Technologie: Wissenschaft

HyBird gewinnt: Uni Stuttgart siegt bei der NASA/DLR-Design Challenge

Gewinnerkonzept HyBird des Teams aus Stuttgart
Gewinnerkonzept HyBird des Teams aus Stuttgart. ©_DLR|CC-BY 3.0

Kleine effiziente Fluggeräte für den individuellen Passagier- und Frachtverkehr werden zukünftig deutlich an Bedeutung gewinnen. Schon heute spielen Zubringerflugzeuge eine entscheidende Rolle, um entlegene Gebiete anzubinden. Die NASA/DLR Design Challenge 2019 ließ Studierende in Deutschland und den USA ihre Visionen für die kleinen Flugzeuge entwerfen: Flexibel zwischen Fracht- und Passagierverkehr, zwischen autonom- und pilotengesteuert sowie effizient und umweltschonend sollten sie sein. Das Team der Universität Stuttgart mit seinem wegweisenden Entwurf HyBird und das Team der University of California mit dem BW-1 „Big Skipper“ wurden am NASA Langley Research Center als Gewinner in einem gemeinsamen Symposium mit anerkannten Luftfahrtforschern gewürdigt.

„Diese Design Challenge ist nicht nur etwas für den Kopf, sondern auch für das Herz“, sagt Prof. Rolf Henke, DLR-Vorstand für Luftfahrtforschung, zu den Studierenden anlässlich des Symposiums. „Sagen Sie Ihren Kommilitonen an den Universitäten, dass sich eine solche Übung lohnt, dass die Ergebnisse solch einer Herausforderung Erfüllung bringen, dass die Arbeit in so engagierten Gruppen einen großen Mehrwert bietet und dass es eine einmalige Chance für den weiteren Berufsweg ist, mit DLR- und NASA-Vertretern zusammenzuarbeiten.“

Dana Gould, stellvertretender Direktor des Aeronautics Research Directorate am NASA Langley Research Center ergänzt: „Wir haben eine wirklich aufregende Zeit in der Luftfahrt mit der Forschungsarbeit für die Urban Air Mobility, unser leises Überschallflugzeug X-59 und Designs für einen möglichen Demonstrator für elektrisches Fliegen. Die NASA/DLR Design Challenge ist eine großartige Möglichkeit, die Studierenden dazu anzuregen, ihre eigenen Lösungen zu finden für die realen Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen und die die Luftfahrt für uns alle verändern werden.“

Elektrisch starten auf kurzer Distanz
Der prämierte Entwurf HyBird des Studierenden-Teams der Universität Stuttgart um Florian Will, Jonathan Stober, Felix Ladwein, Jonas Mangold und Michael Lang liefert einen vielseitigen Allrounder für die umweltfreundliche Anbindung abgelegener Gebiete in Zeiten steigender Anforderungen an die Luftfahrt vor dem Hintergrund des Klimawandels. Neun Passagiere oder (bei gefalteten verstauten Sitzen) eine Tonne Fracht passen in das Fluggerät, das durch die ungewöhnliche V-Form des Leitwerks und die vier großen effizient platzierten Propeller an den Flügel- und Leitwerkspitzen auffällt.

Ein Coanda-Hochauftriebssystem mit aktiver Zirkulationskontrolle, sowie ein zusätzlicher elektrischer Boost mit Batterien, sorgen für Starts auf kürzester Distanz. Im Flug versorgen zwei Gasturbinen die Propeller und Bordsysteme des Hybridflugzeugs mit Strom. Eine Turbine kann während des Reisefluges abgeschaltet werden, was den Betrieb besonders effizient und emissionsarm macht. Für den Frachttransport kann HyBird autonom starten, fliegen und Landen, während GPS, Radar und Lidar Umgebungsinformationen liefern. Im Passagierbetrieb wird der Pilot durch die Systeme unterstützt. Am Boden rollt das Flugzeug geräuschlos mit elektrischen Fahrwerksmotoren. Dabei sind alle Technologien so gewählt, dass ein rascher Markteintritt 2025 realisiert werden könnte.

„Es war für uns eine einmalige Chance unsere Kreativität im Bereich des Flugzeugentwurfs auszuleben“, sagt HyBird-Teammitglied Michael Lang. „Für die Zukunft wünschen wir uns, dass die Luftfahrt von solchen Konzepten profitiert und damit umweltfreundlicher wird.“

Im Wettbewerbsteil der NASA überzeugte das Team der University of California mit dem Konzept BW-1 „Big Skipper“, einem effizienten Zwei-Propeller-Turboprop-Flugzeug, das mit maßgeschneiderten, geräuscharmen Propellern aufwartet sowie Tragflächen mit einem strömungsoptimalen Laminar-Flow-Flügel-Design für höhere Reiseflugeffizienz aufweist. Leichte Verbundwerkstoffe steigern die Effizienz des Fluggeräts zusätzlich, das ebenfalls mit Systemen für autonome Flüge ausgestattet ist. Mehr als eine Halbierung üblicher Strecken auf Start- und Landebahn sowie eine Reduktion des Treibstoffverbrauchs um ein Drittel zeichnen den BW-1 „Big Skipper“ aus.

NASA/DLR Design Challenge 2018/2919 im Überblick
Auch dieses Jahr stellen sich die Studierenden hohen Anforderungen der Jury an die Leistungsfähigkeit ihrer Entwürfe: Ihre Flugzeugkonfigurationen sollen auf sehr kurzen Start- und Landebahnen einsetzbar sein und gleichzeitig eine akzeptable Reisegeschwindigkeit aufweisen. Neue Technologien aus den verschiedensten Disziplinen waren in die Entwürfe zu integrieren, einschließlich einer Prüfung von Konzepten, die kurzfristige Nutzungswechsel vom Passagier- hin zum Frachttransport ermöglichen. Dabei wurde auch die Frage untersucht, ob eine Symbiose von Passagierflügen mit Piloten und automatisierten, unbemannten Frachtflügen die Attraktivität derartiger Flugzeuge für die betreibenden Fluglinien steigern kann.

Fünf Teams bestehend aus insgesamt etwa 40 Studentinnen und Studenten haben innovative Entwürfe eingereicht. Das Kick-off-Meeting fand im April 2019 im DLR in Braunschweig statt, einschließlich einer Einführung in die Aufgabenstellung und einer Besichtigung des Standorts. Die deutsche Fachjury, der neben DLR-Luftfahrtvorstand Henke die Direktoren verschiedener DLR-Luftfahrtinstitute angehörten, hat das Gewinnerteam nach den abschließenden Präsentationen im August 2019 am ZAL in Hamburg gekürt. Die Sieger reisten nun im September 2019 zur NASA in die USA und präsentierten dort vor Luftfahrtexperten neben dem amerikanischen Gewinnerteam ihren Designvorschlag im Rahmen eines Symposiums.

DLR-Luftfahrtvorstand Henke rief die NASA/DLR Design Challenge zusammen mit NASA-Luftfahrtadministrator Dr. Jaiwon Shin ins Leben. Der Wettbewerb 2018/2019 fand zum insgesamt dritten Mal statt. Jedes Jahr bietet er Studierenden technischer Hochschulen in Deutschland und den USA die Möglichkeit, an realen und aktuell noch offenen Fragen der modernen Luftfahrt zu arbeiten.