Technologie: Wissenschaft

Neuartige Sensorsysteme für das autonome Fahren und Fliegen

Sensorsysteme für das autonome Fahren und Fliegen
©_Universität Paderborn

[UPB]Bei einem großangelegten Forschungsvorhaben werden neuartige Sensorsysteme entwickelt, die die Zukunftsvision vom autonomen Fahren und Fliegen bald Realität werden lassen sollen.

Roboterautos oder Flugtaxis für den Personen- und Gütertransport – effizient, energiesparend, unbemannt. Bei einem großangelegten Forschungsvorhaben werden neuartige Sensorsysteme entwickelt, die die Zukunftsvision vom autonomen Fahren und Fliegen bald Realität werden lassen sollen. Durch innovative Mikroelektrik könnte damit auch der Energieverbrauch – verglichen mit heutiger Technik – um etwa 90 Prozent reduziert werden.

Das europaweite Vorhaben, bei dem 27 Partner aus Forschung und Industrie zusammenarbeiten, wird mit insgesamt rund 48 Millionen Euro gefördert, auf deutscher Seite u. a. vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Die Universität Paderborn ist mit dem Fachgebiet Sensorik an dem Projekt beteiligt. Das aus 14 Organisationen bestehende deutsche Konsortium wird von der Robert Bosch GmbH geleitet.

FD-SOI-Technologie für schnellere Schaltung
Die Mobilität der Zukunft erfordert leistungsfähige Sensoren und Steuerungssysteme, sowohl für das autonome Fliegen als auch für das autonome Fahren. „OCEAN12“ ist der Titel des öffentlich geförderten Projekts, das dafür bis Ende 2021 praxistaugliche Technologien entwickeln soll. Die Abkürzung steht für „Opportunity to Carry European Autonomous driving further with FDSOI technology up to 12nm node“.

Prof. Dr. Ulrich Hilleringmann, Leiter des Fachgebiets Sensorik an der Universität Paderborn, erklärt, was dahintersteckt: „Die sogenannte FD-SOI-Technologie (Fully-Deplected-Silicon-on-Insulator) ermöglicht die Herstellung eines besonderen Feldeffekttransistortyps, durch den Schaltzeiten deutlich kürzer und Leckströme reduziert werden. Auch die Energiebilanz der einzelnen Transistoren wird damit erheblich verbessert. Ein weiterer positiver Effekt ist mit der geringeren Empfindlichkeit gegenüber ionisierender Strahlung verbunden. So wird u. a. die Zuverlässigkeit der digitalen Speichereinheiten optimiert“.

Umgebungsdaten werden verarbeitet
Gemeinsam entwickeln die Projektpartner unterschiedliche Komponenten, die die Umgebungsdaten von Fahrzeugen und Flugzeugen nicht nur erfassen, sondern auch ganz konkret verarbeiten können. Dazu zählen Umfeldsensoren wie Kameras oder Radarsensoren und Mikroprozessoren. Die Daten werden später in Steuerbefehle für nachgelagerte Komponenten wie die Lenkung beim Auto oder die Antriebssteuerung beim Fluggerät umgewandelt.

An der Universität Paderborn entwickeln die Wissenschaftler um Hilleringmann in Zusammenarbeit mit Dr. Christian Hedayat, Abteilungsleiter des Fraunhofer-Instituts für Elektronische Nanosysteme (ENAS), ein hocheffizientes Werkzeug für sogenannte Mixed-Signal Systeme, die sowohl analoge als auch digitale Signale verarbeiten. Dabei entsteht ein Tool, das rechnergestützte Entwürfe von elektronischen Systemen anfertigt und eine umfassende Charakterisierung der Schaltungen basierend auf der FD-SOI-Technologie erlaubt. „Mit der Modellierungs- und Simulationsmethode können innerhalb kürzester Zeit die wichtigsten Eigenschaften der Mixed-Signal-Kernschaltungen zur Frequenzsynthese oder Takt- und Datenwiederherstellung vollständig charakterisiert werden. Dadurch wird letztendlich ein robuster Systementwurf gewährleistet“, so Hilleringmann.

Maximale Energieeffizienz
FD-SOI-Technologie ist als Fertigungsansatz für Halbleiter der Schlüssel zur Energieeffizienz: Eine zusätzliche Isolationsschicht im Chip reduziert sogenannte Leckströme, also solche, die abseits der eigentlichen Leitung fließen. „Das führt zu einer deutlichen Senkung des Stromverbrauchs und gleichzeitig zu höheren Rechengeschwindigkeiten“, erklärt Hilleringmann. „Ziel des Projekts ist, dass neue Sensorsysteme für zukünftige Mobilitätskonzepte bis zu 90 Prozent weniger verbrauchen als heutige“, sagt Dr. Tilman Glökler von Bosch, Koordinator des deutschen OCEAN12-Konsortiums. Entsprechende Sensorsysteme sollen auf einem sogenannten SoC (System on Chip) integriert werden. Auf ein vergleichbares Verfahren setzen auch Einplatinencomputer, bei denen fast alle Funktionen eines programmierbaren Systems auf einem Chip implementiert werden. Das ermöglicht u. a. besonders kleine Sensorsysteme.

Bei dem Vorhaben arbeiten Experten aus den Bereichen Halbleitertechnik, Elektronik, Luftfahrt- und Automobiltechnik zusammen. Neben Bosch und der Universität Paderborn sind aus Deutschland die AED Engineering GmbH, Airbus Defence and Space GmbH, Audi AG, die Eberhard Karls Universität Tübingen, Fraunhofer EMFT, Fraunhofer IIS, Fraunhofer IPMS, Globalfoundries, Unity Semiconductor GmbH, MunEDA GmbH, die Technische Universität Dresden und die Universität der Bundeswehr München an OCEAN 12 beteiligt. Das Gesamtvolumen liegt bei rund 103 Millionen Euro.


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