[Hochschule RheinMain] – Der Ausbau der Infrastruktur für die Elektromobilität in großem Maßstab stellt Deutschland vor große Herausforderungen. Nicht nur Rüsselsheim am Main betritt mit dem ehrgeizigen Projekt „Electric City“ Neuland, in dem es auf einige Fragen heute noch keine gesicherten Antworten gibt. Die Hochschule RheinMain begleitet daher die „Electric City“ umfangreich von der wissenschaftlichen Seite und stellt die Ergebnisse dem fördernden Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zur Verfügung. Jetzt startete eine großangelegte Umfrage in Rüsselsheim am Main und Umgebung.
„Es ist wichtig, dass wir in den Dialog mit den potenziellen Nutzerinnen und Nutzern von Elektromobilität treten“, Marianne Flörsheimer, Rüsselsheims Dezernentin für Mobilitäts- und Verkehrsentwicklung. „Die Umfrage soll deutschlandweit helfen, die Ladeinfrastruktur optimal auszugestalten und Verbreitungspotenziale der Elektromobilität zu erkennen. Mit der Umfrage in Rüsselsheim wollen wir wichtige Erkenntnisse sammeln, um daraus generell die künftigen Anforderungen an das Stromnetz oder an die Lade- und Bezahlverfahren zu identifizieren.“
Die Umfrage hat jetzt begonnen und soll bis September 2020 laufen. Die Forscher* der Hochschule RheinMain sprechen dazu in den nächsten Wochen und Monaten rund 2.500 Personen schriftlich, telefonisch oder persönlich an der Haustür in Rüsselsheim und Umgebung an. Ausgehend von einer Teilnahmequote von 20 Prozent rechnen sie damit, am Ende 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer für vertiefte Interviews gewonnen zu haben.
Die Interviews finden grundsätzlich zu Hause statt. Dazu werden die teilnahmebereiten Personen durch Interviewer* nach einer Terminvereinbarung aufgesucht und befragt. Für jedes Interview ist eine Dauer von einer bis höchstens anderthalb Stunden vorgesehen. Die Gesamtstichprobe setzt sich zum einen aus Haushalten in Rüsselsheim und kleineren Gemeinden der Umgebung zusammen (wg. Abbildung von Stadt-Land-Unterschieden), zum anderen aus Wiesbaden (zum Beispiel in den Ortsbezirken Erbenheim, Kostheim und Kastel), um einen Vergleich zu einer Großstadt zu haben. Dezernentin Flörsheimer hofft dabei auf eine rege Beteiligung innerhalb der Bevölkerung. „Je mehr und detaillierter Rüsselsheimerinnen und Rüsselsheimer von ihren Einstellungen, Erfahrungen und Erwartungen berichten, umso solider und aussagekräftiger werden die Ergebnisse sein. Davon profitieren nicht nur die Bürgerinnen und Bürger der Stadt, sondern alle Menschen in Deutschland.“
„Was würden sie in einer bestimmten Situation anders machen?“
Das Kernstück der Befragung ist ein sogenanntes Stated Adaptation-Experiment zur zukünftigen Fahrzeugflotte des befragten Haushaltes. „Es geht dabei vorrangig um die Frage, wie ein Haushalt sich an eine neue Situation anpasst, also eine Frage in der Form von ,Was würden sie in einer bestimmten Situation anders machen?‘“, erklärt Prof. Dr. Matthias Kowald vom Studiengang Mobilitätsmanagement der Hochschule RheinMain. In der Befragung werden die Entscheidungssituation und die Randbedingungen dieser Situation vorgegeben, die Handlungsalternativen aber offengelassen. Im Experiment bekommt die befragte Person mehrere fiktive Entscheidungssituationen vorgelegt, denen veränderliche Werte für beispielsweise staatliche Zuschüsse zum Kauf eines Elektroautos, Betriebskosten und Preise für ÖV-Abonnemente zu Grunde liegen.
„Unseres Wissens nach ist ein solches Experiment zur Flottenzusammensetzung vor dem Hintergrund von Anreizen zum Kauf eines Elektrofahrzeuges und einem Vergleich der Betriebskosten bisher weder in Deutschland noch international durchgeführt worden“, so Prof. Matthias Kowald. „Wir versprechen uns vertiefte Erkenntnisse zur Wirkung verkehrspolitischer Bonus- und Malus-Faktoren und den Betriebskosten der Elektromobilität. Die Ergebnisse lassen sich unmittelbar zur Förderung der Elektromobilität in Deutschland nutzen und versprechen auch in der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft auf großes Interesse zu stoßen.“ Mit ersten Ergebnissen der Umfrage rechnet die Hochschule RheinMain ab Spätsommer 2020. Die eingesetzte Umfragesoftware hat das Team um Prof. Kowald eigens für die Umfrage zu „Electric City“ entwickelt.
* (m|w|d)