Kollisionsvermeidung ist eine der wichtigsten Aufgaben in der maritimen Navigation. Die ständig steigende Verkehrsdichte auf See sowie immer größere Schiffe machen diese Aufgabe besonders anspruchsvoll und belasten das Brückenpersonal erheblich. Daher hat das Konsortium um das Oldenburger OFFIS-Institut für Informatik, Raytheon Anschütz, Airbus und weitere Forschungspartnern ein intelligentes Kollisionsvermeidungs-System namens MTCAS entwickelt, das Nautiker bei der Navigation und Kollisionsvermeidung unterstützt.
Es steigert die Sicherheit auf See. Nach dem Vorbild des in der Luftfahrt verwendeten TCAS-Systems trägt das Kollisionsvermeidungs-System den Namen MTCAS (Maritime Traffic Alert and Collision Avoidance System). MTCAS ist ein intelligentes System, das zuverlässig Gefahrensituationen detektiert, die Koordiation zwischen Verkehrsteilnehmern unterstützt und den Nautikern hilft effektive Maßnahmen gegen mögliche Kollisionen zu ergreifen.
MTCAS benutzt Radardaten und AIS-(Automatisches Identifikations-System-)Daten, angereichert durch innovative Methoden für genauere Positionserkennung, Verhaltensvorhersagen auf Basis einer Wissensbasis aus Verkehrsdaten aus der Vergangenheit, Seekarten etc. Sind sich begegnende Fahrzeuge beide mit MTCAS ausgerüstet, werden die Intentionen der einzelnen Verkehrsteilnehmer durch Schiff-zu-Schiff-Kommunikation abgeglichen, was die Entscheidungsfindung auf der jeweiligen Brücke unterstützt. Insgesamt wird dadurch der Schiffsführer mit wertvollen Informationen zur Situationswahrnehmung sowie mit Empfehlungen für mögliche zukünftige Manöver versorgt und Fehlalarme sowie Missverständnisse vermieden. Die empfohlenen Manöver beachten selbstverständlich die Regeln der Schifffahrt (COLREGs).
„Mit MTCAS werden ganz neue lernende Ansätze der künstlichen Intelligenz für Assistenzsysteme in der Seefahrt eingesetzt, die sowohl den Nautiker auf See und an Land bei seiner Arbeit unterstützen als auch die Basis für zukünftige Entwicklungen für autonome Schiffe sind“, fasst OFFIS-Vorstand Prof. Axel Hahn die Perspektiven des Projektes zusammen. Für die Industriepartner lassen sie die Projektergebnisse nicht nur für die weitere Entwicklung von Kollisionsvermeidungs-Systemen nutzen. Vorrausschauende intelligente Assistenzsysteme auf Basis selbstlernender Verfahren finden ein breites Anwendungsfeld in der Seeraumüberwachung, im Verkehrsmanagement, der effizienten und sicheren Schiffsführung und in vielen anderen Bereichen.
Neben OFFIS und den Industriepartnern besteht das Projektkonsortium aus der Hochschule Wismar und dem Institut für Kommunikation und Navigation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Die im Rahmen des MTCAS-Projektes entwickelte Technologie wurde live in einer abschließenden Testkampagne in Wilhelmshaven zwischen dem 03. und dem 06.September 2018 im Testfeld eMIR mit Unterstützung des ICBM (Institut für Chemie und Biologie des Meeres) – Terramare der Universität Oldenburg und dem Senckenberg Institut erprobt und zum Abschluss der Öffentlichkeit demonstriert. Zu diesem Zweck waren das OFFIS-Forschungsboot „Zuse“ und der Forschungskutter „Senckenberg“ mit den entwickelten Prototypen ausgestattet. Außerdem wurde in einem voll ausgestatteten mobilen Container für die Seeraumüberwachung aus dem ACTRESS-Projekt der Einsatz der Technologie in Verkehrszentralen erprobt. Dieser Container diente als VTS-(Vessel Traffic Service-)System. – [YouTube-Video]
Verwandte Artikel:
– GALILEOnautic-Abschlusspräsentation zur automatisierten Schifffahrt (9. Juli 2018)
– LAESSI entlastet den Schiffsführer – Verbundprojekt abgeschlossen (23. März 2018)
– Neues Schiffssignalsystem – mehr Sicherheit auf dem Wasser (8. Juli 2017)