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Mexiko: Optimaler Erdbebenschutz für ein Flughafenterminal

Mexiko: Optimaler Erdbebenschutz für Flughafenterminal
Das Terminal des neuen Großflughafens von Mexiko wird komplett auf Erdbebenisolatoren stehen.
Foto: Maurer

[Maurer] In der Municipio Tecámac nahe Mexiko-Stadt entsteht ein neuer Großflughafen. Um das riesige Terminal gegen Erdbeben zu schützen, wird es mit speziellen Gleitpendellagern vom Untergrund entkoppelt – das größte isolierte Gebäude Lateinamerikas. SIP-DR-Speziallager des Maschinen- und Stahlbauunternehmens Maurer ermöglichen Entkopplung vom Boden und eine kurze Bauzeit von zweieinhalb Jahren. Am 21. März 2022 ist die Eröffnung geplant.

Auf dem Gelände 40 km nordöstlich des Stadtzentrums von Mexiko-Stadt befand sich bisher der Militärflughafen Santa Lucía. Ein Teil der vorhandenen Strukturen kann für den neuen internationalen Flughafen Felipe Ángeles (AIFA), der ca. 3,5 Mrd. USD kosten wird, weiterverwendet werden. Der 88 m hohe Tower und das Terminal 1 entstehen jedoch komplett neu.

An die lange Reihe der 38 Gates schließt mittig das trapezförmige Hauptgebäude an. Ein spiegelbildliches Terminal ist in einer zweiten Ausbaustufe geplant, die beiden Terminals sollen durch ein Einkaufszentrum verbunden werden. Anvisiert sind a

Mexiko: Optimaler Erdbebenschutz für Flughafenterminal

Der künftige Flughafen Felipe Ángeles (AIFA). Grafik: FGP Atelier

nfangs jährlich 20 Millionen Fluggäste, im Endausbau bis zu 80 Millionen. Die längere der beiden Landebahnen wird 4,5 km lang sein und damit für die größten Passagierflugzeuge ausreichen.

Region ist stark erdbebengefährdet
Das Terminal hat eine Fläche von über 215.000 m². Da die gesamte Region stark erdbebengefährdet ist, musste das Bauwerk gegen Beschädigung durch Erdbeben geschützt werden: Es wird deshalb vom Untergrund horizontal isoliert. So wird ein sofortiger Betrieb, selbst nach einem Starkbeben, sichergestellt. Es ist damit flächenmäßig eines der größten isolierten Gebäude nicht nur in Mexiko, sondern weltweit. Wegen der Wichtigkeit und hohen Sicherheitseinstufung wurden drei Erdbebenlastfälle für die Berechnung des Isolationssystems herangezogen. Der stärkste Lastfall (MCE – Maximum Credible Earthquake) hat eine Wiederkehrperiode von 2.475 Jahren und eine Spitzenbeschleunigung des Bodens von etwa 0,613 g.

Ein Lager in Großaufnahme. Foto: Maurer

Um diese Anforderungen zu erfüllen, wurden Gleitpendellager vom Typ SIP-DR eingebaut. SIP steht für Sliding Isolation Pendulum, Gleitpendelisolator. D (Double) signalisiert, dass das Lager zwei konkave Flächen statt einer hat. Damit können D-Lager kleiner und leichter gebaut und schneller montiert werden. Das R steht für Rotation. Die Verdrehungen im Bereich von 0,01 rad ergeben sich aus der wechselnden Gewichtsverteilung des weichen Stahlüberbaus im Lauf der Bauphasen. Zudem ist der Überbau als Stahlkonstruktion sowieso eher elastisch und „bewegungsfreudig“. Im sogenannten inneren Puck, dem zentralen Lagerstahlteil, ist deshalb zusätzlich eine Kalotte eingebettet, die als Gelenk wirkt. Ohne das Gelenk bestünde die Gefahr, dass das Gleitmaterial MSM® (Maurer Sliding Material) beschädigt würde. MSM® besteht aus einem thermoplastischen Kunststoff.

Insgesamt wird das Terminal auf 1.332 Isolatoren liegen. Aufgrund der Menge und des Zeitdrucks bestellte der Bauherr die Lager bei zwei Lieferanten. Maurer lieferte 473 SIP-Lager für eine Auflast von 520 t und eine horizontale Verschiebung von ±300 mm. Sie haben einen Durchmesser von 620 mm und sind 133 mm hoch.

Isolieren, dissipieren, zentrieren, übertragen
Die SIP-Lager haben folgende Aufgaben:

  • Reduzierung der maximalen horizontalen Beschleunigungen um den Faktor 6 auf 0,1 g. Dies wird durch Isolieren des Gebäudes von seinen Fundamenten erreicht. Dadurch kann das Gebäude über die Lager relativ bis zu ±300 mm in alle Richtungen horizontal frei verrutschen.
  • Sie bremsen die horizontalen Bewegungen durch Reibung ab und limitieren diese.
  • Sie zentrieren das Gebäude nach einem Erdbeben wieder in seine ursprüngliche mittige Position zurück.
  • Sie übertragen ca. 151.000 t vertikale Lasten des darüber liegenden Bauwerks.

Die SIP-DR-Lager mit MSM® Gleitwerkstoff und MSA® Gleitlegierung (Maurer Sliding Alloy) wurden ausgewählt wegen ihrer langen, in der Europäischen Zulassung zertifizierten Lebensdauer von mindestens 50 Jahren und ihrer extremen Leistungsreserven im Bereich der 2,5-fachen möglichen vertikalen Überbelastung. Zudem konnte die Produktion dieser Lagerart auch die strengen Vorgaben hinsichtlich Liefergeschwindigkeit erfüllen.

Geschwindigkeit als oberste Prämisse
Angesichts der knapp zweieinhalb Jahre Bauzeit ist das gesamte Projekt auf möglichst raschen Baufortschritt optimiert und liegt nach eineinhalb Jahren im Zeitplan. Auf dem vormaligen Militärflughafen stehen derzeit über 1.000 standardisierte und durchnummerierte Betonsockel in Reih und Glied. Sie wurden mit großen Toleranzen für die Lagerpositionierung gefertigt, damit die Montage möglichst schnell erfolgen kann. Vorbereitend wurden zudem Löcher zur Aufnahme der Lagerverankerungen ausgespart. Die Betonoberfläche wurde bewusst aufgeraut gelassen. Nach dem Einbetonieren des Lagers bewirkt dies eine optimale Übertragung der Scherkräfte zwischen Lager und Beton.

Generäle als Bauherren
Eine Besonderheit im Projekt ist der Bauherr SEDENA (Secretaría de la Defensa Nacional). Generäle des Verteidigungsministeriums von Mexiko steuern das Projekt. Dies wurde vom mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador so bestimmt, um einen schnellstmöglichen Bau unabhängig von wirtschaftlichen Interessen sicherzustellen. Selbstredend werden die Anforderungen von Luftfahrt, Einzelhandel und Gastronomie abgefragt, aber die Führung liegt beim Militär.

Sofort nach Fertigstellung der Fundamentsockel mit Isolatoren werden nach und nach vorgefertigte Stahlkonstruktionen aufgesetzt.