[Frankfurt UAS] – Wissenschaftler wollen im Forschungsprojekt ASIMOW Mobilitätsverhalten simulieren, um verkehrspolitische Maßnahmen für alle Beteiligten besser abzuschätzen.
Welche Maßnahmen in Mobilität und Verkehr führen dazu, dass möglichst viele Menschen insgesamt einen positiven Nutzen daraus ziehen? Indem sie eine Simulationsumgebung für Mobilitätsverhalten im Rhein-Main-Gebiet erproben, wollen Wissenschaftende des Research Lab for Urban Transport (ReLUT) der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) Verbesserungsmöglichkeiten für den Verkehr im Rhein-Main-Gebiet aufzeigen. Im Vergleich zu den konventionellen Verkehrsmodellen soll bei diesem Vorgehen die Heterogenität der Menschen stärker berücksichtigt werden. Dabei sollen neben den Verkehrsteilnehmenden auch Anwohnende mit ihren unterschiedlichen soziodemografischen Hintergründen berücksichtigt werden. Damit könnten bessere Prognosen zu Nutzen und Kosten von Maßnahmen, auch in Form von Reisezeit und Emissionen, für die verschiedenen Personengruppen möglich werden – und so auch differenziertere Bewertungen dieser Maßnahmen.
Das Forschungsprojekt mit dem Titel „Agentenbasierte Simulationsmodelle für Mobilitätsmuster im Rhein-Main-Gebiet zur Evaluation von Wohlfahrtseffekten verkehrlicher Maßnahmen“ (ASIMOW) wird für zwei Jahre in der neuen Förderlinie „LOEWE-Exploration“ für unkonventionelle innovative Forschung vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert. Das geplante Projekt ist vor allem deshalb unkonventionell, weil dieser Simulationsansatz bisher noch nicht gezielt für wohlfahrtsökonomische Fragestellungen eingesetzt wurde.
Die Projektbeteiligten nutzen die am ReLUT vorliegenden umfangreichen Daten zu Verkehrsströmen. Sie setzen dabei auf eine rechenintensive Modellumgebung, um die Auswirkungen solcher Maßnahmen künftig differenzierter und umfangreicher einschätzen zu können. Damit wollen sie einen Beitrag zur gesellschaftlichen Entscheidungsfindung leisten. „Sollten die Simulationsmodelle so gut funktionieren, wie wir das anstreben, kann damit abgeschätzt werden, wie sich verkehrliche Maßnahmen, etwa neue Radwege, eine City-Maut oder auch längerfristige Trends wie z.B. Homeoffice oder ein größeres Umweltbewusstsein, auf einzelne Personengruppen auswirken. Innovativ wird hier sein, dass Gewinner und Verlierer einzelner Maßnahmen identifiziert werden können. Die Akzeptanz von Maßnahmen kann dann gefördert werden, wenn Verlierer kompensiert werden“, erklärt Prof. Dr. Marco Sunder, einer der beiden Projektleiter und Professor für Transportökonomik.
„Unsere Simulation soll der strategischen Stadtplanung und Verkehrspolitik nutzen und ein Tool für eine Maßnahmenevaluation bieten“, so Prof. Dr. Tobias Hagen, Projektleiter und Professor für Volkswirtschaftslehre und Quantitative Methoden und Direktor des Research Lab for Urban Transport.
Über die agentenbasierte Simulation (mit vielen simulierten Entscheidungsträger:innen mit individuellen Eigenschaften) kann gezeigt werden, wie z.B. tausend Individuen (= Agenten), mit dem Ziel, in möglichst kurzer Reisedauer von A nach B zu kommen, sich auf ihrem Weg ausweichen, verlangsamen oder einen anderen Weg einschlagen. Ist beispielsweise ein neuer Radweg geplant, könnte simuliert werden, wie sich die Verkehrsströme ändern, was dies über die Emissionen aussagt und welche Gruppen von einem solchen Radweg profitieren oder dadurch verlieren würden. Das könnte auch Wege aufzeigen, um die Akzeptanz der neuen Maßnahme zu erhöhen.
Die Forschungsprojekte in der neuen Förderlinie „LOEWE-Exploration“, zu der auch das Projekt ASIMOW gehört, werden aus dem Forschungsförderprogramm LOEWE mit Projektmitteln in Höhe von insgesamt rund drei Millionen Euro für die Laufzeit von zwei Jahren ausgestattet. Damit können die Wissenschaftler:innen eine unkonventionelle Hypothese oder einen radikal neuen Ansatz testen. Das 2008 aufgelegte hessische Exzellenzprogramm LOEWE fördert in nunmehr fünf Förderlinien hervorragende Forschungsprojekte, hochinnovative Forschungsideen und exzellente Wissenschaftler:innen. Seit 2008 wurden bereits 15 LOEWE-Zentren, 64 LOEWE-Schwerpunkte sowie 324 LOEWE-KMU-Verbundvorhaben zur Förderung ausgewählt.