Infrastruktur: Projekte

Trier: Wieder­belebung der West­strecke für die Verkehrswende

Trier: Wiederbelebung stillgelegter Bahnstrecke als Baustein der Verkehrswende
Bild: Axel Bernatzki | Energieagentur Rheinland-Pfalz

[Energieagentur Rheinland-Pfalz] – Die Umsetzung der Verkehrswende macht’s möglich: Mit der Reaktivierung stillgelegter Strecken will die Deutsche Bahn zurück in die Fläche und mehr Menschen eine Alternative zum motorisierten Individualverkehr anbieten. Aktuell wird die Trierer Weststrecke für den Schienenpersonenverkehr wiederbelebt. Ab Ende 2024 sollen hier wieder Personenzüge fahren. Für Dr. Thilo Becker, Baudezernent der Stadt Trier, ist die Reaktivierung indes zugleich Baustein eines verkehrsübergreifenden Gesamtkonzepts für eine klimafreundliche und nachhaltige Mobilität in der Region. Ein Interview von Axel Bernatzki.

Ein Mammut-Projekt wird aufgegleist: Ab Dezember 2024 sollen auf der bestehenden Eisenbahnstrecke Ehrang – Igel nach mehr als 40 Jahren wieder regelmäßig Personenzüge auf der Trierer Weststrecke verkehren.

Was erwartet die Bürgerinnen und Bürger ab Dezember 2024?
Thilo Becker: Die Bahn-Töchter DB Netz und DB Station & Service werden die derzeit ausschließlich für den Güterverkehr betriebene Weststrecke für den Personennahverkehr reaktivieren. Fünf neue Bahnhaltepunkte werden im Gebiet der Stadt Trier gebaut. Eine Regionalbahn wird stündlich zwischen Wittlich, Schweich, Trier und Luxemburg pendeln. Und es wird eine stündliche Regionalverbindung zwischen Ehrang und Konz und Saarburg geben.

Wie ist die Kommune in das Projekt eingebunden?
Die Stadt Trier ist für die Umsetzung der Umfeldmaßnahmen im Bereich der Haltepunkte zuständig, insbesondere Anbindungen für Fußgänger, Radfahrer und Bus an die neuen Haltepunkte. Die Zuständigkeit liegt beim Dezernenten für Planen, Bauen und Gestalten unter hauptsächlicher Mitwirkung der Fachämter StadtRaum Trier, Amt für Stadt- und Verkehrsplanung und Amt für Bodenmanagement und Geoinformation. Seit Dezember 2019 liegt die Federführung bei einer eigens eingerichteten Stabsstelle mit Schwerpunkt Projektmanagement – insbesondere auch als zentrale Anlaufstelle für den Austausch mit der DB Netz und DB Station & Service, die die Reaktivierung auf Seiten der Bahn umsetzen.

Die Weststrecke ist allerdings kein reines Verkehrsprojekt, sondern ist eng verknüpft mit der Städtebauförderung und dem zugehörigen Programm „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“ im Stadtteil Trier-West. Hierdurch entstehen im unmittelbaren Umfeld zum Beispiel neue Platzflächen, so dass Aufenthaltsflächen für die Nutzer geschaffen werden. Städtebau und Verkehrsplanung müssen zwingend ineinandergreifen.

Was erwartet die Stadt von der Reaktivierung der Weststrecke?
Für die Stadt ist die Reaktivierung ein wichtiger Baustein für die Verkehrswende und das Rückgrat des künftigen öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Der zentrale Ansatz ist es, den Radverkehr durch eine umfassende Verknüpfung mit den anderen Verkehrsmitteln des Umweltverbundes zu stärken und so die Attraktivität des ÖPNV deutlich zu steigern. Diese Alternative zum Auto wird die Grundlage sein, um die Erreichbarkeit zu sichern und gleichzeitig Platz zu schaffen im Straßenraum für andere Zwecke, beispielsweise mehr Grün als Anpassung gegen die zunehmende Hitze.

Was bedeutet das im Detail?
Unser zentrales Ziel ist es, den Bürgerinnen und Bürgern ein umweltfreundliches Mobilitätsangebot auf der gesamten Achse zwischen Schweich, Trier und Konz zu machen, bei der es neben einer ausgebauten Radschnellverbindung auch eine Alternative gibt, etwa bei schlechtem Wetter oder einer Fahrradpanne: die parallel verlaufende Schienenstrecke und damit verknüpfte Busangebote.

Sämtliche Zugangs- beziehungsweise Übergangspunkte zwischen den Verkehrsmitteln des Umweltverbundes werden dabei so optimiert, dass zum Beispiel die Nutzung von Teilstrecken per Zug, Rad oder Bus jederzeit und problemlos möglich ist.

Wie bewerten Sie – also aus Sicht der Stadt – das Projekt Reaktivierung der Schienen-Weststrecke?
Die Aufgabe des Personenverkehrs war rückblickend ein Fehler. Diese Erkenntnis gibt es eigentlich schon seit Jahrzehnten. Aber nach dem Motto: „Besser später als nie“, bin ich froh, dass jetzt endlich die Wiederinbetriebnahme erfolgt. In dem Sinne dann auch der Blick nach vorne: Weite Teile der zentralen Innenstadt werden deutlich besser erreichbar sein. Diesen Riesengewinn für die Stadt begrüßen wir sehr und danken allen beteiligten Stellen für ihr Engagement und die gute Zusammenarbeit.

Trier: Wiederbelebung stillgelegter Trierer Weststrecke als Baustein der Verkehrswende

Baubesprechung an der Großbaustelle für den neuen Haltepunkt Hafenstraße in Trier: Agit Camuka, Projektleiter der DB Netz (links), mit Dr. Thilo Becker, Baudezernent der Stadt Trier.
Bild: Stadt Trier, Presseamt

Es ist aber bereits jetzt absehbar, dass diese neue Infrastruktur auch einen zusätzlichen Bedarf an Fahrtangeboten generieren wird. Aus unserer Sicht sind schon die bestehenden Bestellungen an Zügen nicht ausreichend, um den Zielen der Verkehrswende gerecht zu werden. Es sollte auch genau geprüft werden, dass die Inbetriebnahme der Weststrecke keine Verschlechterung der Verbindungen über den Hauptbahnhof bringt, insbesondere nach Luxemburg. Besonders positiv ist, dass wir auf der Weststrecke die Voraussetzungen für ein S-Bahn ähnliches Betriebskonzept mit enorm hohem Potenzial für die Verkehrswende schaffen.

Wenn Sie anderen Kommunen eine Empfehlung geben müssten: Was ist wäre bei einem Projekt solcher Dimensionen besonders wichtig?
Zunächst mal muss der politische Wille vorliegen – insbesondere der zur Finanzierung des Projekts. So eine Mammutaufgabe können wir nicht allein stemmen. Deshalb sind wir dankbar, dass wir 90 Prozent der Kosten der Umfeldmaßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert bekommen.

A und O ist aber die offene und regelmäßige Kommunikation zwischen den Projektpartnern … und der regelmäßige Austausch auf Leitungsebene. In unserem Fall ist das der Lenkungskreis seit Herbst 2013, bestehend aus Vertretern von SPNV Nord, Ministerium, DB Station & Service, DB Netz AG, Stadt Konz und Stadt Trier. Da müssen alle an einem Strang ziehen. Ebenso wichtig ist das Einbeziehen der Ortsbeiräte sowie die rechtzeitige und transparente Information der Öffentlichkeit.