Logistik: Projekte

Emissionsfreier und leiser Transport im schweren Verteilerverkehr

eActros schwerer Verteilerverkehr
Logistik Schmitt setzt den Mercedes-Benz eActros ab dem Frühjahr dieses Jahres für einen Praxistest ein. ©_Daimler

Rein batterieelektrisch angetriebener Mercedes-Benz eActros startet im Murgtal

Schwerer Verteilerverkehr ist schon heute lokal emissionsfrei und leise möglich: Mercedes Benz hat heute einen eActros an das in der Region Rastatt ansässige Unternehmen Logistik Schmitt übergeben.

Ab dem Jahr 2020 soll im Rahmen des Projekts eWayBW der Warentransport auf der B462 im Murgtal bei Rastatt mit dem Betrieb von Oberleitungs-LKW testweise elektrifiziert werden. Während die Vorbereitungen für den Aufbau der nötigen Infrastruktur noch laufen, ist der eActros bereits rein batterieelektrisch flexibel mobil und kommt mit einem Minimum an Infrastruktur aus; er benötigt lediglich eine Ladestation.

Logistik Schmitt setzt den eActros ab dem Frühjahr dieses Jahres anstelle eines konventionellen Diesel-LKW für einen Praxistest beim Transport von Getriebegehäusen ein. Der eActros verkehrt dabei im anspruchsvollen Dreischicht-Betrieb zwischen dem Lager von Logistik Schmitt in Ötigheim und dem rund sieben Kilometer entfernten Werkteil Rastatt des Mercedes-Benz Werks Gaggenau. Die Tagesstrecke des 25-Tonners beträgt insgesamt rund 168 Kilometer.

Dies stellt den Auftakt eines mehrjährigen Praxistests des eActros im Murgtal und Umgebung dar. In einem nächsten Schritt werden Vergleichstests mit dem Oberleitungs-Projekt durchgeführt. Hierbei kommt eine weiterentwickelte Version des eActros in der Variante als Sattelzugmaschine mit höherer Tonnage und Reichweite zum Einsatz.

Stefan Buchner, Leiter Mercedes-Benz Trucks: „Unser eActros ist seit Juni 2018 auf öffentlichen Straßen unterwegs und hat bereits über 30.000 rein batterieelektrisch gefahrene Kilometer zurückgelegt. Seit vergangenem September sammeln wir auch gemeinsam mit Kunden Erfahrungen mit dem eActros im regulären Alltagseinsatz. Seine 200 Kilometer Reichweite hat sich bisher als absolut realistisch erwiesen. Der eActros absolviert seinen Transportauftrag völlig unabhängig von Strecke oder sonstigen Gegebenheiten. Der Aufwand für die Installation jeweils einer Ladestation pro Kunde ist dabei vergleichsweise gering. Es spricht alles dafür, dass wir mit dem Konzept des eActros auf dem richtigen Weg sind. Unser Ziel: ab dem Jahr 2021 lokal emissionsfreies und leises Fahren in Städten auch mit schweren Serien-LKW zu realisieren – und das betriebswirtschaftlich auf Augenhöhe mit Diesel-LKW.“

Erste Phase: Praxistest im Verteilerverkehr auf Pendelroute Ötigheim-Rastatt

Rainer Schmitt, geschäftsführender Gesellschafter von Logistik Schmitt: „Angesichts neuer Herausforderungen in der Logistik setzen wir konsequent auf Innovationen – sofern wir in ihnen Potenziale erkennen. Mit dem Praxistest des eActros bei uns leisten wir gerne einen Beitrag, um das Transportwesen der Zukunft noch ökologischer und nachhaltiger zu gestalten. Die Pendelroute von Ötigheim nach Rastatt ist für dieses Vorhaben ideal geeignet. Auf diese Weise können wir den eActros im harten Dreischicht-Betrieb auf Herz und Nieren testen – und dies bei kontinuierlicher Belastung. Der eActros fährt exakt dieselbe Strecke wie der konventionelle Actros mit Diesel-Aggregat, den er ersetzt. Dies bietet hierfür eine hervorragende Vergleichbarkeit.“

In der ersten Phase des eActros-Testeinsatzes integriert Logistik Schmitt ein Fahrzeug mit Wechselbrücken-Aufbau in die Firmenflotte. Der eActros transportiert insgesamt bis zu zwölf Tonnen Gewicht und fährt täglich zwölf Touren. Die Batterien des eActros werden auch während des Be- und Entladens des Fahrzeugs aufgeladen, sodass die Gesamtreichweite des eActros von bis zu 200 Kilometern optimal genutzt wird. Zunächst erfolgt das Laden über eine mobile Ladestation.

Zweite Phase: Parallelfahrt zum Oberleitungs-LKW

Ab der zweiten Phase des eActros-Projekts im Murgtal löst eine weiterentwickelte Version des E-LKW in der Variante als Sattelzugmaschine den 25-Tonner aus der ersten Phase ab. Logistik Schmitt wird mit der eActros-Sattelzugmaschine ebenfalls vom Lager in Ötigheim aus dann das gut 14 Kilometer entfernte Mercedes-Benz Werk Gaggenau mit Achskomponenten beliefern – hauptsächlich über die B462. Diese Strecke entspricht damit zum Großteil der des Oberleitungs-Projekts. Auch die Spezifikationen der eActros-Sattelzugmaschine werden mit denen der Oberleitungs-LKW vergleichbar sein, unter anderem hinsichtlich einer höheren Tonnage und Reichweite. Die etwa ein Jahr andauernde Parallelfahrt von eActros und Oberleitungs-LKW liefert die wichtigsten Daten und Erkenntnisse für den Vergleich beider Konzepte, beispielsweise zur Einsatzeignung der Fahrzeuge.

Dritte Phase: Direktvergleich mit dem Oberleitungs-LKW

In der dritten Projektphase des eActros-Einsatzes im Murgtal, die voraussichtlich innerhalb der zweiten Phase stattfindet, fährt die Sattelzugmaschine für ca. ein bis zwei Wochen für einen Direktvergleich die exakte Oberleitungs-Strecke. Dies dient der Validierung der zweiten Phase. Im Verteilerverkehr transportiert der eActros – genau wie die LKW des Oberleitungs-Projekts – Papierrollen auf der ca. 18 Kilometer langen Strecke von den Papiermühlen in Gernsbach-Obertsrot zum Logistik-Standort der Firma Fahrner in Kuppenheim.

Konventioneller Diesel-Actros als Aufsatzpunkt für Konzeptvergleich

Als neutraler Aufsatzpunkt für den Konzeptvergleich wird ein konventioneller Diesel-Actros nach Abgasnorm Euro VI mit Messtechnik ausgestattet und auf der Oberleitungs-Strecke fahren. Auf diese Weise wird der Energieverbrauch der Elektro-LKW – batterieelektrisch und Oberleitung – mit dem Verbrauch eines Dieseltrucks verglichen.

Aktuell kein Oberleitungs-LKW von Daimler geplant

Daimler arbeitet als globaler Hersteller an Zukunftslösungen, die weltweit eine hohe Wahrscheinlichkeit auf Umsetzung haben. Diese sieht das Unternehmen im Augenblick bei der Oberleitung aufgrund ihrer hohen Infrastrukturkosten nicht – auch angesichts der rapiden Entwicklung der Batterie- und Brennstoffzellentechnologie.


HINTERGRUND

Über eWayBW
eWayBW ist ein Pilotprojekt zur Erforschung von elektrisch betriebenen Hybrid-Oberleitungs-LKW. Auf einer Teststrecke auf der B462 zwischen Kuppenheim und Gernsbach-Obertsrot werden drei Abschnitte mit Oberleitungen elektrifiziert. Die speziell ausgerüsteten Lastwagen können über die Oberleitungen Strom beziehen. Dabei lädt auch eine Batterie, welche die Energie für die Weiterfahrt nach Beendigung des Kontakts mit der Oberleitung ermöglicht. In einer dreijährigen Pilotphase wird der Betrieb von Hybrid-Oberleitungs-LKW untersucht. Eine wissenschaftliche Forschung begleitet das Projekt. Die Kosten für Planung, Genehmigung und Bau der Pilotstrecke belaufen sich auf 17,6 Mio. Euro (Quelle: www.ewaybw.de).

Über bereits laufende eActros
Im September 2018 ist die sogenannte „Innovationsflotte“ des eActros gestartet. Insgesamt 20 Kunden setzen dabei den eActros als seriennahen 18- oder 25-Tonner ein. Die Kunden fahren den eActros im normalen Alltagsbetrieb und testen ihn auf seine Praxistauglichkeit. Alle Testkunden transportieren Waren im Verteilerverkehr und nutzen den eActros für Aufgaben, die sonst mit konventionellen Dieselantrieben erledigt würden – aber in völlig unterschiedlichen Branchen und Kategorien und mit verschiedenen Aufbauarten. Die Testserie gliedert sich in zwei Phasen mit jeweils zehn Kunden und dauert insgesamt ca. zwei Jahre. Die Entwicklung und Erprobung der schweren Elektro-LKW im Verteilerverkehr wird im Rahmen des Projekts „Concept ELV²“ zu verschiedenen Teilen vom Bundesumweltministerium (BMU) sowie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.

Über die E-LKW von Daimler
Basis des eActros ist der Rahmen des Mercedes-Benz Actros. Darüber hinaus handelt es sich beim eActros aber um eine vollständig auf Elektroantrieb ausgerichtete Architektur mit hohem Anteil spezifischer Teile. Der Antrieb erfolgt über zwei Elektromotoren nahe den Radnaben der Hinterachse. Ihre Leistung beläuft sich auf jeweils 126 kW, das maximale Drehmoment auf jeweils 485 Nm. Nach der Übersetzung werden daraus jeweils 11.000 Nm. Die Fahrleistung ist damit der eines Diesel-LKW im Verteilerverkehr ebenbürtig. Die maximal zulässige Achslast liegt bei den üblichen 11,5 t. Die Energie kommt aus Lithium-Ionen-Batterien mit 240 kWh. Sie lassen sich in Abhängigkeit der verfügbaren Ladeleistung innerhalb von zwei bis elf Stunden vollständig aufladen (bei 150 bzw. 20 kW).

Daimler hat seit 2017 seinen ersten in Serie gefertigten vollelektrischen LKW auf dem Markt und in Kundenhand: den leichten LKW Fuso eCanter. Ende 2018 hat Daimler Trucks auch den ersten mittelschweren LKW Freightliner eM2 an einen Kunden übergeben und damit in den USA die Praxistests für schwere und mittelschwere E-LKW gestartet; auch der eCascadia für den schweren Verteilerverkehr geht in die Erprobung. Im Bus-Segment wurden erste Mercedes-Benz eCitaro seit Ende 2018 ausgeliefert und gehen bei einer sogenannten kundennahen Fahrerprobung in die Praxis. Auch die Marke Thomas Built Buses startet mit dem eC2 (als Jouley bekannt) mit einer Kleinserie, erste Fahrzeuge gehen 2019 in Kundenhand. Im Bereich Transporter ist der eVito von Mercedes-Benz Vans seit kurzem erhältlich und wurde bereits an die ersten Kunden ausgeliefert. Im zweiten Halbjahr 2019 folgt der eSprinter. Die Fahrzeuge von Daimler Trucks, Daimler Buses und Mercedes-Benz Vans decken somit den gesamten innerstädtischen Verkehr mit Elektrofahrzeugen ab.


Verwandte Artikel: