Mobilität

Tempo 30 in Städten: Noch viel Luft nach oben

Tempo 30 in Städten
Symbolbild: ClimateWarrior | pixabay

[Leibniz-Institut für Länderkunde] – Die geringere Geschwindigkeit in Tempo 30-Zonen bedeutet weniger Umweltbelastung, mehr Sicherheit und bessere Lebens­qualität. Dennoch schöpfen viele Städte ihre verkehrs­rechtlichen Möglichkeiten für Tempo­limits von 30 km/h oder weniger bei weitem nicht aus. Das zeigt eine Analyse des Leibniz-Instituts für Länderkunde, deren Ergebnis jetzt als interaktive Deutschland­karte im Nationalatlas aktuell abrufbar ist.

Immer mehr Städte und Gemeinden in Deutschland setzen auf verkehrs­beruhigende Maßnahmen zum Wohl ihrer Bürgerinnen und Bürger; bis Mai dieses Jahres haben sich 742 Gemeinden der Initiative „Lebens­werte Städte durch angemessene Geschwindig­keiten“ angeschlossen. Sie fordern eine Anpassung des Straßen­verkehrs­rechts für mehr Handlungs­freiheit bei der Anordnung von Tempolimits. Ihren Gestaltungs­spielraum für Geschwindig­keits­beschränkungen auf 30 km/h und weniger schöpfen die Städte aktuell in höchst unterschied­lichem Maß aus, wie die aktuelle Deutschland­karte des Leibniz-Instituts für Länderkunde (IfL) zeigt. Per Tooltip lässt sich dort für jede der 80 deutschen Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern der mögliche und der tatsäch­liche Anteil geschwindig­keits­reduzierter Abschnitte in den jeweiligen Straßen­netzen anzeigen, aufgeschlüsselt nach Straßen­kategorien. Farbige Kartensymbole ermöglichen zudem einen Vergleich der Städte untereinander.

Tempo 30 in Städten

Etablierung von Tempo 30 in Großstädten.
© Leibniz-Institut für Länderkunde

Bei den Nebenstraßen hat Berlin mit 86,4 % den höchsten und Koblenz mit 31,9 % den niedrigsten Tempo-30-Anteil. Bei den Hauptstraßen liegt Mainz mit 18,9 % an der Spitze, Schlusslicht ist Paderborn mit einem Anteil von lediglich 0,2 %. Die Werte beziehen sich auf die nach derzeit gültigem Verkehrs­recht möglichen Abweichungen von der innerorts üblichen Geschwindig­keit von 50 km/h. Gemeinden können danach Tempo 30 oder weniger in der Regel nur auf Verkehrswegen anordnen, die weder als Bundes-, Landes- noch Kreisstraßen beziehungs­weise als weitere Vorfahrt­straßen ausgewiesen sind.

Die Auswertung knüpft an den Beitrag „Tempo 30 in Großstädten“ in der Märzausgabe des „National­atlas aktuell“ an. Für beide Analysen haben die IfL-Forscher Wladimir Sgibnev und Christian Hanewinkel auf OpenStreetMap-Daten zurückgegriffen. In ihrer aktuellen Studie weisen sie darauf hin, dass die Daten eine deutschlandweit vergleichende Perspektive ermöglichen und nicht für Aussagen zu Ausmaß oder Qualität der Verkehrs­beruhigung vor Ort herangezogen werden sollten. „Wir würden uns aber freuen, wenn die Karte kommunale Akteure zusätzlich motivieren könnte, ihre Potenziale zu nutzen und mittels verkehrsberuhigender Maßnahmen die städtischen Räume lebenswerter für ihre Bürgerinnen und Bürger zu gestalten“, betont Wladimir Sgibnev, Leiter der Forschungs­gruppe Mobilitäten und Migration am Leibniz-Institut für Länderkunde.


Hanewinkel, Christian & Wladimir Sgibnev (2023): Tempo 30 in Großstädten: Möglichkeiten – und Grenzen – im deutschlandweiten Vergleich. In: Nationalatlas aktuell 17 (06.2023) 3 [15.06.2023]. Leipzig: Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL).