Logistik

Weltbank-Studie: Der Logistik fehlen die Fachkräfte

weltbank-studie
Foto: pixabay.de

Weltweiter Logistik-Fachkräftemangel könnte sich noch ausweiten

Qualifizierte Fachkräfte fehlen weltweit in allen Logistik-Bereichen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von Professor Alan McKinnon, Professor Kai Hoberg  und Dr. Christoph Flöthmann von der Kühne Logistics University (KLU) in Hamburg im Auftrag der Weltbank. Die Weltbank-Studie zeigt, dass der Logistik neben Fachkräften im operativen Bereich auch gut ausgebildete Führungskräfte fehlen. Nach Meinung der KLU-Wissenschaftler wird sich der weltweite Fachkräftemangel der Logistik noch ausweiten, wenn Unternehmen und Regierungen nicht jetzt gegensteuern.

„Der Logistiksektor ist in der Vergangenheit weltweit um rund fünf Prozent pro Jahr gewachsen“, erklärt McKinnon. „Die Branche hat es aber nicht geschafft, genügend qualifiziertes Personal anzuziehen, um dieses Wachstum nachhaltig zu unterstützen und immer komplexere Abläufe in der Lieferkette abzudecken.“

Die drei Wissenschaftler haben weltweit rund 300 Experten aus Unternehmen, Regierungen, Bildungseinrichtungen und Verbänden befragt, um das Ausmaß des Fachkräftemangels in der Logistik einzuschätzen. Ergebnis der Weltbank-Studie: Logistik-Unternehmen haben einerseits Probleme, genügend neue Mitarbeiter zu finden. Andererseits sind viele der vorhandenen Mitarbeiter nicht ausreichend qualifiziert.

Weltbank-Studie zeigt regionale Unterschiede auf

Dieser Mangel hat erhebliche Auswirkungen. „Die Logistikbranche hat wesentlichen Anteil am Funktionieren einer Volkswirtschaft“, erklärt Hoberg. „Wenn es in der Logistik hakt, macht sich das schnell auch in anderen Bereichen negativ bemerkbar.“

Der Bedarf an Fachkräften in der Logistik unterscheidet sich von Region zu Region. „In Entwicklungs- und Schwellenländern fehlen vor allem Führungskräfte, die in der Lage sind, komplexe Abläufe zu überschauen und effizient zu managen“, fasst Flöthmann  zusammen. In den Industrienationen mangle es darüber hinaus auch an gut ausgebildeten Fachkräften im operativen Bereich. In Deutschland, Großbritannien und den USA zum Beispiel fehlen vor allem LKW-Fahrer.

Schlechter Ruf und mangelnde Weiterbildung

Für den weltweiten Mangel an qualifizierten Fachkräften sehen die Autoren gleich mehrere Gründe. „Logistik steht in direkter Konkurrenz zu anderen Arbeitsfeldern“, macht McKinnon deutlich. „Und in vielen Ländern sind die Löhne niedrig, die Arbeitsbedingungen schwierig und der Ruf der Branche schlecht.“ Geeignete Kandidaten suchen sich oft lieber einen Job in einem anderen Bereich. Auch die Fähigkeiten der bereits vorhandenen Mitarbeiter können mit dem technischen Fortschritt in der Logistik oft nicht mithalten.

Im operativen Bereich fehlt häufig eine geregelte Berufsausbildung, vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Die Mitarbeiter erhalten nur eine kurze Einweisung. „Das reicht natürlich nicht aus, um den ständig steigenden Anforderungen gewachsen zu sein“, sagt Flöthmann. Auf den höheren Ebenen fehlt oft eine spezialisierte Ausbildung in Logistik und Supply Chain Management. „Viele Führungskräfte sind aufgrund ihrer fachlichen Kenntnisse aufgestiegen“, beschreibt Hoberg das Problem. „Ihnen fehlt aber die Fähigkeit, Logistikprozesse auf einer strategischen Ebene zu führen.“

Weltbank-Studie zeigt Wege aus dem Fachkräftemangel

Um dem weltweiten Fachkräftemangel in der Logistik entgegen zu wirken, schlagen die Autoren der Weltbank-Studie verschiedene Maßnahmen vor: Die Zeit und die Ressourcen, die in die Logistikausbildung fließen, müssten auf allen Ebenen deutlich ausgeweitet werden. Die Art und Weise der Ausbildung sollte ebenfalls angepasst werden, um sie attraktiver zu machen. Die Wissenschaftler sehen praktische Lern-Erfahrungen als einen Baustein. „Business Games und Simulationen bieten die Möglichkeit, selbst Entscheidungen zu treffen und deren Auswirkungen zu beobachten“, erläutert Hoberg. „Sie lassen sich nicht nur einsetzen, um Mitarbeiter zu schulen, sondern auch, um Schüler für die Logistikbranche zu begeistern.“ Hoberg  und Flöthmann haben ein solches Strategiespiel entwickelt, das Supply Chain Management erlebbar macht.

In der Weltbank-Studie empfehlen die drei auch einen Wissenstransfer von den Industrienationen in Entwicklungs- und Schwellenländer. „Die Einführung einer dualen Ausbildung, wie wir sie zum Beispiel in Deutschland haben, kann Ländern helfen, die Qualifikation von Arbeitskräften in der Logistik zu verbessern“, ist sich Flöthmann sicher. Verbänden wie der BVL in Deutschland oder CILT in Großbritannien komme die wichtige Rolle zu, das Image der Logistik bei potentiellen Kandidaten zu verbessern. Außerdem sollten sie die Aus- und Weiterbildung verbessern und verbindliche Standards festlegen.

Auch Regierungen, besonders in Entwicklungsländern, können erheblichen Einfluss auf den Fachkräftemangel in der Logistik nehmen: Indem sie die Zusammenarbeit von Industrie und Wissenschaft fördern, Beratung und Finanzierung bereitstellen und die Logistikausbildung durch ihre Gesetzgebung erleichtern. Je nach der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes und der Entwicklung seines Logistiksektors sieht die Studie ein maßgeschneidertes Paket an Maßnahmen vor.

Tool Kit für Regierungen

In einem Folgeprojekt hat die KLU ein Tool Kit für Regierungen entwickelt. Es soll einerseits helfen, den Stand von Aus- und Weiterbildung und die Verfügbarkeit von Fachkräften in einem Land einzuschätzen. Andererseits finden sich darin Maßnahmen und Empfehlungen, um das Problem des Fachkräftemangels in der Logistik auf nationaler Ebene anzugehen. Eine Gemeinsamkeit dieser Empfehlungen liegt darin, den Fachkräftemangel in der Logistik mit vereinten Kräften anzugehen. „Wir brauchen gemeinsame Anstrengungen von Unternehmen, Logistik-Verbänden, Bildungseinrichtungen und Regierungen“, erklärt McKinnon. „Nur dann können wir für diesen wachsenden Sektor die richtigen Leute finden, um die ökonomischen, ökologischen und humanitären Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern.“


Die Studie “Logistics competences, skills and training: A Global Overview” kann auf der Seite der Weltbank herunter geladen werden. Das Projekt wurde auf Seiten der Weltbank von Christina Busch betreut und vom britischen Chartered Institute of Logistics and Transport (CILT) unterstützt.


Hintergrund: Die Kühne Logistics University – Wissenschaftliche Hochschule für Logistik und Unternehmensführung (KLU) ist eine private Hochschule mit Sitz in der Hamburger HafenCity. Die Schwerpunkte der unabhängigen, staatlich anerkannten Hochschule liegen in den Bereichen Logistik und Management. Mit einem Bachelor- und vier Masterstudiengängen, einem PhD-Begleitprogramm für Doktoranden und einem berufsbegleitenden MBA bietet die KLU ihren 275 Vollzeit-Studierenden eine hohe Spezialisierung und exzellente Studienbedingungen. Fach- und Führungskräfte profitieren in offenen und maßgeschneiderten Managementseminaren von der Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse auf praktische Fragestellungen. Die KLU richtet sich an Studierende aus dem In- und Ausland, ein internationales Team von 23 Professoren unterrichtet auf Englisch. Die Forschung an der KLU konzentriert sich um die Kompetenzschwerpunkte Sustainability, Digital Transformation und Creating Value in den Bereichen Transport, globale Logistik und Supply Chain Management.


Mehr zum Thema:
Internationaler Online-Studiengang für die Seeschifffahrts- und Hafenlogistikbranche
Berufsstart 2017 bei Schuon
Studie: Digitale Transformation im Mittelstand
Logistik und Mobilität in Hessen im Jahr 2035