Auch auf den Wasserstraßen Bayerns wie etwa der Donau ziehen die niedrigen Wasserstände für die Binnenschifffahrt gravierende Folgen nach sich. Auf den Flüssen kämen viele Frachtschiffe inzwischen nur noch mit reduzierter Ladung durch, macht Sabine Lehmann, Geschäftsführerin des LBS – Landesverband Bayerischer Spediteure e.V. auf die aktuell schwierige wirtschaftliche Lage zahlreicher Betriebe aufmerksam. „Dies ist umso kritischer, als damit der Rhythmus von gut eingespielten Lieferketten gestört oder ganz unterbrochen wird. Das hat Folgen für zahlreiche weitere Unternehmen, die auf eine funktionierende Logistik angewiesen sind.“
In der Praxis bieten sich zwar immer auch Optionen für andere Verkehrswege an, doch seien sowohl bei der Bahn wie bei LKWs die verfügbaren Kapazitäten begrenzt. Damit lässt sich nach Angaben des LBS nur ein Teil der Schiffsfracht befördern, zumal deren spezielle Qualität (ein hoher Anteil an Schüttgut und Flüssigkeiten) auch spezieller Fahrzeuge für den Transport bedarf. „Um eine Größenordnung zu verdeutlichen: Die Fracht eines Binnenschiffs entspricht in etwa der Zuladung von 90 LKW.“ Im Interesse ihrer Kunden arbeiten die Reedereien mit Hochdruck an alternativen Fahr- und Transportplänen, um die durchgängige Versorgung sicherzustellen. Wegen der lang anhaltenden Trockenheit und des dadurch bedingten mangelhaften Nachflusses von Wasser aus den Quellgebieten arbeiten viele Betriebe allerdings unter Vorbehalt.
Sorgen bereiten vor allem die Wasserstände von „Flaschenhälsen“ wie auf der Donau. Aktuell meldete das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Regensburg am Wochenende 11./12. August an dem für den kritischen Donau-Abschnitt zwischen Straubing und Deggendorf maßgebenden Richtpegel in Pfelling den historischen Tiefstand von 2,28 m. Das sind zwei Zentimeter weniger als der bisherige Minusrekord vom 25.09.1947. Dieser Pegelstand entspricht einer Fahrrinnentiefe von 1,38 m, Mindestmaß für beladene Frachtschiffe ist 1,50 m.
„Die Schifffahrt muss nun anhand der vorhandenen Wasserstände ausrechnen und planen, wieviel Fracht aufgenommen werden kann, ohne sich festzufahren“, erklärt Lehmann. „Das bedeutet in vielen Fällen, das gebuchte Fracht zurückbleiben muss.“ Auf staugeregelten Flüssen wie dem Main sowie auf Kanälen sind die Auswirkungen zurzeit noch geringer: Das „Wasserabflussverhalten“ unterscheidet sich von den frei fließenden Flüssen und sorgt bisher für ausreichend Wasser unter dem Kiel.
Aus Sicht des LBS braucht es dringender denn je ein konsequentes Handeln der politisch Verantwortlichen, um die hinlänglich bekannten Engstellen so schnell wie möglich zu beseitigen. Dazu zählen insbesondere die Beseitigung des 70 km langen Engpasses an der Donau zwischen Straubing und Vilshofen, aber auch die geplanten Abladeoptimierungen der Fahrrinnen am Main. „Diese Baumaßnahmen sorgen auch in Niedrigwassersituationen für die notwendige Planbarkeit und Verlässlichkeit beim Gütertransport auf dem Wasser“, so Lehmann.
Siehe auch: Anja Scholten, Benno Rothstein: Entwicklung der Binnenschifffahrt auf dem Rhein unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Effekte und der Auswirkungen niedriger Fahrrinnentiefen auf die Transportkapazität der Binnenschifffahrt. In: Internationales Verkehrswesen (70) Heft 3|2018, S. 42-46 – [Erscheint 13.09.2018]