Politik: Strategie

AHK Norwegen für deutsch-norwegische Wasserstoffkooperation

AHK Norwegen unterstützt deutsch-norwegische Wasserstoffkooperation
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[AHK Norwegen] Die erste digitale Herbstversammlung der AHK Norwegen brachte bayerische und norwegische Experten zu einem Dialog über Wasserstoff zusammen. Fazit: Der regulatorische Rahmen muss geschaffen werden, und die länderübergreifende Technologiezusammenarbeit kann eine Schlüsselrolle beim schnellen Aufbau von Wasserstoff-Wertschöpfungsketten spielen. Die strategischen Positionen dafür hat die AHK Norwegen in einem Paper zusammengefasst

„Grüner Wasserstoff ist eine wichtige Säule im Energiesystem der Zukunft. Wir müssen schnell handeln und die Chancen nutzen, die grüner Wasserstoff in Bezug auf Arbeitsplätze und Klimaziele schafft“, sagte Roland Weigert, Staatssekretär beim Bayrischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Weigert präsentierte die Bayerische Wasserstoffstrategie und zeigte, dass Wasserstoff ein wichtiger Bestandteil der künftigen Wirtschaftspolitik und Energieinvestitionen des Landes ist. Aus der Strategie geht hervor, dass es uns nur mithilfe von Wasserstoff gelingt, die Industrie und den Transportsektor langfristig und nachhaltig umzustellen. „Große Mengen Wasserstoff müssen wir jedoch importieren. Daher werden wir uns künftig auf den Aufbau von Energiepartnerschaften mit windreichen Nordseeländern wie Norwegen konzentrieren.“

In ihrer Keynote betonte die norwegische Öl- und Energieministerin Tina Bru, dass Norwegen das Potenzial habe, mehr erneuerbare Energie zu produzieren. Das starke internationale Forschungs- und Technologieumfeld sowohl aus dem Bereich der erneuerbaren Energien als auch aus dem Gassektor werde zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft beitragen. „Internationale Kooperationen sind hierbei ganz entscheidend, und die deutsch-norwegische Partnerschaft ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür. Die Energiezusammenarbeit verbindet unsere Länder.“

Zusammenarbeit wichtig für die Umsetzung
„Wasserstoff ist nur als Teil einer Wertschöpfungskette rentabel. Deshalb müssen wir Netzwerke mit anderen Akteuren aufbauen. Das Zentrum Wasserstoff.Bayern (H2.B) fungiert als Kollaborationsplattform und Vermittler für Demonstrationsprojekte von Technologien und Wertschöpfungsketten“, so Prof. Dr. Peter Wasserscheid, Vorstandsmitglied des Zentrums.

Thorsten Herbert, Director Market Development & Public Affairs bei Nel Hydrogen, einem Unternehmen mit Aktivitäten entlang der gesamten Wertschöpfungskette, sieht die länderübergreifende Zusammenarbeit ebenfalls als einen wichtigen Faktor für die Umsetzung an. „Meine Kernbotschaft ist, dass es die Technologie bereits gibt und dass der politische Wille durch Strategiepapiere demonstriert wurde. Jetzt geht es um die Umsetzung, und hier liegt die Herausforderung. Einer der genannten Ansätze ist die internationale Zusammenarbeit, und wir sind heute hier, um diese zu diskutieren“, kommentierte er das digitale Treffen mit Branchenvertretern aus beiden Ländern.

Im Panel vertreten war auch Daniel Ras-Vidal, Geschäftsführer des norwegischen Inkubators Kjeller Innovasjon. Kjeller Innovasjon leitet das norwegische Wasserstoffcluster (H2Cluster). „Norwegen und Bayern haben viel zu besprechen. Bayern ist in der Automobilindustrie und in vielen technischen Bereichen stark aufgestellt. Norwegen hat seine Stärken im Energie- und maritimen Sektor. Es gibt Möglichkeiten, diese Kompetenzen im Wasserstoffbereich zu kombinieren. H2.B kann für uns ein sehr guter Partner sein.“

Fehlender regulatorischer Rahmen
Die Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass die nationalen und regionalen Strategien sowie das Engagement der EU zeigen, dass gute Demonstrationsprojekte im Bereich Wasserstoff politisch unterstützt werden. Es sei nun an der Zeit, Technologien und Wertschöpfungsketten zu testen und zu kommerzialisieren. „Es ist wichtig, die Förderprogramme so effizient wie möglich und in einem integrierten Ansatz zu nutzen, damit ganz Europa davon profitieren kann. Die größte Herausforderung ist das Fehlen eines Rechtsrahmens, über den wir schon seit über 18 Jahren sprechen. Es wird zwar viel Wohlwollen signalisiert, aber es passiert wenig“, gab Thorsten Herbert in die Runde und ergänzte: „Wasserstoff muss als wertvolle Ergänzung des erneuerbaren Energiesystems vollständig integriert sein. Elektronen allein bringen ein erneuerbares Energiesystem nicht zum Laufen, wir brauchen die Moleküle. Glücklicherweise werden die regulatorischen Aspekte in der Wasserstoffstrategie der deutschen Regierung und der EU aufgegriffen.“

Schnellere Technologieentwicklung durch Zusammenarbeit
Peter Wasserscheid wies darauf hin, dass aufgrund der verschiedenen Anwendungsszenarien für Wasserstoff auch teilweise unterschiedliche Technologien und Wertschöpfungsketten entwickelt werden müssen. In einigen Bereichen konkurrieren Deutschland und Norwegen miteinander, in anderen ergänzen sich die beiden Länder. „Da die Klimakrise ein dringendes Problem darstellt, sind wir darauf angewiesen, dass der Wettbewerb an Fahrt gewinnt. Wir müssen aber auch Bereiche identifizieren, in denen die Zusammenarbeit zu einer schnelleren Entwicklung der Technologie führen kann.“

Laut Daniel Ras-Vidal ist es wichtig, zunächst Standorte zu identifizieren, an denen verschiedene Sektoren einem gemeinsamen Wasserstoffbedarf haben. „In der Region Oslo befinden sich zum Beispiel Norwegens größter Hafen und Flughafen. Der Flughafenbetreiber Avinor hat sich bis 2040 zur Klimaneutralität verpflichtet. Wir müssen die großen Ambitionen mehrerer Akteure miteinander verbinden.“ Als Beispiel nannte er Felleskjøpet und HeidelbergCement, die einen gemeinsamen Transportbedarf festgestellt haben und daraus eine Möglichkeit für eine klimaneutrale Lösung geschaffen haben. Auf die Ausschreibung bewarben sich 20 Unternehmen, die meisten mit Wasserstofflösungen. „Das zeigt, dass der Wille auch im privaten Sektor vorhanden ist.“

AHK Norwegen legt Fokus auf Wasserstoff
Die AHK Norwegen engagiert sich für die stärkere Wasserstoffzusammenarbeit zwischen Deutschland und Norwegen. Aus diesem Anlass wurde eine bilaterale Arbeitsgruppe für Wasserstoff mit Experten aus der deutschen und norwegischen Wirtschaft eingerichtet. Dies sollen das Kooperationspotenzial untersuchen und die Geschäftschancen für Branchenakteure aus Deutschland und Norwegen verbessern.

Deutschland und Norwegen verfügen über gute Voraussetzungen, um die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft künftig voranzutreiben und haben komplementäre Stärken, Bedürfnisse und Herausforderungen. Die nationale Wasserstoffstrategie Deutschlands hat einen starken Fokus auf internationaler Zusammenarbeit und stellt zwei Milliarden Euro für internationale Partnerschaften bereit. Damit sollen die Versorgungssicherheit durch den Import von Wasserstoff sowie die Wettbewerbsfähigkeit durch den Export deutscher Wasserstofftechnologie in wasserstoffproduzierende Länder gewährleistet werden.

Die norwegische Wasserstoffstrategie enthält derzeit keine konkreten Maßnahmen für internationale Partnerschaften. Das norwegische Ministerium für Erdöl und Energie wird jedoch eine Roadmap für Wasserstoff in Norwegen erarbeiten, bei der Vorschläge für die Zusammenarbeit mit internationalen Akteuren erwartet werden. Die AHK Norwegen hat daher sieben Bereiche identifiziert und in einem Positionspapier veröffentlicht, in denen ein besonders großes Potenzial für die deutsch-norwegische Zusammenarbeit im Bereich Wasserstoff besteht:

  1. Transport. Norwegen ist weltweit führend in der Elektrifizierung des Personenverkehrs und hat sich ehrgeizige Ziele für die Reduzierung von Klimagasemissionen im Schwertransport gesetzt. Im landbasierten Transport ist Norwegen ein attraktiver Testmarkt für in Deutschland produzierte Fahrzeuge.
  2. Produktion. Mit großen Mengen günstigen Stroms und der geografischen Nähe zu Kunden aus dem maritimen Sektor und der Prozessindustrie besteht in Norwegen ein großes Potenzial für die Errichtung großtechnischer Produktionsanlage für grünen und blauen Wasserstoff sowie grünen und blauen Ammoniak, Methanol und E-Fuels. Deutsche Akteure, die zur Planung und Entwicklung solcher Anlagen beitragen können, sind gefragte Ansprechpartner für norwegische Interessengruppen.
  3. Export. Es ist technisch möglich, die vorhandene Leitungsinfrastruktur für den kommerziellen Export von Wasserstoff von Norwegen nach Deutschland zu nutzen. Auch der Einsatz von Schiffen ist denkbar. Norwegische Unternehmen positionieren sich für Wasserstoffexporte von Wasserstoff nach Deutschland, benötigen jedoch Kunden aus der deutschen Industrie und eine ausreichende Infrastruktur. Die AHK Norwegen vertritt die Meinung, dass bilaterale Plattformen gebildet werden sollten, in denen Herausforderungen im Hinblick auf die Infrastruktur und weitere Rahmenbedingungen mit dem Ziel einer engeren bilateralen Koordination diskutiert werden können.
  4. Maritimer Sektor. Norwegen verfügt über einen großen Vorsprung bei der Entwicklung von Wasserstofftechnologien im maritimen Sektor. Gleichzeitig ist auch Deutschland im Besitz einer großen Schiffsflotte und mehrerer großer Häfen. Eine stärkere Zusammenarbeit zu Innovation, Technologietransfer und Infrastruktur in beiden Ländern kann die Technologieentwicklung weiter stimulieren und den Markt für Technologieanbieter vergrößern.
  5. Forschung und Entwicklung. In beiden Ländern gibt es starke Forschungs- und Industriearenen, die über solide Kenntnisse in den einzelnen Teilen der Wasserstoff-Wertschöpfungskette verfügen. Eine engere Kooperation zwischen Deutschland und Norwegen im Bereich der Forschung und Entwicklung stärkt sowohl die Wirtschaft als auch den Marktzugang in beiden Ländern. Die AHK Norwegen vertritt die Meinung, dass die jeweils verantwortlichen Entscheidungsträger ein bilaterales Kooperationsabkommen zur Wasserstoffforschung eruieren sollten.
  6. Regionale Kooperationen. Mehrere deutsche Bundesländer haben eigene Wasserstoffstrategien veröffentlicht. Gleichzeitig verfolgen die norwegischen Verwaltungsbezirke verschiedene Interessen und Ambitionen im Hinblick auf die Produktion oder Nutzung von Wasserstoff. Formalisierte regionale Partnerschaften erleichtern die Koordinierung von Aktivitäten und ebnen den Weg für Technologiekooperationen und einen besseren Marktzugang für deutsche und norwegische Akteure.
  7. Luftfahrt. Norwegen bietet mit seinen 45 Flughäfen und kurzen Entfernungen gute Voraussetzungen, neue und klimafreundliche Luftfahrttechnologie zu testen. Norwegen ist somit ein attraktiver Markt für die Erprobung der deutschen Wasserstoff- und E-Fuel-Technologie in der Luftfahrt.

Das vollständige Positionspapier zum Download auf dieser Webseite sowie auf www.handelskammer.no.