Logistik Politik: Strategie

LKW-Maut: Neue »Kummertabelle« für Deutschland erschienen

LKW-Maut Kummertabelle
LKW-Mautpflicht auf der B29. ©_PicturePoint.Photo/ pixelio.de

Die Mautkosten für Transportunternehmen, Logistikdienstleister und die Verlader steigen zum 1.7.2018 und 1.1.2019 um über 50 %, deswegen ist eine Anpassung der Transportpreise in zwei Schritten dringend geboten. Der vom Wiener Univ.-Prof. Dr. Sebastian Kummer entwickelte, als »Kummertabelle« bekannte Mautkostenkalkulator für Deutschland wurde methodisch überarbeitet, um die kostensteigernde Wirkung der Ausdehnung der mautpflichtigen Straßen von derzeit ca. 15.000 km auf ca. 52.800 km bemautete Straßen abzubilden.

Voraussichtlich werden die Mautkosten bei Sammelgutverkehren im Vergleich zur letzten Kummertabelle aus dem Jahr 2015 am 1.7.2018 um ca. 16 % steigen. Allerdings wird es zum 1.1.2019 nochmals eine deutlich Steigerung um ca. 35 % geben. Die Kummertabelle für Deutschland ist ab sofort elektronisch oder als Print verfügbar.[1]

Die deutsche Bundesregierung hat beschlossen, ab 1.7.2018 das mautpflichtige Straßennetz, von derzeit 12.800 km Bundesautobahnen + 2.300 km autobahnähnlichen Bundesstraßen, auf „rund 40.000 km auf allen Bundestraßen“ auszuweiten – in Summe ergeben sich dadurch ca. 52.800 km bemautete Straßen. Abbildung 1 verdeutlicht die Auswirkungen eindrucksvoll.

Kummertabelle: Das mautpflichtige Straßennetz ab 1.7.2018.

Abbildung 1: Das mautpflichtige Straßennetz ab 1.7.2018. ©_Sebastian Kummer

Gemeinsam mit der beschlossenen Mauterhöhung zum 1.1.2019 kommt es zu erheblichen strukturellen und preislichen Änderungen in der deutschen LKW-Maut. Als deren Resultat erwartet die deutsche Bundesregierung eine Erhöhung der Mauteinnahmen um ca. 70 % – eine Steigerung von 4,8 auf 7,2 Mrd. EUR. Transportunternehmen, Logistikdienstleister und die Verlader müssen sich darauf vorbereiten. Um ihnen dabei zu helfen und einen fairen Preis für die Mautkostenverrechnung zu ermöglichen, ist die Kummertabelle für Deutschland komplett überarbeitet worden.

Da bisher nur die Ausweitung der Maut auf die Bundesstraßen rechtskräftig beschlossen wurde, wird in einem ersten Schritt die Tabelle, die ab 1.7.2018 gültig ist, veröffentlicht. Zum 1.1.2019 wird es dann nochmals eine deutlich stärkere Erhöhung geben, diese wird in einer weiteren Tabelle abgebildet. Die Grundannahmen und Methoden der Kummertabelle für Deutschland wie auch die neuen Entfernungstabellen und die neuen Kostentabellen sind im Gutachten zu den Tabellen zu finden.

Autoren-Erläuterungen zur neuen Kummertabelle:

„Wir haben die Sammelgut- und Teilladungssendungen in Deutschland modelliert und die Kostensteigerungen berechnet. Die Herausforderung bei der Modellierung der flächendeckenden Ausweitung der Maut ist, dass diese sich vor allem bei den Vor- und Nachläufen kostensteigernd auswirkt. Im Sinne einer einfachen und nachvollziehbaren Logistik haben wir die unterschiedlichen Kostensteigerungen wie folgt abgebildet:

1.1 Neue Zonentabellen

  1. Entsprechend der Logik der Kummertabelle für Deutschland kommen Relationen bei denen früher mautfreie Bundesstraßen verwendet wurden, die ab 1.7.2018 mautpflich­tig werden, nun ggf. in eine höhere Mautklasse. Außer­dem gibt es aufgrund der mautpflichtigen Bundesstraßen nun Mautentfernungen, die mehr Mautkm aufweisen, als die Zonenobergrenze der „alten“ Zone 12, deswegen haben wir eine neue Zone 12 eingeführt.
  2. Um die erhöhten Kosten aufgrund der Bemautung der Bundesstraßen zu berücksichtigen, verwenden wir in der Zonentabelle für jede zweistellige Postleitzahl einen spezifischen km-Aufschlag. Dieser hängt von den durchschnittlich gefahrenen Vor- und Nachlauf-km in dieser PLZ ab. Allerdings hängen die gefahrenen km im Vor- und Nachlauf sehr stark von der Hubstruktur des Logistikdienstleisters ab. Wir haben die Hubstrukturen deutscher Logistikdienstleister analysiert und typische Hubstrukturen bei der Berechnung der Vor- und Nachläufe berücksichtigt.
  3. Da die Vor- und Nachläufe den Bereich der Sammelladungen betreffen, haben wir nun zwei Zonentabellen entwickelt. Eine Zonentabelle für Sendungen ≤ 2 t und eine Zonentabelle für Sendungen > 2 t.
  4. Um die Tabelle einfacher zu handhaben und Scheingenauigkeiten zu beseitigen, haben wir die Zonenstruktur dahingehend verändert, dass wir die (alten) Zonen 0,1,2,3,4 und 5 zu vier Zonen 1,2,3,4 konsolidiert haben. Die „alte“ Zone 6 wird Zone 5; 7 zu 6; 8 zu 7; 9 zu 10; 10 zu 11; und 12 zu 11.

1.2 Neue Kostentabellen

  1. Die Zustellung und Abholung der Sendungen erfolgt aufgrund der Ausdehnung der Maut auf die Bundesstraßen nun häufig auf mautpflichtigen Strecken. Neben der Berücksichtigung der regionenspezifischen Länge der Vor- und Nachläufe in der Zonentabelle ziehen wir diesen Effekt durch die Einführung eines fixen Sendungszuschlags mit ein (ähnlich einem „Mautrollgeld“).
  2. Die entfernungsabhängigen Hubaufschläge (je größer die Distanz, desto geringer der prozentuale Aufschlag) bleiben weitestgehend erhalten.

1.3 Fuhrparkmix

Eine weitere Herausforderung ist, dass die Mautpreise in Deutschland seit 2015 nicht verändert wurden, sich aber seitdem der Fahrzeugmix sehr stark hin zu EURO 6-Fahrzeugen entwickelt hat. Während bei der Berechnung der Tabelle aus 2015 noch von einem niedrigen Anteil an EURO 6-Fahrzeugen ausgegangen wurde, muss man heute realistischerweise annehmen, dass die Hauptläufe überwiegend mit EURO 6-Fahrzeugen gefahren werden. Da diese aber bisher deutlich weniger Maut bezahlen als die 2015 im Hauptlauf eingesetzten Fahrzeuge, sind die Mautkosten seit 2015 aufgrund der Veränderung des Fahrzeugmix gesunken.

EURO 6-Fahrzeuge waren erst ab Ende 2014 verfügbar und wurden erst ab dem Jahr 2015 in größeren Stückzahlen ausgeliefert, wobei einige Transportunternehmen 2015 noch EEV Fahrzeuge angeschafft haben. Seit 2016 sind EURO 6-Fahrzeuge bei Neuzulassungen verpflichtend.

Dies führt dazu, dass im Vergleich von 2015 zum 1.7.2018 die Mautsenkungen aufgrund der Veränderung des Fahrzeugmix die Mautsteigerungen wegen der Einführung der Maut auf den Bundesstraßen kompensieren können. Besonders stark ist dieser Effekt natürlich bei Teilladungen über lange Strecken, bei denen es keine Vor- und Nachläufe gibt.

Bei einer Betrachtung vom 30.6.2018 auf den 1.7.2018 ergibt sich natürlich auch bei langen Strecken eine Steigerung der Kosten. Eine faire Berechnung der Kosten muss die kostensenkende Wirkung der Veränderung des Fahrzeugmix, die von 2015 bis 2018 stattgefunden hat, mitberücksichtigen. Tut man dies, so kompensiert dieser Effekt bei hohen Gewichten und langen Distanzen zum Teil die mautsteigernde Wirkung der Ausdehnung des mautpflichtigen Netzes. Bei kurzen Distanzen und niedrigen Gewichten steigen die Mautkosten jedoch erheblich.

1.4 Durchschnittliche Mautsteigerung

Eine durchschnittliche Steigerung zu berechnen, ist nahezu unmöglich, da sich diese aus der veränderten Zonenzuordnung und der veränderten Kostentabelle ergibt. Berücksichtigt man alle Effekte, also die Kostensteigerung aufgrund der Ausdehnung der Maut auf deutschen Bundesstraßen und die Kostendämpfung aufgrund der Veränderung des Fuhrparkmix, liegt die Mautsteigerung im Sammelgutbereich schätzungswesie bei ca. 16 %. Bei den Teilladungsverkehren ist sie zum 1.7.2018 deutlich geringer, was sich aber zum 1.1.2019 deutlich verändern wird.

1.5 Ausblick auf Mautkostenerhöhung zum 1.1.2019

Die aufgrund der Beschlüsse der Bundesregierung zu erwartenden, wesentlichen Änderungen ab 1.1.2019 sind:

  • Zusätzlich zu den externen Kosten aus Luftverschmutzung (in Deutschland seit 1.1.2015 Bestandteil der Maut) werden die Kosten der Lärmbelastung ab 1.1.2019 erhoben.
  • Aufgrund eines neuen Wegekostengutachtens wird die Maut erheblich angehoben.
  • Es werden neue Gewichtsklassen eingeführt.

Als Anreiz für Elektro-LKW werden diese von der LKW-Maut befreit.

Tabelle 1: Vergleich der LKW-Mautsätze in Deutschland 2018 zu 2019. ©_Sebastian Kummer

Tabelle 1 stellt die Mautsätze, die seit dem 1.1.2015 gelten, den von der Regierung vorgeschlagenen Mautsätzen ab 1.1.2019 gegenüber.

Allerdings wird es zum 1.1.2019 mit sehr großer Wahrscheinlichkeit zu einer erheblich größeren Mautsteigerung in Höhe von ca. 35 % kommen. Hier wird der Effekt genau umgekehrt sein. Lange, schwere Sendungen und lange Distanzen verteuern sich tendenziell stärker. Kurze Sendungen mit hohen Vor und Nachlaufanteil fallen tendenziell geringer aus, da hier die Fuhrparkeffekte (Einsatz älterer Fahrzeuge bei Vor- und Nachläufen) sich dämpfend auf die Mautsteigerung auswirken.“


Die Tabellen zur Berechnung der Kosten der deutschen LKW-Maut im Spediteurssammelgut- und Teilladungsverkehr ab 1.7.2018 sind ab sofort elektronisch und als Druckversion verfügbar.
Preisliste und Bestell-Info als PDF
Wer die Kummertabellen für 2018 bereits erworben hat, erhält dieses Update kostenlos. – Wer die „Kummertabellen“ jetzt neu oder als Update zurückliegender Bestellungen erwirbt, erhält das Update zum 1.1.2019 kostenlos.

– Mehr zu den Tabellen: BMÖ – Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik in Österreich


Verwandte Artikel:
Transport und Logistik im Wandel (6. Juni 2018)
Deutsches Verkehrsforum: Keine Anrechnung von Stau in Mautkosten (30. Mai 2017)
Platzsparende Maut-Kontrollsäule für Bundesstraßen (17. Oktober 2016)