Infrastruktur: Wissenschaft

Manifest der freien Straßen – Straßen deutscher Städte völlig neu gedacht

Manifest der freien Straßen
<Symbolbild: Hans Braxmeier | pixabay

[TU Berlin] Seit über 70 Jahren dominiert das private Auto den öffentlichen Raum deutscher Städte. Eine kreativ-wissenschaftliche Allianz unter Beteiligung der Technischen Universität (TU) Berlin veröffentlicht nun ein Manifest, um dieses Dogma zu durchbrechen: Das Manifest der freien Straße beschreibt in sieben Thesen eine chancenreiche Zukunft für die Menschen in den Städten, wenn der öffentliche Raum radikal neu gedacht wird. Die Allianz ruft dazu auf, Pionier zu werden und den dringend benötigten Änderungsprozess mit anzustoßen.

Quasi jede Straße in jeder deutschen Stadt ist zugeparkt mit Autos, die im Durchschnitt mehr als 23 Stunden täglich herumstehen. Dieser höchst unproduktive Umgang mit dem knappen Stadtraum gab den Anstoß für die gemeinsame Arbeit der „Allianz der freien Straße“, bestehend aus der Denkfabrik paper planes e.V., den Mobilitätsforschenden am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und Beteiligungsexpert*innen der TU Berlin.

Freiwerdender Straßenraum als produktiver Ort
Geht es nach den Vorstellungen der Autor*innen, sind in der Zukunft ökologisch-nachhaltige Verkehrsträger wie Fahrräder oder geteilte Mobili­täts­angebote (Öffentlicher Nahverkehr und Sharing) das neue Normal. Private Autos werden dann nur noch von Menschen genutzt, die wirklich darauf angewiesen sind. Den Gewinn für die Nachbar­schaft, die Gesundheit der Menschen sowie den Kampf gegen den Klimawandel schätzen die Forscher*innen als enorm ein. Auch die Volkswirtschaft würde in vielerlei Hinsicht von der schrittweisen Umsetzung des Manifests profitieren: Der freiwerdende Straßenraum kann mittels Pavillons als Fernarbeitsplatz, für Infrastrukturversorgung oder Werk- und Produktionsstätten genutzt werden. Dadurch können nicht nur viele zeit­inten­sive Pendler*innenwege eingespart werden, sondern deutsche Städte auch ein Stück weit Unabhängigkeit von den globalen Krisen erlangen.

Konkrete Empfehlungen und umfangreiche Materialsammlung
Das Manifest belässt es nicht bei der bloßen Konzeption einer nachhaltigeren Stadt der Zukunft, sondern gibt mit Politik- und Beteiligungs­thesen auch konkrete Handlungs­empfehlungen, wie politischer Wille und Bürger*innenpartizipation ange­gangen werden sollten. Zu jeder der sieben Thesen des Manifests werden auf der Webseite www.strassen-befreien.de auch häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Thema beantwortet, Studien und Zukunftsszenarien vorgestellt sowie Fachbegriffe erklärt.

Ausstellung zum Manifest
Neben einem Besuch der Webseite, auf der auch das Manifest unterzeichnet werden kann, lädt die Allianz Interessierte zu einem Besuch ihres Experience Lab (Forster Straße 52, 10999 Berlin-Kreuzberg) ein: Hier hat paper planes e.V. eine Ausstellung eingerichtet, in der Besucher*innen die freie Straße sehen, riechen und hören können. Auf der „forsTerrasse“, die temporär auf ehemaligen Parkplätzen für die Nachbarschaft gebaut wurde, kann man die freie Straße im Kleinen erleben.

Die Allianz der freien Straße
Hinter dem Projekt „Straßen befreien“ steht die Allianz der freien Straße – eine kreativ-wissenschaftliche Zusammenarbeit dreier Berliner Akteure mit verschiedenen Schwer­punkt­­kompe­tenzen. Die Denkfabrik paper planes e.V. ist als Initiatorin des Projekts für die Gesamtkonzeption, die Zukunftsbilder und die Kampagnenarbeit zuständig. Die For­schungs­gruppe Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung des Wissenschafts­zentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) liefert die wissenschaftliche Expertise und steuert für das Projekt ihren großen Erfahrungsschatz bei Verkehrs­wende­pro­zessen bei. Das Fachgebiet Arbeitslehre/Technik und Partizipation der TU Berlin sichert im Projekt den Mitwirkungsprozess und sorgt dafür, dass Empfehlungen von Bürger*innen im Manifest Berücksichtigung finden.