Infrastruktur: Produkte

Kontrolle von Leitungsnetzen, Schienen, Straßen: Sicherheit aus der Luft

Kontrolle von Bahnanlagen von oben
Ja Mallander | pixabay

Professionelle Drohnenflüge sind inzwischen in vielen Bereichen Alltag geworden. Bislang jedoch steuern Piloten vom Boden aus die Fluggeräte. Dazu müssen sie diese aber immer im Auge behalten, was gerade in unwegsamem Gelände schwierig ist. Autonome Drohnen können eine große Erleichterung bringen: Sie dürften bald nicht nur die Betriebskosten bei der Kontrolle von Infrastruktureinrichtungen senken, sondern auch die Belastungen von Anwohnern und Umwelt verringern. Eine Innovation des jungen Münchener Unternehmenn FairFleet macht viele Hubschrauberflüge überflüssig und gestaltet gefährliche Kontrollaufgaben sicherer.

Im Bereich von Bahnanlagen gibt es unzählige Fragen, die durch solche Flüge einfach beantwortet werden können. Das beginnt beim Bau: So lässt sich feststellen, ob die Fundamente für die Oberleitungsmasten im richtigen Abstand zu Schienen verlegt wurden. Die automatische Bildauswertung gibt auch gleich Aufschluss darüber, ob die richtige Menge Erdreich aufgebracht wurde – und sie kann dabei sogar zwischen grobem und feinkörnigem Kies unterschieden. Damit trackt die Drohne zum Beispiel, ob sich die Bauunternehmer an die Abmachungen halten – oder nicht doch billigere Materialien verwendet haben. Die unterschiedlichen Volumina verraten der Kameradrohne solche Tricks. Während der gesamten Bauphase kann zudem aus der Luft schnell und effizient erkannt werden, ob alle Rohstoffe eingetroffen sind und auch am richtigen Ort liegen.

Auch die Neigungswinkel von Bäumen sind einfach zu bestimmen. Damit erkennen die Kontrolleure rasch, ob in absehbarer Zukunft Maßnahmen getroffen werden müssen und wie lange Bäume oder Büsche an Gleisanlagen wohl noch unproblematisch bleiben. Mit Hilfe der Auswertungssoftware wird sogar klar, ob ein Baum überhaupt bis auf die Schienen fallen würde. Das lässt sich vorab durch seinen Fallradius berechnen.

Zugleich werden immer stärker vorrausschauende Wartungstechniken gefragt, der Fachbegriff lautet „Predictive Maintenance“. Schäden sollen damit schon möglichst frühzeitig entdeckt und behoben werden. Im Idealfall werden Störungen bereits verhindert, noch ehe sie eintreten. Solche komplexen Aufgaben sind aber nur mit Hilfe digitaler Anwendungen möglich. Der unbemannte Flugroboter aus dem Test in Baden-Württemberg (s. Box) nutzt diese fortschrittliche Technologie während des Fluges und setzt sie auch bei der späteren Auswertung der Drohnenbilder ein.


Keine zwei Meter Spannweite besitzt das elektrische Flugzeug, das im Frühjahr in der Region zwischen Ulm und Bodensee in die Luft ging. Das unbemannte Fluggerät war eine Drohne auf spezieller Mission: In 60 Metern Höhe überflog sie die Trasse einer Pipeline und schoss dabei über eine Distanz von 45 Kilometer hochauflösende Fotos von der Strecke. Es war eine technische Premiere, noch nie zuvor in Deutschland hatte ein so langer Flug autonom stattgefunden. Auf der vorbestimmten Strecke lenkte sich das kleine Flugzeug ohne jeden Eingriff eines Piloten am Boden.


Jarun Obenauer ist Geograf und erstellt bei FairFleet digitale Modelle der automatischen Drohnenfotos. Noch drücken Fotografen im Hubschrauber auf den Auslöser, oft mehrere Stunden am Stück. „Das ist ermüdend und führt deshalb zu Fehlern“, erklärt Obenauer. Die Drohne liefert gleichbleibend hohe Qualität und ist zuverlässiger als der menschliche Kontrolleur. „Wir haben auf den Bildern zum Beispiel eine kleine weiße Fläche erkannt, die vom Heli aus übersehen wurde“, erzählt Obenauer über den Testflug. Eine solche Verfärbung des Bodens deutet auf ein Leck an der Pipeline hin.

Wie sich bei dem autonomen Flug entlang der Pipeline herausstellte, könnten Öl- und Gasleitungen mit autonomen Drohnen also nicht nur leiser und günstiger, sondern sogar zuverlässiger inspiziert werden als bislang. Künftig könnte eine Drohne auch Gleise und Anlagen inspizieren und dabei selbst kleinste Veränderungen am Material registrieren. Minimale Abweichungen im Höhenprofil würden zum Beispiel auf drohende Schäden hinweisen.

Kontrolle von Pipelines von oben

Rainer Brückner | pixabay

Das kleine Flugzeug bewies beim Testflug immer wieder seine Genauigkeit. So entdeckte es unangemeldete Baufahrzeuge im unmittelbaren Gefahrenbereich der Pipeline. Das überzeugte auch die anwesenden Experten von Flugsicherung und Luftaufsichtsbehörden. Der erfolgreiche Abschluss des Projekts macht nun den Weg für unbemannte Drohnenflüge in ganz Deutschland frei. FairFleet-Gründer und Chief Innovation Officer Dario Manns setzt besonders auf autonome Fluggeräte mit beweglichen Flügeln: „Ich sehe ein großes Potenzial für ein Netzwerk aus sogenannten Tilt-Wing-Drohnen. Diese können senkrecht starten und landen, bewältigen aber auch lange Strecken energieeffizient und emissionsfrei.“

Die Möglichkeiten der unbemannten Flüge sind riesig: „Autonome Kontrolle aus der Luft wird ein ganz neues Geschäftsfeld“, sagt Florian Waubke, Mitgründer und CEO von FairFleet. Das Münchener Unternehmen wickelt seit 2016 kommerzielle Drohnenflüge in aller Welt für seine Kunden ab. Die Fluggeräte werden bislang von Piloten am Boden gesteuert, FairFleet verwaltet die Einsätze über seine digitale Plattform. 2.000 Piloten in über 50 Ländern umfasst das Netzwerk für solche Profi-Einsätze.

Kunden kommen aus der Industrie, von Versicherungen oder aus der Landwirtschaft. Sie lassen ihre Objekte aus der Luft dokumentieren, weil das viele Vorteile bringt. Die Inspektion eines großen Solarfeldes zum Beispiel dauert per Drohne wenige Stunden, wo bislang menschliche Kontrolle tagelang dauert. „Wir dokumentieren exakt, an welchen Stellen die Solaranlage defekt ist, so dass eine Reparatur schnell und zuverlässig möglich wird“, erklärt Waubke das Geschäft. Wenn derartige Kontrolle künftig auch autonom möglich ist, erweitern sich die Möglichkeiten sogar noch. Fast jede Art von großer und unübersichtlicher Infrastruktur kann dann sehr einfach und günstig überwacht werden: Bahntrassen ebenso wie Leitungen oder andere Versorgungseinrichtungen.