Technologie: Wissenschaft

Perowskit-Solarzellen: Effizient und flexibel im Doppelpack

Perowskit / CIS-Tandem-Solarzelle
Perowskit/CIS-Tandem-Solarzellen wandeln bereits jetzt einen relativ großen Anteil des einfallenden Lichts in Strom um. Künftige Entwicklungen können den Wirkungs­grad weiter verbessern.
Foto: Marco A. Ruiz-Preciado | KIT

[KIT] Solarzellen übereinander zu stapeln, steigert den Wirkungs­grad. Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben gemeinsam mit Partnern im EU-Projekt PERCISTAND nun Perowskit/CIS-Tandem-Solarzellen mit einem Wirkungs­grad von fast 25 Prozent hergestellt – dem bis jetzt höchsten für diese Technologie. Zudem sorgt die Material­kombination für Leichtigkeit und Viel­seitigkeit, sodass der Einsatz dieser Tandem-Solarzellen auch an Fahrzeugen, tragbaren Geräten sowie falt- oder rollbaren Vorrichtungen vorstellbar ist. Die Forschenden stellen ihre Arbeit in der Zeitschrift ACS Energy Letters vor.

Perowskit-Solarzellen haben in nur zehn Jahren eine steile Entwicklung durchlaufen. Vom Wirkungs­grad her lassen sie sich bereits mit den seit langem etablierten Silizium-Solarzellen vergleichen. Bei Perowskiten handelt es sich um innovative Materialien mit einer speziellen Kristallstruktur. Forschende arbeiten weltweit derzeit daran, die Perowskit-Photovoltaik reif für die praktische Anwendung zu machen. Für die Endver­brauchen­den sind Solarzellen desto attraktiver, je mehr Strom pro Flächeneinheit sie erzeugen.

Der Wirkungs­grad lässt sich durch das Stapeln von zwei oder mehr Solarzellen erhöhen. Wenn dabei jede Solarzelle besonders effizient einen anderen Teil des Sonnen­licht­spektrums absorbiert, lassen sich inhärente Verluste reduzieren und der Wirkungs­­grad steigt. Dieser gibt an, wie viel vom einfallenden Licht in Strom umgewandelt wird. Perowskit-Solarzellen eignen sich dank ihrer Vielseitigkeit hervorragend als Bestandteil solcher Tandems. So haben Tandem-Solarzellen aus Perowskiten und Silizium einen Rekord-Wirkungs­­grad von über 29 Prozent erreicht – deutlich höher als der von Einzel­zellen aus Perowskiten (25,7 Prozent) und Silizium (26,7 Prozent).

Kombination von Perowskiten mit CIS – auch an Fahrzeugen
Zusätzliche Vorteile verspricht die Kombination von Perowskiten mit anderen Materialien, wie Kupfer-Indium-Diselenid (CIS) oder Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS). Dadurch werden flexible und leichte Tandem-Solarzellen möglich, die sich nicht nur an Gebäuden, sondern auch an Fahrzeugen und tragbaren Geräten anbringen lassen. Solche Solarzellen könnten sogar zur Aufbewahrung gefaltet oder gerollt und bei Bedarf ausgefahren werden, beispielsweise auf Jalousien oder Markisen, die vor Sonne schützen und gleichzeitig Strom erzeugen.

Einem internationalen Team aus Forschenden unter Leitung von Dr. Marco A. Ruiz-Preciado und Tenure-Track-Professor Ulrich W. Paetzold vom Lichttechnischen Institut (LTI) und Institut für Mikrostrukturtechnik (IMT) des KIT ist es nun gelungen, Perowskit/CIS-Tandem-Solarzellen mit einem Spitzen-Wirkungs­grad von 24,9 Prozent (23,5 Prozent zertifiziert) herzustellen. „Dies ist der höchste gemeldete Wirkungs­grad für diese Technologie und der erste hohe Wirkungs­grad überhaupt, der mit einer fast galliumfreien Kupfer-Indium-Diselenid-Solarzelle in einem Tandem erreicht wurde“, erklärt Ruiz-Preciado. Die Verringerung der Galliummenge führt zu einer schmalen Bandlücke von etwa einem Elektronenvolt (eV), was dem Idealwert von 0,96 eV für die untere Solarzelle in einem Tandem sehr nahekommt.

CIS-Solarzellen mit schmaler Bandlücke – Perowskit-Solarzellen mit wenig Brom
Bei der Bandlücke handelt es sich um eine Materialeigenschaft, die denjenigen Teil des Sonnenspektrums bestimmt, den eine Solarzelle absorbieren kann, um Strom zu erzeugen. In einer monolithischen Tandem-Solarzelle müssen die Bandlücken so beschaffen sein, dass die beiden Zellen ähnliche Ströme erzeugen können, um einen maximalen Wirkungs­grad zu erzielen. Ändert sich die Bandlücke der unteren Zelle, muss die Bandlücke der oberen Zelle daran angepasst werden; umgekehrt ebenso.

Um die Bandlücke für eine effiziente Tandem-Integration einzustellen, werden üblicher­weise Perowskite mit hohem Bromgehalt verwendet. Dies führt jedoch häufig zu Spannungs­verlusten und Phaseninstabilität. Da die Forschenden am KIT und ihre Partner für ihre Tandems unten CIS-Solarzellen mit schmaler Bandlücke einsetzen, können sie die oberen Solarzellen aus Perowskiten mit niedrigem Bromgehalt herstellen, sodass sie effizienter und stabiler sind.

„Unsere Studie demonstriert das Leistungspotenzial von Perowskit/CIS-Tandem-Solarzellen und definiert die Basis für zukünftige Entwicklungen, die den Wirkungs­grad weiter verbessern können“, so Paetzold. „Erreicht haben wir diesen Meilenstein dank der hervorragenden Zusammenarbeit im EU-Projekt PERCISTAND und besonders dank der engen Kooperation mit der Netherlands Organisation for Applied Scientific Research.“ Wichtige Vorarbeiten gelangen zudem im nationalen Projekt CAPITANO, gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). (or)


Im EU-Projekt PERCISTAND entwickeln Beteiligte aus Forschung und Industrie innovative Materialien und Prozesse für die Tandem-Photovoltaik mit Perowskiten auf Chalkogeniden wie CIS. Der Fokus liegt auf der Erprobung von vierpoligen Tandem-Solarzellen und Prototypen für Module auf Glassubstraten. PERCISTAND zielt darauf, die Dünnschicht-Photovoltaik in Effizienz, Stabilität und großtechnischer Herstellbarkeit so zu verbessern, dass sie mit den kommerziell bereits verfügbaren Photovoltaik-Technologien konkurrieren kann.
Im vom BMWK geförderten Verbundprojekt CAPITANO entwickeln das KIT und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) innovative Materialien und Prozesse für die Perowskit/CIGS-Tandem-Photovoltaik. Die Ergebnisse des Projekts werden dazu beitragen, das Technologiecluster in Deutschland und der EU in seiner Innovationskraft weiter zu stärken.


Originalpublikation (Open Access): Marco A. Ruiz-Preciado, Fabrizio Gota, Paul Fassl, Ihteaz M. Hossain, Roja Singh, Felix Laufer, Fabian Schackmar, Thomas Feeney, Ahmed Farag, Isabel Allegro, Hang Hu, Saba Gharibzadeh, Bahram Abdollahi Nejand, Veronique S. Gevaerts, Marcel Simor, Pieter J. Bolt, and Ulrich W. Paetzold: Monolithic Two-Terminal Perovskite/CIS Tandem Solar Cells with Efficiency Approaching 25%. ACS Energy Letters, 2022. DOI: 10.1021/acsenergylett.2c00707