Nach eingehender Prüfung des aktuellen Wegekostengutachtens haben die Mitglieder des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V. entschieden, die seit neun Jahren anhängigen Mautklagen von zwei Mitgliedsunternehmen zurückzunehmen.
Zur Erinnerung: Der BGL hatte 2009 anlässlich einer drastischen Erhöhung der LKW-Maut Musterklagen von BGL-Mitgliedsunternehmen gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht. Grund war die Überzeugung des BGL und seiner Kläger, dass die der Mauterhöhung zugrundeliegende Wegekostenrechnung nicht den zwingenden Vorgaben der damaligen EU-Mautrichtlinie entsprach. Nachdem das zuständige Verwaltungsgericht Köln 2014 (!) in erster Instanz die Klage abgewiesen hatte, legten der BGL und die Kläger Berufung ein. Diese ist nach wie vor beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen anhängig.
Angesichts der Weiterentwicklung des EU-Wegekostenrechts und der Mautänderungen in Deutschland seit 2009 hat sich die Auseinandersetzung zwischen dem BGL und dem Bundesverkehrsministerium inzwischen überholt. So beinhaltet die seitdem mehrfach geänderte Mautrichtlinie neben den Wegekosten verstärkt sogenannte externe Kosten und gibt inzwischen Höchstsätze für die Erhebung von Luftverschmutzungskosten und Lärmkosten vor. Diese Vorgaben sind in das aktualisierte „Wegekosten“-Gutachten eingeflossen und bestimmen in verstärktem Umfang die Mauthöhe auch in Deutschland. Im Unterschied zur Maut aus dem Jahr 2009 gilt die Maut seit dem vergangenen Jahr für alle LKW ab 7,5 t zulässigem Gesamtgewicht und ab Jahresmitte 2018 auf allen Bundesstraßen.
Zwar enthält auch die vor kurzem vom BMVI vorgelegte aktuelle Wegekostenstudie für den Zeitraum 2018 bis 2022 für den BGL nicht nachvollziehbare Steigerungen bei den Infrastrukturkosten. Nicht plausibel ist die Tatsache, dass die veranschlagten kalkulatorischen Zinsen in deutlichem Widerspruch zu den Finanz- und Kapitalmarkttrends der letzten Jahre deutlich angehoben wurden. Allerdings ist dies einer methodischen Veränderung gegenüber allen bisherigen Wegekostenrechnungen geschuldet und war nicht Gegenstand der Mautklage.
Tatsächlich berücksichtigt die Studie in ihrem Kernelement, nämlich der Ermittlung der anlastbaren Wegekosten für LKW ab 3,5 t, mehrere Anforderungen, die der BGL seit Jahren an eine realitätsbezogene und ausgewogene Wegekostenrechnung stellt. Unter anderem erfolgt eine deutlich realitätsnähere Abbildung des dem LKW zur Verfügung stehenden Straßennetzes. Außerdem erfüllt das Gutachten die vom BGL aufgestellte Forderung einheitlicher Mautsätze für Bundesautobahnen und Bundesstraßen.
Darüber hinaus zeigt das Gutachten, welche Instrumente der Politik auch bei zunehmender Versachlichung der Wegekostendiskussion in die Hände gegeben werden, um den LKW weiter zu verteuern. Speziell in dem vorliegenden Gutachten kommt das noch vorhandene Potential in Form der Anlastung externer Luftverschmutzungskosten und externer Lärmkosten deutlich zum Ausdruck. Angesichts der in Brüssel bereits geführten Debatte um die Anlastung weiterer externer Kostenarten (Staukosten, Unfallkosten, CO2-Kosten) an den LKW-Verkehr ist noch kein „Ende der Fahnenstange“ absehbar.
Die Beendigung des Rechtsstreits macht schlussendlich auch den Weg frei, die mit dem Urteil in erster Instanz erstrittenen Rückzahlungen aufgrund nicht rechtmäßig bei der Mauterhebung erfolgter Rundungsdifferenzen durch das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) auszukehren.
Das BGL-Präsidium hat die Entscheidung zur Rücknahme der Mautklage Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer umgehend mitgeteilt. Beide Seiten sehen in der Streitbeilegung ein wichtiges Signal für eine vertrauensvolle und fruchtbare Zusammenarbeit im Interesse des deutschen Transportgewerbes auch in der neuen Legislaturperiode. Schließlich soll im Rahmen der Brüsseler Diskussion um das EU-Mobilitätspaket ein Rechtsrahmen geschaffen werden, der auch deutschen Transportunternehmern faire Wettbewerbsbedingungen im europäischen Straßengüterverkehr eröffnet.
Anhang zu dieser Meldung:
– Leseversion der Mautklage
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