Die detaillierten Jahreszahlen 2016 zur Verkehrsentwicklung an den deutschen Flughäfen hat der Flughafenverband ADV in Berlin präsentiert. Die Bilanz zeigt: Verkehrsflughäfen in Deutschland bleiben ein Wachstumsgarant auf dem Weg zu den erwarteten 300 Mio. Passagieren im Jahr 2030. Gleichzeitig belasten ordnungspolitische Einschränkungen das Wachstum an deutschen Flughäfen.
Jahresbilanz 2016 über alle deutschen Flughäfen
Die Gesamtbilanz 2016 der deutschen Flughäfen verzeichnet über 223 Mio. ein und aussteigende Passagiere. Dem liegt eine Steigerung von +3,4% gegenüber dem Vorjahr zugrunde. In den letzten drei Jahren konnten die deutschen Flughäfen die Zahl ihrer Passagiere jährlich um 6 Mio. steigern.
- Die Entwicklung der wirtschaftlich bedeutenden Luftfracht stieg gleichzeitig um +3,4%.
- Diese Steigerungsraten bei Passagieren und Cargo gehen mit einem Wachstum der Starts und Landungen einher. Das Plus lag bei +2,0%.
Monat Dezember bringt stärksten Zuwachs
Insbesondere der Monat Dezember 2016 brachte einen beachtlichen Wachstumsschub zum Jahresende. Gegenüber dem Vorjahresmonat kam es bei der Zahl der Reisenden zu einem Zuwachs um +8,1% (an+ab). Ähnlich hoch viel der Dezemberzuwachs im Cargo-Bereich mit +7,8% (an+ab) aus.
Wachstum der Marktsegmente
Wachstumsmotor an den deutschen Flughäfen war 2016 erneut der Europaverkehr mit einem Anstieg der Reisenden von +4,6%. Die Wachstumsimpulse kamen von Airlines aus dem Ausland – vorwiegend aus dem Low Cost Segment. Die Zahl der Langstreckenverbindungen war an den deutschen Flughäfen rückläufig. Der Interkontverkehr ging an den Flughäfen 2016 um –0,2% zurück. Einen leichten Anstieg der Reisenden gab es 2016 bei den innerdeutschen Verbindungen mit +2,8%.
Deutliche Schatten in der Jahresbilanz der Verkehrsflughäfen
Die erfreuliche Gesamtjahresbilanz der Flughäfen wird deutlich relativiert. Fünf Bereiche bereiten große Sorgen.
- Deutschlands Flughäfen verlieren gegenüber europäischen Wettbewerbern Marktanteile. Das Passagierwachstum von +3,4% (an+ab) in Deutschland erweist sich als unzureichend beim Vergleich der Wachstumsraten im europäischen Ausland. Zum fünften Mal hintereinander liegt das Wachstum der Reisenden unter dem europäischen Durchschnitt.
- Deutsche Flughäfen verlieren an internationaler Vernetzung. Konnektivität in der Langstrecke geht verloren. Der Rückgang bei den für die globale Vernetzung Deutschlands wichtigen InterkontStrecken ist ein Alarmzeichen für den Wirtschaftsstandort. Konkurrierende europäische Luftverkehrsstandorte legen im Interkontinentalverkehr teilweise deutlich zu.
- ADV-Analysen zeigen, dass ausländische Airlines im Vergleich zu deutschen Airlines fast doppelt so viel neue Strecken in den Markt einbringen. Nicht nur die deutschen Flughäfen, auch die heimischen Fluglinien verlieren Marktanteile.
- Das Wachstum der Starts und Landungen von +2,0% führt dazu, dass sich bei einer Vielzahl der großen Flughäfen die Kapazitätsengpässe weiter verschärfen.
- Nicht alle deutschen Flughäfen standen 2016 auf der Gewinnerseite. Über die Hälfte der als international klassifizierten Flughäfen mussten Verkehrsrückgänge hinnehmen. Zahlreiche Flughäfen konnten nicht vom Angebotsaufbau ausländischer Carrier im Europaverkehr profitieren. Standorte mit einem hohen Anteil an Touristikverkehren hatten mit starken Verkehrseinbrüchen zu kämpfen. Terroristische Anschläge in den touristischen Zielregionen (Türkei/Ägypten) führten zu Angebotsstreichungen.
Handlungsbedarf größer denn je – politische Weichenstellungen erforderlich
Richtungsweisende Entscheidungen von Politik und Genehmigungsbehörden sind erforderlich, um weiteren Kapazitätsengpässen entgegenzuwirken. Für die Projekte an den Flughäfen München (3. Bahn) und Düsseldorf (Bahnkapazität) müssen die Ampeln auf Grün gestellt werden. Neue Slots für künftiges Wachstum müssen ermöglicht werden.
Weitere Langstreckenverbindungen an den deutschen Flughäfen werden nur angeboten, wenn deutsche Fluggesellschaften sich wettbewerbsstark aufstellen können und gleichzeitig den ausländischen Airlines Verkehrsrechte gewährt werden. Eine Politik, die unseren heimischen Airlines durch Steuern und Regulierungen Mühlsteine um den Hals legt und für Airlines aus Drittstaaten die Märkte abschottet, verfehlt ihre Ziele. Weder wird der Luftverkehr in Deutschland gestärkt, noch profitiert der Wirtschaftsstandort Deutschland von internationaler Konnektivität.
Forderungen der ADV
Der Handlungsbedarf für die deutsche Politik liegt auf der Hand:
- Kapazitätserweiterungen an großen Standorten und liberale Verkehrsrechte für ausländische Airlines werden für bedarfsgerechtes Wachstum benötigt.
- Eine Rücknahme der Luftverkehrsteuer und eine Absenkung der viel zu hohen Luftsicherheitsgebühren sind zur Stärkung der heimischen Fluglinien erforderlich.
- Das bewährte System von leistungsfähigen und sich ergänzenden Flughäfen in Deutschland ist mit politischem Weitblick zu entwickeln. Kostenintensive und belastende Regulierungen der Flughäfen, etwa bei den europäischen EASA-Zertifizierungen, sind zu vermeiden bzw. einzugrenzen.
- Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Luftverkehrswirtschaft muss durch koordiniertes Handeln auf Bundes und Landesebene gestärkt werden. Die Eckpunkte aus dem BMVI-Luftverkehrskonzept sind umzusetzen.
Webseite: adv.aero