[DLR] – Wie hat sich das Mobilitätsverhalten in Deutschland im zweiten Corona-Lockdown verändert? Dieser Frage geht das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in einer Studie nach.
Von Ende November bis Anfang Dezember befragten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DLR zum dritten Mal rund 1.000 repräsentativ ausgewählte Personen. Wie bei den ersten beiden Umfragen im Frühjahr und Sommer 2020 interessierten sie sich für das Mobilitätsverhalten in den Bereichen Arbeit, Freizeit, Einkaufen und Reisen in Lockdown-Zeiten. „Erneut haben wir Veränderungen festgestellt: Der Reiseverkehr an Weihnachten wird voraussichtlich um rund die Hälfte zurückgehen. Der Trend zum Online-Shopping bleibt bestehen – und der dramatische Rückgang bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel setzt sich fort“, fasst Dr. Claudia Nobis vom DLR-Institut für Verkehrsforschung die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
Deutlicher Einbruch beim Weihnachtsreiseverkehr
Die überwältigende Mehrheit von 80 Prozent gibt an, über die Feiertage nicht verreisen zu wollen. Nur acht Prozent planen eine Reise, fünf Prozent waren zum Zeitpunkt der Befragung unsicher. Sechs Prozent wussten unabhängig von der Corona-Pandemie noch nicht, wo sie Weihnachten verbringen. „Bleiben alle Unentschlossenen zu Hause, sinkt das Reiseaufkommen im Vergleich zu den letzten Jahren um 60 Prozent. Aufgrund des verschärften Lockdowns Mitte Dezember ist ein erheblicher Rückgang sehr wahrscheinlich“, erläutert DLR-Forscherin Claudia Nobis.
Ob eine Reise zu Weihnachten geplant ist, hängt stark vom Verhalten im Vorjahr ab. Wer im Jahr 2019 verreiste (22 Prozent), will auch 2020 unterwegs sein. Je jünger die Befragten sind, umso höher ist der Anteil mit Reiseabsichten: 19 Prozent bei den unter 29-Jährigen, hingegen nur zwei Prozent bei den über 65-Jährigen.
Weihnachtseinkäufe: Trend zum Online-Shopping
Corona wirkt sich nach wie vor stark auf das Einkaufsverhalten der Deutschen aus: Der Anteil der Personen, die seit dem ersten Lockdown im Frühjahr Produkte im Internet kaufen, steigt weiter. 50 Prozent gaben an, in den letzten vier Wochen ein bis drei Mal online bestellt zu haben. 36 Prozent tun das wöchentlich. Nur 14 Prozent haben nichts bestellt. Gleichzeitig ist die Zahl der Befragten, die sich beim Einkaufen in Geschäften unwohl fühlen, seit Sommer gestiegen.
Auch beim Kauf von Weihnachtsgeschenken ist das Internet wichtiger als im Vorjahr: 37 Prozent erklärten, ihre Präsente größtenteils online zu kaufen. Im Vorjahr waren es 22 Prozent.
Trends verstetigen sich: Auto versus Öffentliche, geringeres Wegeaufkommen
„Unser Mobilitätsverhalten ist geprägt von Routinen. Diese weisen selbst in der Krise eine hohe Stabilität auf. Allerdings beobachten wir, dass sich in der anhaltenden Corona-Situation auch neue Routinen bilden“, bilanziert Claudia Nobis. „Dazu gehört, dass immer mehr Menschen den privaten PKW nutzen – und zwar unabhängig vom normalen jahreszeitlichen Anstieg im Winter.
Gleichzeitig setzt sich der dramatische Rückgang bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel fort“. Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmenden legt weniger Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück. Der Anteil an Personen, die sogar viel weniger Wege mit den Öffentlichen zurücklegen, ist auf 37 Prozent gestiegen. Das sind 16 Prozent mehr als im Sommer. Der Hauptgrund dafür ist, dass das Unbehagen in öffentlichen Verkehrsmitteln wieder zugenommen hat. Das Auto verzeichnet hingegen nach wie vor einen deutlichen Wohlfühlfaktor.
Im November-Lockdown haben die Befragten ihre Mobilität nochmals deutlich reduziert: 56 Prozent haben in den letzten sieben Tagen weniger oder viel weniger Wege zurückgelegt als sonst üblich.
Zum ersten Mal hat das DLR die Befragten um eine Einschätzung gebeten, welche Verkehrsmittel sie in Zukunft nutzen werden. „Die Antworten spiegeln sehr deutlich das während der Pandemie entwickelte neue Verhalten wider“, erläutert Nobis. 18 Prozent wollen mehr zu Fuß gehen, sechs Prozent mehr Fahrrad fahren und neun Prozent mehr das Auto nutzen. 19 Prozent gaben an, den öffentlichen Nahverkehr seltener nutzen zu wollen.
Veränderungen auch bei Homeoffice und Freizeitaktivitäten
Das Arbeiten von zu Hause spielt nach wie vor eine wichtige Rolle. Der Anteil der Berufstätigen im Homeoffice ist weiter leicht gestiegen: 40 Prozent der Befragten arbeiten teilweise oder immer von daheim. Auch in eher ländlich geprägten Regionen scheint dies zuzunehmen, in Städten wird generell mehr im Homeoffice gearbeitet. Die Zufriedenheit mit dem Arbeiten von zu Hause ist allerdings gesunken: Im Sommer bewerteten rund 75 Prozent diese Option als positiv, nun sind es 66 Prozent.
Auch bei Freizeitaktivitäten gaben viele Menschen an, sich unwohl zu fühlen. Dies trifft besonders auf Treffen mit Freunden, Verwandten oder Bekannten zu. Aufgrund des Lockdowns haben 37 Prozent in den letzten sieben Tagen draußen keine Freizeitaktivitäten mehr unternommen. 63 Prozent sind mindestens ein Mal rausgegangen – häufig für einen Spaziergang oder für Sport im Freien.
Details zur Studie sowie weitere Zahlen und Grafiken