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Neue Studie: Beschleunigt Erdgas den Klimawandel zusätzlich?

Erdgas klimaschädlich
Veeterzy | Unsplash

Zur Zukunftstauglichkeit von Erdgas, das häufig als Brückentechnologie und Beitrag zum Klimaschutz bezeichnet wird, hat die Energy Watch Group aktuelle Erkenntnisse vorgelegt. Das zentrale Ergebnis: Durch alarmierend hohe Methanemissionen erhöht die Umstellung von Kohle- und Ölverstromung auf Erdgas den Treibhauseffekt der Energieversorgung um rund 40%. Demnach leistet Erdgas entgegen der weitverbreiteten Vorstellung keinen Beitrag zum Klimaschutz, sondern verursacht sogar eine zusätzliche Beschleunigung des Klimawandels.

Die Studie der Berliner Energy Watch Group (EWG) berechnet erstmalig die Klimawirkung einer fossil-fossilen Substitution durch Erdgas auf Basis der neuesten Forschung zu den Methan- und Kohlendioxidemissionen der gesamten Lieferkette. Zudem wurde die Klimawirkung hinsichtlich des für potenzielle Klima-Kipppunkte relevanten 20-Jahres Horizonts ausgewertet.

Hohe Methanemissionen machen Einsparungseffekt zunichte
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass eventuelle CO2-Einsparungen durch die hohen Methanemissionen von Erdgas bei weitem überkompensiert werden, sodass eine Umstellung von Kohle und Erdöl im Strom-, Wärme-, und Verkehrssektor auf Erdgas die höchst negative Klimawirkung von Kohle und Erdöl sogar noch deutlich übertrifft.

„Die Studie bestätigt, dass die Förderung des höchst klimaschädlichen Erdgases den Klimawandel weiter verschärft“, erklärte Hans-Josef Fell, ehemaliger Abgeordneter des Deutschen Bundestages und Präsident der Energy Watch Group. Fell, der als Autor an der Studie beteiligt war, fordert ein Umdenken in der aktuellen politischen Debatte um die Zukunft des Energiesektors.

„Wir haben jüngst aufgedeckt, dass sich die jährlichen Subventionen für klimaschädliches Erdgas in Deutschland in 2017 auf enorme 1,4 Mrd. Euro beliefen.“, kommentierte Uwe Nestle, Geschäftsführer des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS). Bestehende und neue Subventionen in fossile Energien seien aber kontraproduktiv zur Erfüllung der Pariser Klimaziele. „Investitionen in die erneuerbaren Energien hätten dagegen umgehend und dauerhaft einen sehr positiven Effekt auf das Klima.“, so Nestle.

Was hieraus folgt, ist für Dr. Thure Traber, Mitautor und leitender Wissenschaftler der EWG, eindeutig: „Wenn die Klimaziele auf deutscher und internationaler Ebene wirklich erreicht werden sollen, dann ist es für Investitionen in Erdgas schlichtweg unmöglich sich zu amortisieren. Was bleiben wird sind Stranded Investments in Milliardenhöhe.“

Erdgas-Infrastruktur besser für klimafreundliches Biogas und grüne Gase nutzen
Was genau die Politik tun muss, um ein zukunftsfähiges Energiesystem aufzubauen, ist für die Studienautoren eindeutig: Eine sofortige Abschaffung aller Subventionen für fossile Energieträger und eine flächendeckende Einführung emissionsfreier, erneuerbarer Technologien. Dabei kann durchaus auch die bereits vorhandene Erdgas-Infrastruktur für klimafreundliches Biogas und grüne Gase wie Wasserstoff aus Ökostrom verwendet werden.

Da ein weltweiter Umstieg des Energiesystems auf 100% erneuerbare Energien 55% der globalen Treibhausgasemissionen einsparen würde muss diese Maßnahme im Zentrum aller Klimaschutzbemühungen stehen. Die vorliegende Studie zeigt laut EWG, dass für eine verantwortlich betriebene Politik fossile Energien keine Rolle spielen dürfen, auch nicht das fälschlicherweise als klimafreundliche Brückentechnologie bezeichnete Erdgas.

Die Studie ist frei verfügbar unter energywatchgroup.org/wp-content/uploads/EWG_Erdgasstudie_2019.pdf


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