[ISL] – Das vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) im Rahmen des Programms „Innovative Hafentechnologien (IHATEC)“ geförderte Forschungsprojekt SecProPort zielte drauf ab, skalierbare Sicherheitsarchitekturen für Geschäftsprozesse in deutschen Häfen zu definieren und vereinte die Expertise von insgesamt acht Projektpartnern. Koordiniert durch die dbh Logistics IT AG gehörten zum Projektkonsortium Akteure aus der Hafenwirtschaft – BLG Logistics Group AG & Co. KG, Duisburger Hafen AG und Hapag-Lloyd AG – sowie Forschungseinrichtungen – DFKI GmbH, Universität Bremen – und ein Dienstleister im Bereich der Informationssicherheit, die datenschutz cert GmbH. Als Forschungseinrichtung zählte das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) ebenso zu den Projektpartnern und war maßgeblich am erfolgreichen Projektabschluss beteiligt.
Gemeinsam mit Partnern aus dem gesamten Spektrum des Hafentransports entwickelte das ISL anhand einer Prozess- und Bedrohungsanalyse eine übergreifende Sicherheitsarchitektur für den Kommunikationsverbund im und um den Hafen. Die detaillierte Anforderungsanalyse auf Basis der vier projektbegleitenden Szenarien sowie Evaluation der entwickelten Sicherheitsarchitektur und Dissemination der Projektergebnisse geschah federführend durch das ISL.
Umfangreiche Analysen als Grundlage für die praktische Umsetzung
Die Funktion moderner See- und Binnenhäfen basiert auf elektronisch verfügbaren Informationen, welche die physischen Waren begleiten oder diesen vorauseilen. Alle am Hafentransport beteiligten Akteure (wie z. B. Terminalbetreiber, Reeder, Spediteure, Betreiber von Port-Community-Systemen, Bahn, Hafenbehörden und Zoll) sind hierzu in einem komplexen Hafenkommunikationsverbund miteinander vernetzt und tauschen untereinander Informationen aus. Die Hafenprozesse sind davon abhängig, dass dieser gesamte IT-Kommunikationsverbund reibungslos funktioniert.
Selbst, wenn die einzelnen Systeme der Hafenakteure nach dem Stand der Technik abgesichert sind, bedeutet das nicht automatisch, dass der gesamte Hafenkommunikationsverbund im Zusammenspiel sicher ist. Ein Ausfall oder eine Manipulation von Nachrichten an einer Stelle kann zu erheblichen betriebs- und volkswirtschaftlichen Schäden in der Gesamtkette führen. Genau hier setzt das Projekt an: Die beteiligten Partner aus Forschung und Wirtschaft haben ein global abgestimmtes Sicherheitskonzept entwickelt, so dass der Kommunikationsaustausch in einem gesamthaft gesicherten und geschützten Umfeld ablaufen kann.
Hierzu wurde zunächst eine detaillierte Prozessanalyse der vier das Projekt begleitenden Szenarien (Gefahrgutanmeldung über das National Single Window, Container Logistik, XXL-Logistik, die den Transport und die Verschiffung von großen Gütern wie Windturbinen- oder Flugzeugteilen umfasst, und Binnenhafenterminal) durchgeführt. Federführend geschah dies durch Susanne Ficke, verantwortliche Projektleiterin beim ISL Bremen/Bremerhaven und ihrem Team: „Es wurden systematisch die komplexen Hafenprozesse, Kommunikationsstrukturen und die jeweiligen Sicherheitsanforderungen bei den beteiligten Akteuren analysiert bevor Risikobewertungen und Maßnahmen zur Risikobehandlung am Beispiel des Seehafens Bremerhaven erarbeitet werden konnten.“
„Jeder Akteur betreibt in der Regel seine eigenen, mitunter langjährig etablierten Anwendungen, die mit IT-Systemen anderer Partner über dedizierte Schnittstellen verbunden sind. Für die praktische Umsetzbarkeit einer zentralen Sicherheitsarchitektur war es uns wichtig, diese vorhandenen Strukturen zu berücksichtigen“, erläutert Michael Schröder, Projektmanager beim Projektpartner Hapag Lloyd den SecProPort-Ansatz. Um den Datentransfer zwischen den logistischen Akteuren abzusichern, setzt SecProPort daher auf einen einheitlichen Message Adaptor, der die Systeme der einzelnen Beteiligten effizient ergänzt und sicher miteinander verknüpft.
Integrität und Vertraulichkeit von Daten im Fokus
Um die Zurechenbarkeit und Manipulationsfreiheit von Daten zu gewährleisten, müssen in der SecProPort-Sicherheitsarchitektur kryptographische Verfahren angewendet werden. Dazu setzt der SecProPort Message Adaptor eine Publik Key Infrastruktur ein. Jeder Akteur erhält von der Zertifizierungsstelle ein eigenes Zertifikat, mit dem ein öffentlicher und privater Schlüssel zur digitalen Signatur sowie Ver- und Entschlüsselung von Nachrichten verbunden ist. Das verhindert die Manipulation von Nachrichten und ermöglicht es, die Echtheit des Absenders zu bestätigen.
Der Sicherheitsarchitektur liegt darüber hinaus eine rollenbasierte Zugriffskontrolle (RBAC – Role Based Access Control) zugrunde. Für jeden Akteur ist detailliert definiert, welche Informationen geschrieben, gelesen oder nicht eingesehen werden dürfen. „In der Kombination mit kryptographischen Verfahren bietet sich damit sogar die Möglichkeit, dass Daten von beteiligten Akteuren zwar weitergegeben, aber erst vom berechtigten Empfänger der Informationen entschlüsselt werden können“, erklärt Prof. Dr. Dieter Hutter vom Forschungsbereich Cyber-Physical Systems des Deutschen Forschungszentrums.
„Heutzutage sind nicht nur Sicherheitsmechanismen benötigt, um sich vor Cyberbedrohungen zu schützen, sondern auch eine Resilienzstrategie, um die Geschäftskontinuität auch bei Cybervorfällen zu gewährleisten“, erläutert Konsortialpartner Prof. Dr. Thomas Kemmerich (Universität Bremen). Unter Cyber-Resilienz versteht man die Fähigkeit, sich effektiv auf Cyber-Vorfälle vorzubereiten, diese zu verhindern, zu erkennen, darauf zu reagieren und sich davon zu erholen.
Dementsprechend trägt als weiterer Projektbaustein die Erkennung und konsequente Behandlung von Angriffen zu einer sicheren IT-Infrastruktur im Hafenkommunikationsverbund bei. Das SecProPort-Netz erfüllt Resilienzanforderungen, indem es potenziell mit Schadsoftware befallene oder böswillig agierende Akteure erkennt, die entsprechenden Kommunikationswege einschränkt und gegebenenfalls auf zusätzlich definierte Sicherheitsmechanismen zurückgreift. Zielsetzung ist es, Auswirkungen auf andere Akteure zu minimieren und das betroffene System kontrolliert wieder in einen Normalzustand zu überführen.
Eine Blaupause für andere Kommunikationsverbünde
Im Rahmen des Projektes ist ein Migrationskonzept erstellt worden, das beschreibt, wie die entwickelte Sicherheitsarchitektur nach und nach in einen Produktivbetrieb überführt werden kann. Konzipiert wurde SecProPort dabei ausdrücklich so, dass eine Umsetzung nicht nur im Seehafen, sondern auch für Binnenhäfen oder andere Strukturen möglich ist. Es wurde eine branchenspezifische Prüfgrundlage für kritische Infrastrukturen entwickelt, die mit allen relevanten Interessensgruppen abgestimmt werden kann. Diese erfüllt bereits die Anforderungen des IT-Sicherheitsgesetzes, der DSGVO und der ISO 27001 und kann somit als Vorlage für andere Häfen dienen.
Die eingesetzten offenen Datenformate und Plattformtechnologien erleichtern es ebenfalls, die entwickelte Sicherheitsarchitektur für andere Strukturen zu adaptieren. Dennoch stellt Projektkoordinatorin Karin Steffen-Witt heraus: „Sicherheit in einem Kommunikationsverband kann nur gemeinsam erreicht werden. Sicherheitsregeln müssen von allen Akteuren gemeinsam erarbeitet und vereinbart werden. Dafür müssen sich alle Akteure am Prozess beteiligen und allen die Mechanismen und Handlungsanweisungen transparent zugänglich gemacht werden.“
Weitere Informationen sowie ein Animationsvideo über das Projekt finden Interessierte auf der Projektwebseite