[IMG Sachsen-Anhalt] – Gekrümmtes Graphen kommt in Ultrakondensatoren zum Einsatz. Die Energiespeicher lassen sich in kürzester Zeit ent- und wieder aufladen und sind damit bestens geeignet auf den Gebieten Automotive, Transport oder Raumfahrt. Das Unternehmen Black Magic aus Sachsen-Anhalt wurde im vergangenen Jahr für die Entwicklung des Stoffes mit dem Hugo-Junkers-Innovationspreis ausgezeichnet.
Der Name des 2017 gegründeten Unternehmens ist kein Zufall. Denn das hier hergestellte schwarze Pulver aus Kohlenstoff hat durchaus Eigenschaften, die an schwarze Magie erinnern. So kann es in Ultrakondensatoren, die von der Muttergesellschaft Skeleton Technologies hergestellt werden, bis zu drei mal mehr Energie als herkömmliche Batterien speichern.
Die Black Magic GmbH produziert spezielles, gekrümmtes Graphen. Das kommt zum Einsatz in Zellen von Ultrakondensatoren – Energiespeichern, die im Gegensatz zu herkömmlichen Batterien in kürzester Zeit sehr viel höhere Leistungen abgeben – bis zu 1.000 Ampere und mehr – und zugleich wieder aufnehmen können. Dies funktioniert, weil das Elektrodenmaterial in den Ultrakondensatoren anders arbeitet als in Batterien: Dort dringen Lithium-Ionen komplett in Partikel ein, bei den Kondensatoren nutzen sie nur deren Oberfläche. Die muss also groß sein, und genau hier kommt das Graphen ins Spiel: Denn das Kohlenstoffmaterial verfügt über eine große Oberfläche mit spezieller Struktur.
Anders als das klassische zweidimensionale Graphen ist das Graphen der Black Magic GmbH gekrümmt, was verhindert, dass die Teilchen aneinander kleben. Dies würde die eigentlich verfügbare Oberfläche blockieren. „Das Material, in dem sich der Kohlenstoff befindet, wird so lange modifiziert, bis nur noch Kohlenstoff zurückbleibt. Während dieses Verfahrens krümmt sich die Oberfläche aus Kohlenstoffatomen, ähnlich einem zerknüllten Blatt Papier“. Das erklärt Dr. Sebastian Pohlmann, Vice President of Innovation des Unternehmens und maßgeblich am Aufbau des Forschungszentrums beteiligt.
Die Technologie des gekrümmten Graphens stammt eigentlich aus Estland, wo die Skeleton Technologies Group 2009 gegründet wurde. Sehr zügig jedoch wurden auch Aktivitäten in Deutschland aufgebaut, 2013 wurde die Skeleton Technologies GmbH und 2017 schließlich die Black Magic GmbH gegründet. Heute wird das Material in Bitterfeld beständig weiterentwickelt und die Technologie zur Produktionsreife gebracht.
Einsatz in Satelliten
Der Einsatz der Ultrakondensatoren und damit des gekrümmten Graphens ist in vielen Bereichen von großem Interesse: Transport, Logistik, Automotive oder Raumfahrt. In einem Pilotprojekt erprobte die European Space Agency mehrere der Hochleistungs-Speicher zur Anwendung in Satelliten. Das sei dann sinnvoll, erklärt Sebastian Pohlmann, wenn eine bestimmte Anwendung innerhalb kürzester Zeit sehr viel Energie benötige, bei Radarimpulsen zum Beispiel. Die Studie ist erfolgreich verlaufen, momentan wird ein potentielles Anschlussprojekt geplant: „Wir rechnen damit, dass Ultrakondensatoren innerhalb weniger Jahre ihren Platz in der Raumfahrt finden“, so der Wissenschaftler.
Und nicht nur die kurzfristige, massive Energieabgabe spricht für den Einsatz der Ultrakondensatoren, sondern auch die Eigenschaft der häufigen Wiederaufladbarkeit. Während herkömmliche Batterien nur etwa 500 bis 1000 mal aufgeladen werden können, ist dies bei den Kondensatoren bis zu einer Million mal möglich. Das Ziel sei aber nicht, betont Sebastian Pohlmann, Batterien zu ersetzen. „Das geht schon deshalb nicht, weil die Ultrakondensatoren nicht über genug Energie verfügen.“ Wünschenswert sei vielmehr eine Kombination beider Techniken; denkbar in Hybridfahrzeugen zum Beispiel, um mögliche Leistungsspitzen abzufangen, beispielsweise bei schnellen Brems- und Beschleunigungsvorgängen. Besonders interessant ist auch der Einsatz bei Wasserstoff-Fahrzeugen, da deren Brennstoffzellen nicht in der Lage sind, Energie wieder aufzunehmen. Konzeptfahrzeuge existieren bereits, und in Abhängigkeit des Erfolges der Brennstoffzellentechnologie im Automobilbereich könnte die Serienproduktion in wenigen Jahren anlaufen.
Die großen Automotive-Unternehmen haben sich zu langsam bewegt
Die Forschung zur Kombination beider Speichersysteme besonders für den Einsatz in Hybridfahrzeugen wird von durch Skeleton Technologies und der Black Magic GmbH vorangetrieben. „Diese Autos spielen eine immer größere Rolle beim Übergang von herkömmlichen Verbrennern zu Elektrofahrzeugen“, ist sich Sebastian Pohlmann sicher. In ganz Europa werde mit Forschungsinstituten gearbeitet, von regionalen Instituten wie den Universitäten in Halle, Leipzig, Jena und Dresden, bis hin zu internationalen Universitäten in Toulouse, Bologna, Tampere und Tallinn. „Wir sind ein sehr junges Unternehmen, daher ist es notwendig, dass wir bestehende Kooperationen aufrechterhalten und neue bilden. Die großen Automotive-Unternehmen haben sich lange Zeit zu langsam bewegt in Richtung New Mobility. Diesen Fehler wollen wir uns nicht leisten.“
Besonders auf dem Gebiet Automotive ist die Technik von größtem Interesse. Nicht nur wegen der möglichen Rückgewinnung von Bremsenergie, sondern unter anderem auch wegen der Verringerung der Emissionen. Und wo nun wäre ein solch spezialisiertes Unternehmen besser aufgehoben als in Sachsen-Anhalt, wo seit der Gründung des Vereins Deutscher Ingenieure die Wiege der Ingenieurskunst steht und wo seit jeher an der Zukunft des Automobils gearbeitet wird? Immerhin fährt schon heute in jedem in Deutschland produzierten Auto ein Teil aus Sachsen-Anhalt mit!
Der Gedanke, sich im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen niederzulassen, war nicht abwegig, als die Black Magic GmbH sich entschloss, ihr Material unter einem Dach zu produzieren. Dieses sollte in Deutschland stehen, obwohl die Skeleton Technologies Group ein estnisches Unternehmen ist und die Grundlagen für ihre Ultrakondensatoren in Estland entwickelt wurden. Man habe sich, erzählt Sebastian Pohlmann, unter mehreren Standorten bewusst für Bitterfeld-Wolfen entschieden. „Zum einen, weil hier die Unterstützung durch den Chemiepark und die lokale Verwaltung sehr gut ist. Zum anderen, nicht nur die gute Verkehrsanbindung für eine optimale Lage spricht, sondern auch die Möglichkeit, gute Fachkräfte zu gewinnen.“
Mehr Personal wird die Black Magic GmbH in absehbarer Zeit benötigen. Knapp zehn Mitarbeiter – Chemiker und Ingenieure vor allem – beschäftigt sie momentan, in näherer Zeit sollen es 20, nach dem Aufbau der skalierten Produktion bis zu 50 werden. Dann sollen mehrere Hundert Tonnen gekrümmtes Graphen pro Jahr hergestellt werden. Momentan liegt die Kapazität noch unter zehn Tonnen pro Jahr. Damit ist die Black Magic GmbH zwar bereits weltgrößter Hersteller des Materials, für größere Kundenaufträge reicht die Menge dennoch nicht aus. Dies soll sich aber nach der Skalierung in zwei bis drei Jahren ändern; Investorengespräche laufen derzeit. Die Verleihung des Hugo-Junkers-Preises für Forschung und Innovation des Landes Sachsen-Anhalt deutet daraufhin, dass der Weg der Black Magic GmbH ein erfolgreicher sein wird.