Mobilität: Projekte

„AuRa“-Projekt: Autonome Lastenräder in der Magdeburger Innenstadt

„AuRa“-Projekt: Autonome Lastenräder in der Magdeburger Innenstadt
Test im Mixed-Reality-Labor des Virtual Development Training Centers des Fraunhofer IFF. Bild: Jana Dünnhaupt | Uni Magdeburg

[Universität Magdeburg] Umweltpsychologinnen der Uni Magdeburg untersuchten im „AuRa“-Projekt Akzeptanz von autonomen Lastenrädern

Ein von Ingenieuren der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg entwickeltes, autonom durch den Magdeburger Stadtverkehr navigierendes E-Lastenrad wird in einer Testreihe im Rahmen des Forschungsprojektes „AuRa“ mit potenziellen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern in allen Verkehrssituationen als sicher und vertrauenswürdig eingeschätzt. Eine Mehrzahl der Probanden verbindet das Thema autonomes Fahren mit positiven Emotionen und spricht sich für eine baldige Einführung autonomer Lastenräder aus.

Das sind Ergebnisse einer umweltpsychologischen Studie im Rahmen des Forschungsprojektes „AuRa – Flexibler Einsatz autonomer Fahrradsysteme für Logistik- und Beförderungsaufgaben“.

Ein Team aus Maschinenbauern, Informatikern, Logistikern, Betriebswirtschaftlern und Umweltpsychologen der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg entwickelt im Verbund ein autonomes E-Lastenrad, das auf Anfrage selbstständig zum Nutzer navigiert. Ziel der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es, eine Rufbereitschaft autonomer Lastenräder in der Landeshauptstadt Magdeburg zu realisieren. „Bis 2022 wollen wir mit einer Flotte von 5 E-Bikes den öffentlichen und individuellen Nahverkehr ökologisch und ökonomisch wirkungsvoll ergänzen und prototypisch ein Bike-Sharing-System mit Fahrradruffunktion im Umfeld des Universitätscampus aufbauen“, erklärt der Projektleiter, Priv.-Doz. Dr.-Ing. Stephan Schmidt vom Institut für Mobile Systeme der Universität Magdeburg.

Über eine Smartphone-App wird sich das Fahrzeug zu jedem beliebigen Standort rufen lassen und nach Nutzung selbstständig in ein zentrales Depot zurückbewegen. Den Fahrern werden variabel konfigurierbare Aufsätze zur Verfügung stehen, mit denen sich beispielsweise einfache Lasten transportieren oder zusätzliche Personen, z. B. Kinder, befördern lassen.

Umweltpsychologen haben dafür in einer ersten Befragung die Nutzerperspektive erforscht und die Akzeptanz des Lastenrades durch Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern abgefragt. „Wir haben untersucht, wie Personen reagieren, wenn in der Stadt ein autonomes Fahrrad an ihnen vorbeifährt und uns gefragt, wie das Fahrzeug den Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern deutlich machen kann, was es als nächstes vorhat, wo es hinfahren will“, erklärt die Wirtschaftsingenieurin und Medienpädagogin Sigrid Salzer, Leiterin des Teilprojektes Mensch-Technik-Interaktion.

In zwei Testreihen hat das Projektteam aus dem Bereich der Umweltpsychologie der Universität Magdeburg das autonome Lastenrad knapp 250 Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern zwischen 18 und 81 Jahren virtuell präsentiert, zum einen im Virtual Development Training Center (VDTC) des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung Magdeburg, zum anderen in einem Fahrsimulator des Fraunhofer-Instituts für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM in Kaiserslautern. Ziel war es, sowohl die Wirkung des autonomen Lastenrades auf Fußgängerinnen und Fußgänger als auch auf Autofahrerinnen und Autofahrer einschätzen zu können.

„In beiden Laboren erlebten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das autonome Lastenrad in unterschiedlichen, typischen Verkehrssituationen: etwa beim Überqueren der Straße, wenn ein Hindernis auf dem Fuß- oder Fahrradweg umgangen werden musste und beim Einparken oder Abbiegen an einer größeren Kreuzung. Insgesamt durchliefen sie sieben dieser Szenarien“, erläutert Sigrid Salzer.

Entscheidend war es herauszufinden, in welcher Konstruktionsweise das autonome Lastenrad als sicheres Verkehrsmittel eingeschätzt wird. Dafür wurden Symbole auf einem gut sichtbaren Display und blinkerähnliche LEDs variiert. Darüber hinaus wurde beobachtet, wie Personen auf unterschiedliche Geschwindigkeiten des Lastenrades reagierten. „Die Signale des Lastenrades wurden im Straßenverkehr von den Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern als gut und hilfreich empfunden. Dabei hat sich gezeigt, dass etwa ein Lastenrad, das mit LEDs statt mit Symbolen auf dem Display mit seiner Umwelt kommuniziert, etwas besser abschneidet“, fasst Sigrid Salzer die Ergebnisse zusammen.

Das Forscherteam hat außerdem positive und negative Emotionen untersucht, die das Thema autonomes Fahren bei Menschen auslöst. „Insgesamt zeigt sich uns eine starke bis sehr starke Tendenz zu positiven Emotionen bei gleichzeitig überwiegend schwachen bis sehr schwachen Empfindungen negativer Emotionen“, so Sigrid Salzer. „Mit 71 Prozent im VDTC und 59 Prozent im Fahrsimulator sprachen sich weit mehr als die Hälfte der Versuchsteilnehmerinnen und -teilnehmer dafür aus, das autonome Lastenrad selbst nutzen zu wollen.“

Passionierte Radfahrer oder Personen, die den klimaschädlichen Autoverkehr generell als ein Problem wahrnehmen würden, seien eher bereit, klimaschonende Verkehrsmittel wie ein autonomes Transportrad zu nutzen, so Salzer. Umgekehrt werde aber auch deutlich, dass die positive Einstellung gegenüber nachhaltiger Mobilität umso mehr sinkt, desto höher die Automobilität priorisiert wird.

In den kommenden Monaten soll mit weiteren Testreihen der nutzerfreundliche Zugang zum Angebot des autonomen Lastenrades untersucht werden. Dafür werden noch Teilnehmende gesucht. Eine Anmeldung ist unter befragung.aura@ovgu.de möglich. Weitere Informationen zum Projekt auf der Projekt-Webseite.

Das Projekt „AuRa“ wird gefördert durch das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr auf Basis der Grundsätze über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Forschung, Einführung und Nutzung intelligenter Verkehrssysteme.