Fachwissen. Hierzu zählt die Verarbeitung von Sensordaten des Bereichs Planbasierte Robotersteuerung (PBR) ebenso wie der Einsatz von Geräten zur Mensch-Maschinen-Interaktion aus dem Bereich Smart Enterprise Engineering (SEE) und die Umgebungswahrnehmung und Modellbildung unter anderem im maritimen Umfeld des Bereichs Marine Perception (MAP). Gefördert wird das Projekt CoPDA vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über eine Laufzeit von drei Jahren.


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