Technologie: Wissenschaft

Magnetrecycling – Argumente für den Aufbau einer Wertschöpfungskette

Magnetrecycling – Argumente für den Aufbau einer Wertschöpfungskette
Leeroy Agency | pixabay

[Fraunhofer IWKS] Magnete sind wertvolle Bauteile. Obwohl in den vergangenen Jahren funktionierende Magnetrecycling-Methoden entwickelt wurden, finden diese in der Praxis bisher keine Anwendung und Magnete werden weiterhin im Stahlschrott eingeschmolzen. Forschende der Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoff­kreisläufe und Ressourcen­strategie IWKS liefern gute Argumente, wieso sich dies in Zukunft ändern sollte: In ihrem Projekt „FUNMAG“ zeigen sie, dass der Einsatz von recycelten Magneten in Bereich der E-Mobilität ohne Leistungs­einbußen in der Motorleistung möglich ist und es sich lohnt, eine Wert­schöpfungs­kette für großflächiges Magnetrecycling aufzubauen.

Die Welt setzt auf Elektromobilität. Die Branche wächst kontinuierlich und ist im Zuge der Energie­wende auch politisch von großer Bedeutung. So plant beispiels­weise die Bundes­regierung, dass in Deutschland bis 2030 sieben bis zehn Millionen Elektro­fahrzeuge zugelassen sind. Damit ein Elektro­motor funktioniert, darf dabei ein Bestandteil auf keinen Fall fehlen: Neodym-Eisen-Bor-Hochleistungs­permanent­magnete. Sie sind die leistungs­stärksten Magnete, die es derzeit auf dem Markt gibt, machen etwa die Hälfte der Motor­kosten aus und enthalten, wie der Name schon verrät, unter anderem Seltene Erden wie Neodym oder Dysprosium.

Der wichtigste Lieferant für Seltene Erden ist China. Dort werden über 90 Prozent des weltweiten Bedarfs abgebaut – und das unter kritischen Bedingungen. So werden während der Förderung giftige Beiprodukte freigesetzt, die bei mangelnder Vorsicht zu einer Verunreinigung des Grund­wassers führen. Dies schadet Mensch und Natur.

Trotz dieser teuren und problematischen Herstellung landen Magnete am Ende ihrer Nutzungs­zeit in der Regel auf dem Schrottplatz und werden dort zusammen mit dem Stahl­schrott eingeschmolzen. Und das, obwohl es mittlerweile Methoden zum Recycling von Magneten gibt, die erwiesener­maßen funktionieren. Diese Lücke zwischen Theorie und Praxis wollen Wissenschaftler der Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoff­kreisläufe und Ressourcen­strategie IWKS in Hanau mit ihrem Projekt „Funktionelles Magnetrecycling für eine nachhaltige E-Mobilität – FUNMAG“ schließen. Gefördert von der Hessen Agentur will das Forscher­team nachweisen, dass Elektromotoren mit recycelten Altmagneten dieselbe Leistung erbringen können wie mit ihren ursprünglichen Neumagneten, und es sich daher lohnt, kommerzielles Magnet­recycling im großen Maßstab durchzuführen.

Arbeit mit „bunten Blumensträußen“
Für die damit verbundenen Versuche habe sich das Institut unter anderem ein E-Bike, einen E-Scooter und ein Hoverboard angeschafft, erzählt Konrad Opelt, Leiter des Projekts und studierter Material­wissenschaftler: „Bei allen neuen Fahrzeugen haben wir zunächst ausführlich den Motor charakterisiert, um relevante Kennwerte zu erhalten, mit denen wir dann später die Leistung der Motoren mit den recycelten Magneten vergleichen können.“

Magnetrecycling – Argumente für den Aufbau einer Wertschöpfungskette

Im E-Scooter befindet sich der Elektromotor im Reifen: Die Magnete sind die silbernen Quader außen an den Kupferwicklungen.
© Fraunhofer IWKS

Die Elektrofahrzeuge stellen den Rahmen des Projekts dar. Das Kernstück aber ist die Arbeit mit den Altmagneten. Diese konnten über bestehende Kontakte mit Industriepartnern im Tonnenmaßstab beschafft werden und unterscheiden sich in Leistung, Form und Beschaffenheit maßgeblich. „Uns war es enorm wichtig, den realistischen Fall abzubilden“, erklärt Opelt. „Wenn sich ein Schrott­händler dazu entschließt, die Magnete aus seinen deponierten Altmotoren zu separieren, wird das in der Regel ein bunter Blumenstrauß von unterschiedlichsten Magneten sein, deren genaue Eigenschaften niemand kennt. Unser Ziel war es daher zu zeigen, dass der Recyclingprozess auch mit undefiniertem Ausgangsmaterial, dieser Unbekannten im Prozess, umgehen kann. Und das hat vor uns noch niemand gemacht.“

Magnet­recycling – aus Alt mach Neu
Am Fraunhofer IWKS beschäftigt man sich seit Jahren mit der Herstellung und dem Recycling von Magneten und entsprechende Räumlichkeiten und Geräte ermöglichen die Nachbildung des kompletten Herstellungsprozesses im Technikumsmaßstab. Bei der Herstellung eines neuen Magneten wird das Ausgangsmaterial zunächst bei etwa 1.400 Grad geschmolzen und dann abgeschreckt, sodass metallische Flakes entstehen. Diese werden in eine Wasserstoffatmosphäre gegeben und durch das Eindringen des Wasserstoffs zerfällt das Material zu einem Granulat. Dieses wird mit einer Strahlmühle noch weiter zerkleinert und das resultierende metallische „Mehl“ kann dann in Press­formen gegeben und gesintert, das heißt zum Magneten „gebacken“ werden. Um einen Magneten zu recyceln, reicht es aus, den Altmagneten mit der Wasserstoff­atmosphäre in Verbindung zu bringen und die nachfolgenden Prozessschritte zu durchlaufen. „Den umweltbelastenden Abbau der Rohstoffe und das energieintensive Aufschmelzen können wir so einfach überspringen“, fasst Opelt zusammen.

Im Rahmen des Recyclingprozesses können tausende Magnete gleichzeitig verarbeitet werden. „Es lässt sich kaum verhindern, dass die Magnete währenddessen etwas Sauerstoff aufnehmen, was zu leichten Qualitätseinbußen führt. Hier können wir aber gezielt entgegensteuern, indem wir beispielsweise zehn bis 20 Prozent neues Material hinzugeben oder die Mikrostruktur der Magnete noch weiter bearbeiten“, erklärt Opelt. Die Leistung der Recycle-Magnete lässt sich am fertigen Endprodukt oder auch schon im Pulverstadium bestimmen. Letztendlich soll aus diesen Untersuchungen ein Eigenschafts-portfolio abgeleitet werden, das zukünftigen Anwendern Handlungsempfehlungen dazu gibt, wie der Recyclingprozess so modifiziert werden kann, dass je nach Ausgangs­zusammen­setzung die gewünschten Zieleigenschaften für die Magnete erreicht werden.

Der Aufbau einer neuen Wertschöpfungskette
Derzeit sind die Forschenden noch dabei, den Aufbereitungsprozess während des Recyclingvorgangs weiter zu optimieren. Konrad Opelt ist aber zuversichtlich, dass sie die recycelten Magnete schon bald in die E-Motoren einbauen können und freut sich schon darauf, mit dem Hoverboard über den Institutshof zu flitzen.

Ist dieser Schritt geschafft, wäre das der sichtbare Beweis für den Erfolg des Recyclings. „Damit langfristig eine Wertschöpfungskette für Magnetrecycling aufgebaut werden kann, muss sich jeder Akteur auf den anderen verlassen können“, betont Opelt. „Wir demons­trie­ren mit FUNMAG, dass die Idee auch wirklich funktioniert und tragen so einen entschei­den­­den Teil zum Aufbau der Wertschöpfungskette bei.“

Das Interesse von Wirtschaft und Politik an dem Ansatz für Magnetrecycling ist groß, denn er verspricht mehr Nachhaltigkeit bei gleichzeitig weniger Ressourcenabhängigkeit. Konrad Opelt hofft, dass dies dazu führt, dass Hersteller zukünftig schon bei der Produktion von Elektromotoren gezielt darauf achten, dass sich die Magnete gut aus- und wieder einbauen lassen. Dasselbe gilt über die E-Mobilität hinaus auch für alle Elektro­geräte unseres täglichen Bedarfs, vom Rasenmäher über den Akkuschrauber bis hin zum Handy. Sie alle enthalten Neodym-Eisen-Bor-Hochleistungspermanentmagnete, die so ebenfalls lohnenswert recycelt werden könnten.